RMHB-Sportdirektor Alex Lopes„Wir wissen jetzt, welchen Weg wir einschlagen müssen“

RMHB-Sportdirektor Alex Lopes / „Wir wissen jetzt, welchen Weg wir einschlagen müssen“
Aus der Fusion mit dem Racing wurde für die Hammer (r., Jan Ostrowski) nichts  Gerry Schmit

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der RM Hamm Benfica ist dem Untergang geweiht – das besagen zumindest die Gerüchte. Alex Lopes, Sohn von Präsident Paul Lopes und Sportdirektor des Vereins, sieht die Centser auch in der kommenden Saison in der BGL Ligue und will RMHB in den kommenden Jahren ein anderes Gesicht verpassen.

Tageblatt: Herr Lopes, überlebt RM Hamm Benfica den Sommer?

Alex Lopes: Ich sage nur ungern zu 100 Prozent. Aber wir sind sehr nah an den 100 Prozent dran. Wir arbeiten viel im Hintergrund und werden zum richtigen Zeitpunkt mit dem Projekt an die Öffentlichkeit gehen. Wir wissen, dass wir einen Sparkurs einlegen müssen. Covid hat uns hart getroffen. Uns vielleicht noch mehr als andere Vereine – denn unsere Lage ist schon seit Jahren instabil. Wir wissen aber jetzt, welchen Weg wir einschlagen müssen.

Und das wäre welcher Weg?

Es wird eine einzigartige Herangehensweise hierzulande sein. Das gilt u.a. für die Neuverpflichtung. Es sollen Spieler geholt werden, die sich neu beweisen wollen. In Kürze wird die Öffentlichkeit mehr wissen. Das langfristige Ziel bleibt natürlich, Geld zu sparen, um schnellstmöglich wieder normal arbeiten zu können. Außerdem brauchen wir motivierte Freiwillige. Ich habe zum Beispiel mit Arbeiten angefangen, damit ich dem Verein finanziell unter die Arme greifen kann. Ich gehe davon aus, dass wir auch in der kommenden und der darauffolgenden Saison in der BGL Ligue vertreten sein werden und eine schlagkräftige Truppe auf die Beine stellen können.

Covid hat jeden Verein hart getroffen, aber dies war vor der Saison vorauszusehen. Wurde bei RM Hamm Benfica unvorsichtig geplant?

Ich kann es nicht nachvollziehen, dass eine Meisterschaft zu Ende gespielt wird, obwohl wir wegen der Restriktionen keine Einnahmen hatten und es keine finanzielle Unterstützung gab. So etwas kann keiner einplanen. In allen Vereinen floss sehr viel Privatgeld in die Kassen, damit die Saison irgendwie überstanden werden konnte. Im Ausland gibt es TV-Gelder, die fast 50 Prozent des Budgets ausmachen. Diese gibt es hier nicht. In Luxemburg muss man bezahlen, damit die eigenen Spiele übertragen werden.

Gehälter und Entschädigungen an Spieler und Trainer wurden in Ihrem Verein teilweise nicht bezahlt. Wie groß ist derzeit der Rückstand?

Ja, das wollen wir auch nicht verheimlichen. Uns fehlen zurzeit Einnahmen, die in die Kasse fließen werden, jedoch noch nicht verfügbar sind. Irgendwann wird das Geld aber zur Verfügung stehen. Aus dieser Situation haben wir gelernt, dass wir uns vor allem auf die Leute im Verein verlassen werden, denen wir vertrauen können. Und nicht auf die, die leere Versprechen machen.  

Racing-Präsidentin Karine Reuter soll die Gehälter Ihrer Spieler bezahlt haben.

Das will ich nicht verneinen. Sie hat uns einen Kredit zur Verfügung gestellt und dafür müssen wir auch dankbar sein. Zu diesem Zeitpunkt hat uns dieser Betrag geholfen. Aber Schulden bleiben Schulden. Es war kein Geschenk des Racing.

In den vergangenen Wochen und Monaten hat Sie auch eine mögliche Fusion mit dem Racing beschäftigt. Woran ist das Projekt gescheitert?

Es gab viele Faktoren und viele Punkte, die hätten diskutiert werden müssen. Bis zum Stichdatum am 15. Mai haben wir jedoch keinen gemeinsamen Nenner gefunden und deshalb haben wir unseren Mitgliedern auch keine Fusion vorgeschlagen. Das war vergangene Saison beim Zusammenschluss mit Mühlenbach anders. Damals hatten wir zwar nur eine Woche Zeit, aber wir waren alle relativ schnell überzeugt. Der große Vorteil war damals, dass wir einen zusätzlichen Fußballplatz übernehmen konnten, den wir heute für unsere Jugend nutzen können. 

Ex-RMHB-Präsident Nico Zinsmeister hat in einem Interview mit Le Quotidien behauptet, dass die aktuelle Führung des Vereins innerhalb von drei Jahren alles heruntergewirtschaftet habe. Was empfinden Sie bei solchen Aussagen?

Nico hat teilweise geredet, ohne einen gewissen Kenntnisstand zu haben. Er hat mich nie gefragt, wie es im Verein läuft. Wenn man allerdings nur auf die Leute von außen hört, dann könnte man meinen, dass RM Hamm Benfica von einer Mafia geführt wird. Ich bin mir auch sicher, dass er eine andere Position einnehmen wird, wenn wir uns einmal unterhalten haben. Als mein Vater vor drei Jahren Präsident wurde, war der Verein nicht sehr gut aufgestellt. Wir waren gerade in die Ehrenpromotion abgestiegen. Das kann passieren und ist auch keine Schande. Wäre Covid nicht gewesen, würden wir heute nicht hier sitzen und über die Finanzen des Vereins diskutieren. 

Zinsmeister wirft Ihnen auch vor, dass eingefleischte ehemalige Vorstandsmitglieder heute keine Rolle mehr spielen, weil Ihr Vater einen Alleingang machen wollen.

Es ist nun mal einfach so, dass viele Freiwillige während der Covid-Zeit gemerkt haben, dass sie auch etwas anderes mit ihrem Privatleben anfangen können, als sich jederzeit dem Verein zu widmen. Das Klubleben steht ja für Geselligkeit. In den vergangenen eineinhalb Jahren ging es aber nur noch darum, ein Spiel irgendwie über die Bühne zu bringen. Da kommt nicht sehr viel Freude auf und man kann auch keinen dazu drängen, sein Privatleben für den Verein zu opfern. Im Interview hat Nico einige ehemalige Vorstandsmitglieder erwähnt, die schon nicht mehr aktiv waren, als er noch Präsident war. Das hat also nichts mit uns zu tun. Unser Vorstand besteht derzeit aus fünf Mitgliedern. Sobald die Zuschauer wieder ins Stadion kommen dürfen und wir zeigen können, was wir aufbauen wollen, werden aber mit Sicherheit neue, motivierte Freiwillige hinzustoßen.

Die Sommer-Neuzugänge bezeichnete Zinsmeister als „recrutement de fou“. Damit sind Sie als Sportdirektor visiert.

Es gibt ja nur wenige Leute, die wissen, was die Spieler bekommen. Wir sind eine Asbl, wir verkaufen den Spielern ein Projekt, keinen Arbeitsvertrag. Wir hatten vergangene Saison das kleinste Budget der BGL Ligue mit 250.000 Euro. In der Vergangenheit stand Hamm deutlich mehr Geld zur Verfügung. Von einem „recrutement de fou“ zu reden ist deshalb komplett falsch. In der kommenden Saison wird das Budget noch einmal schmelzen – aber auf intelligente Art und Weise.

Hand aufs Herz: Wie viele Spieler haben für kommende Saison ihren Verbleib angekündigt?

Derzeit haben acht Spieler uns für kommende Saison zugesagt – dazu gehören auch aktuelle Stammspieler und Erstlizenzen. Die Gehälter müssen gekürzt werden und diese Verhandlungen nehmen etwas mehr Zeit in Anspruch. Aber zunächst müssen einmal die Schulden abbezahlt werden.

Aus dieser Situation haben wir gelernt, dass wir uns vor allem auf die Leute im Verein verlassen werden, denen wir vertrauen können. Und nicht auf die, die leere Versprechen machen.

Alex Lopes, RMHB-Sportdirektor

Alex Lopes
Alex Lopes Foto: Editpress/Julien Garroy