DOSBDeutscher Sportbund versinkt im Chaos

DOSB / Deutscher Sportbund versinkt im Chaos
Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) Foto: Ina Fassbender/dpa

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Der Gegenwind für DOSB-Chef Alfons Hörmann und das Präsidium wird immer stärker. Das Vertrauen zum Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes ist nach der sogenannten Briefaffäre gebrochen. Nun haben die Landessportbünde die vom Dachverband anvisierte Vertrauensabstimmung abgelehnt, sie fordern Neuwahlen.

Der Gegenwind für DOSB-Präsident Alfons Hörmann nimmt an Schärfe zu: Politik, Athleten und Landessportbünde (LSB) haben sich in der Führungskrise des Deutschen Olympischen Sportbundes gegen Hörmann und Co. gestellt. Nach ihrer Sitzung am Samstag in Kassel forderten die LSB den DOSB-Chef und das Präsidium auf, sich im Dezember Neuwahlen zu stellen und damit der Empfehlung der unabhängigen Ethikkommission in der Briefaffäre um Hörmann zu folgen.

Stein des Anstoßes war die Ankündigung des Dachverbandes, zeitnah nach den Paralympics von Tokio im September die Vertrauensfrage stellen zu wollen. Von Neuwahlen war keine Rede. Seitdem prasselt von allen Seiten Kritik auf den DOSB herab, auch die Landessportbünde lehnten dieses Vorhaben nun ebenfalls ab – sogar einstimmig.

Keine Spur von Vertrauen

Die Ethiker hatten sich bei ihrer Empfehlung durchaus etwas gedacht. Nur „eine vorgezogene Wahl des gesamten Präsidiums“ könne „zu einer dauerhaften Vertrauensstiftung im deutschen Sport führen“. Thomas de Maizière, Vorsitzender der Kommission, führte den Gedanken dahinter im Deutschlandfunk weiter aus. „Wir haben dabei daran gedacht, dass der DOSB nicht ohne Führung sein sollte für den Fall, dass eine Vertrauensfrage für das Präsidium negativ beantwortet worden wäre“, erklärte der ehemalige Innenminister.

Genau dieser Fall aber könnte bei einem entsprechenden Votum im September eintreffen. Jonathan Koch, als Athletenvertreter im DOSB-Präsidium, plädiert ebenfalls für Neuwahlen und merkte an: „Eine nicht genau definierte, ungeregelte und vorgezogene Vertrauensabstimmung wirft erhebliche Fragen auf.“ Er sei „in großer Sorge um den Schaden an der Glaubwürdigkeit und um die Funktionsfähigkeit der gesamten Führungs- sowie der Kontrollstruktur des Dachverbandes“.

Kritiker sehen hinter dem Vorgehen des DOSB „eiskaltes Kalkül“, wie Dagmar Freitag, die Vorsitzende im Sportausschuss des Bundestags, dem SID erklärte. Einer möglichen Opposition bliebe angesichts der wenigen Zeit und der anstehenden Olympischen und Paralympischen Spiele kaum Zeit, sich zu formieren.

Auf den Faktor Zeit wiesen auch die LSB hin: „Die Landessportbünde sind der Auffassung, dass der Zeitraum bis zum Dezember 2021 erforderlich ist, um die inhaltlichen Erwartungen der LSB und strukturelle Fragen mit dem DOSB-Präsidium sachgerecht zu erörtern.“

Die Fronten zwischen DOSB-Führung und den Mitgliedern sind verhärtet, von Vertrauensbildung kann derzeit nicht die Rede sein. Doch genau darum geht es den Ethikern. De Maizière fordert als Konsequenz aus der Briefaffäre einen kulturellen Wandel im DOSB. „Diese ganze Atmosphäre muss enden, und dazu braucht man einen Prozess, und der Prozess heißt Herstellung von Vertrauen“, sagte der CDU-Politiker.

Zudem betonte de Maizière, dass allein personelle Änderungen nicht viel verändern würden. „Zu glauben, dass rund um eine Person das Thema dann gelöst wäre, der verkennt die Tiefe des Problems.“ Vielmehr ginge es „um wechselseitiges Vertrauen“ und „Selbstbespiegelung, die wir übertrieben finden und das betrifft viele im DOSB und nicht allein Herrn Hörmann oder das Präsidium“. (SID)

Die Briefaffäre

Auslöser des Vertrauensbruchs war die sogenannte „Briefaffäre“. Diese nahm ihren Lauf am 6. Mai: Ein anonym versendeter und angeblich aus der DOSB-Belegschaft stammender offener Brief mit expliziten Vorwürfen gegen den DOSB-Präsidenten, laut dem sich unter Alfons Hörmann „eine Kultur der Angst“ etabliert habe, wurde veröffentlicht. Weiter hieß es: „Aufgrund solcher Verhaltensweisen haben Mitarbeiter*innen gekündigt; andere befinden sich in psychotherapeutischer Behandlung. So kann es nicht weitergehen. So darf es nicht weitergehen.“ Von fehlendem Respekt und Fairplay gegenüber Verbandsangestellten war die Rede. Sogar IOC-Präsident Thomas Bach, Ehrenpräsident des DOSB, hatte in einem Brief seine „Sorge“ geäußert. Transparency International sprach derweil vom „DOSB in Trümmern“. (SID)