G7-GipfelIndustrienationen sagen Spende von einer Milliarde Covid-Impfdosen zu

G7-Gipfel / Industrienationen sagen Spende von einer Milliarde Covid-Impfdosen zu
Ringen um den Corona-Impfstoff: Die G7-Staaten sind sich über die Freigabe der Impfstoff-Patente uneins Foto: Adrian Dennis/AFP

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Wie kann sich die Weltwirtschaft möglichst rasch von der katastrophalen Corona-Pandemie erholen, ohne in klimaschädliche Verhaltensweisen zurückzufallen? Die Frage stand am Freitag im Mittelpunkt der Beratungen auf dem G7-Gipfel in Cornwall. Gemeinsam verpflichteten sich die wichtigsten westlichen Industrienationen auf die Finanzierung und Produktion von einer Milliarde Dosen Impfstoff bis Mitte nächsten Jahres – ein Plan, den Hilfsorganisationen heftig als „zu wenig und zu spät“ kritisierten.

Das persönliche Stelldichein im atlantischen Seebad Carbis Bay markiert die Rückmeldung Amerikas als westliche Führungsmacht unter dem neuen Präsidenten Joe Biden. Den Dialog mit dem demokratischen Bewohner des Weißen Hauses habe er „wie eine frische Brise“ empfunden, schwärmte der britische Gastgeber Boris Johnson nach dem bilateralen Zusammentreffen am Donnerstagabend. Nach bilateralen Gesprächen mit seinem japanischen Kollegen Yoshihide Suga, Italiens Mario Draghi und dem Kanadier Justin Trudeau begrüßte der Premierminister am Freitagnachmittag auch die Vertreter Deutschlands, Frankreichs und Italiens, Angela Merkel und Emmanuel Macron, sowie die EU-Präsidenten Charles Michel (Rat) und Ursula von der Leyen (Kommission).

Aus den vorhergegangenen Verhandlungen der sogenannten Sherpas berichteten Teilnehmer in den vergangenen Tagen, die Stimmung sei „sehr, sehr gut“ gewesen, weil nach der Abwahl Donald Trumps plötzlich der Multilateralismus wieder funktioniere. Die Gruppe großer, demokratischer Volkswirtschaften wolle Handlungsfähigkeit beweisen und dem Rest der Welt ein „attraktiveres Angebot“ machen.

Ohne dass der Name je genannt wird, zielt der Vergleich vor allem auf die weltpolitischen Rivalen China und Russland, die in den vergangenen Monaten durch „Impf-Diplomatie“ Sympathien erworben haben. Dem wollen die Demokratien durch großzügige Spenden an das UN-Impfprogramm Covax entgegentreten. Präsident Biden kündigte den Ankauf von 500 Millionen Dosen des BioNTech-Pfizer-Vakzins an und sagte, man werde die Spenden an rund 100 Entwicklungsländer „nicht an Konditionen knüpfen“.

G7 sollen alle Impf-Kosten auf der Welt übernehmen

Gesundheits- und Entwicklungsorganisationen kritisierten das Versprechen als unzureichend. Wichtig sei vor allem der Aufbau von Arzneimittel-Fabriken in den Empfängerländern, dazu gehöre auch die Freigabe von Patenten für die begehrten Impfstoffe. Dagegen sträubt sich die deutsche Kanzlerin Merkel, unterstützt von Johnson, mit aller Macht. Die unzureichenden Bemühungen der G7-Staaten stellten „eine ökonomische Narretei, moralisches Versagen und eine diplomatische Katastrophe“ dar, schimpft das Wirtschaftsmagazin Economist. Stattdessen sollte sich die industrialisierte Welt dazu verpflichten, die Kosten von geschätzt 50 Milliarden Dollar zur Impfung von 70 Prozent der Weltbevölkerung zu übernehmen.

Wie für den neuen amerikanischen Präsidenten stellt der Gipfel in Cornwall auch für den Gastgeber Johnson eine wichtige Bewährungsprobe auf dem weltpolitischen Parkett dar. Das anglo-amerikanische Duo betonte zuletzt seine Eindämmungspolitik gegenüber dem kommunistischen Regime in Peking; hingegen mahnte Gipfel-Routinier Angela Merkel zu Beginn ihres letzten G7-Treffens, wichtige Probleme der Welt ließen sich nur „gemeinsam mit China“ lösen.

Das gilt nicht zuletzt für die zukünftige Besteuerung weltweit agierender Konzerne. Dafür schlägt das westliche Bündnis eine weltweit gültige Steuer auf digitale Dienstleistungen sowie die Mindestbesteuerung auf Gewinne von 15 Prozent vor. Seit die G7-Finanzminister sich am vergangenen Wochenende auf den Deal einigten, macht ausgerechnet Großbritannien durch heftiges Lobbying für eine Ausnahmeregel zugunsten der starken Finanzindustrie von sich reden.

Dinner mit Prinz Charles

Am späten Nachmittag und Abend gesellte sich zur politischen Prominenz ein wenig royaler Glanz. Dem Empfang im berühmten Botanischen Garten des Eden-Projekts präsidierte Königin Elizabeth II. persönlich, unterstützt von ihrem Enkel Prinz William und dessen Frau Catherine. Beim Dinner, bestehend aus Melonen-Gazpacho, Steinbutt und Erdbeertörtchen, fungierte an Stelle seiner 95-jährigen Mutter der Thronfolger Charles als Gastgeber.

Der seit Jahrzehnten als Öko-Aktivist bekannte Prinz hatte zuvor den Staatsgästen seine Initiative zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums (SMI) vorgestellt, dabei unterstützt durch eine Gruppe von Leitern international aufgestellter Unternehmen. Nur in der Kombination aus staatlichen und privaten Investitionen könne die Welt den Kampf für Klimaschutz und biologische Vielfalt gewinnen, mahnte der 72-Jährige: „Wenn wir die Innovation und Finanzkraft des Privatsektors nicht effektiver einsetzen, haben wir keine Chance.“