Denkmalschutz„Luxembourg under destruction“ setzt sich für das architektonische Erbe ein 

Denkmalschutz / „Luxembourg under destruction“ setzt sich für das architektonische Erbe ein 
Abriss in der rue de l'Aciérie in Bonneweg Foto: Peter Kleijnenburg

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„Luxembourg under destruction“ ist eine Facebook-Gruppe, die sich dem Erhalt des architektonischen Erbes verschrieben hat. Vor ein paar Tagen überschritt die Gruppe die 2.500-Mitglieder-Marke. In Luxemburg-Hollerich zeigten uns zwei Aktivisten das Ergebnis von Bauspekulationen vor Ort.

Die Escher Straße zwischen rue de Hollerich und rue de l’Aciérie: Wie an zahlreichen anderen Stellen haben auch dort die Bagger ganze Arbeit geleistet. Hier verdeutlicht sich auf tragische Weise die Absurdität in Sachen Denkmalschutz. Peter Kleijnenburg, Gründer der Facebook-Gruppe „Luxembourg under destruction“, erläutert. Um die in ihren Augen erhaltenswerten Häuser vor dem Abriss zu schützen, versuchen er und einige Mitstreiter es seit einiger Zeit mit offiziellen Anträgen auf Denkmalschutz. Laut dem Gesetz aus dem Jahre 1983 darf jeder Bürger einen solchen Antrag beim Kulturministerium einreichen.

Luxembourg under destruction“ ist eine informelle Interessengruppe auf Facebook.
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Am 12. August vorigen Jahres beantragte Kleijnenburg, zwei Häuser in der rue de l’Aciérie unter Denkmalschutz zu stellen. Am selben Tag veröffentlichte er den Antrag auf der Facebook-Seite der Gruppe. „Im Nachhinein glaube ich, dass das keine gute Idee war“, sagt er dem Tageblatt. Fast zwei Monate später, am 2. Oktober 2020, erhielt er die offizielle Antwort des Kulturministeriums: Es sei zu spät, da der Abriss schon begonnen habe. „Die Fassade war inzwischen mutwillig zerstört worden“, sagt Kleijnenburg. Der Hausbesitzer sei vielleicht durch den Facebook-Antrag hellhörig geworden und habe „reagiert“.

Und so habe die Gemeinde, laut Ministerium, schon eine Abrissgenehmigung erteilt. „Das stimmte aber nur für das Eckhaus“, sagt Kleijnenburg. Als am 16. März dieses Jahres noch keine Antwort bezüglich der anderen Häuser vorlag, hätte er erneut einen schriftlichen Antrag gemacht. Am 25. Mai 2021 antwortete das Ministerium dann schlussendlich: Für die anderen Häuser sei es ebenfalls zu spät, da auch ihr Abriss von der Gemeinde schon genehmigt sei. Die Antwort macht den Aktivisten traurig und wütend zugleich: „Ja, klar war es inzwischen zu spät, wenn man vom 12. August 2020 bis zum 25. Mai 2021 wartet, um zu antworten …“

So sah die Ecke rue de l'Aciérie/route d'Esch noch vor nicht allzu langer Zeit aus
So sah die Ecke rue de l'Aciérie/route d'Esch noch vor nicht allzu langer Zeit aus Foto: Peter Kleijnenburg

Erschwert wird der Einsatz der Denkmalschutzaktivisten auch durch sonderbare „Reaktionen“ der Verwaltung. „Als wir anfangs nachfragten, an welche E-Mail-Adresse wir einen Antrag schicken sollten, wurde uns gesagt, das Gesetz würde einen Antrag per Mail nicht vorsehen“, sagt Kleijnenburg. Das aktuelle Gesetz stammt aus dem Jahre 1983; es sieht diese Möglichkeit in der Tat nicht vor, weil es damals noch keine Mails gab. „Erst nach einigem Hin und Her, mit der Begründung, dass diese Art der Kommunikation doch heute gang und gäbe sei, hat man uns eine E-Mail-Adresse für die Anträge angegeben“, so Kleijnenburg.

Bis dato hätten sie aber noch keine einzige positive Antwort auf einen Antrag erhalten, sagt Kleijnenburg. Entmutigt ist er aber deswegen noch lange nicht: „Wir überlegen uns, ob wir nicht systematisch Antrag auf Denkmalschutz stellen sollen, sobald wir ein Haus sehen, das unserer Meinung nach erhaltenswert ist.“

Enttäuschende Debatte

Im Oktober 2020 erzwang Kleijnenburg mit Gleichgesinnten mittels einer Petition, die mehr als 5.200 Personen unterschrieben, eine öffentliche Debatte im Parlament. Allerdings sei sie eine Enttäuschung gewesen: „Wir dachten, wir seien einen großen Schritt weiter, doch außer Glückwünschen hat uns die Debatte rein gar nichts gebracht.“

Seine Mitstreiterin Karin Waringo sagt dazu: „Nach der klaren Ablehnung unserer Hauptforderung durch die Kulturministerin, nämlich einen allgemeinen Denkmalschutz ab einem bestimmten Datum, und der insgesamt enttäuschenden Debatte, dachten wir: Jetzt erst recht!“

Peter Kleijnenburg sammelt schon seit einigen Jahren Fotomaterial über die Zerstörung des Bauerbes. Im November 2019 gründete er die Facebook-Gruppe „Luxembourg under destruction“ und stellte zahlreiche Fotos online. Schnell gewann die Gruppe Gleichgesinnte hinzu, mittlerweile sind es 2.522.

Es ist u.a. die Zerstörungswut, die den Aktivisten unbegreiflich ist. „Das Argument des Wohnraummangels hinkt, denn durch den Abriss wird vorerst kein neuer Wohnraum geschaffen. Wir sind nicht prinzipiell gegen das Bauen, allerdings stehen genügend Baugrundstücke zur Verfügung. Um neuen Wohnraum zu schaffen, muss man nicht etwas Altes zerstören.“ Hinzu kämen zwei weitere Folgen der zahlreichen Abrisse: Gibt es in einer Ortschaft gleich mehrere Baustellen, leidet die Lebensqualität der Anwohner. Und die Zerstörung des alten „Patrimoine“ bringe auch einen Verlust an räumlichen Bezugspunkten mit sich. Im wahrsten Sinne des Wortes erkennen manche Menschen ihr Viertel nicht mehr wieder.

„Zudem ist es eine Verschwendung von Ressourcen“, sagt Karin Waringo. Effizienter Denkmalschutz müsse klar sagen, ab welchem Baujahr ein Haus geschützt sei, ergänzt sie. Es wäre dann am Hausbesitzer, den Behörden zu beweisen, dass es nicht schützenswert sei. Auch fordern die Aktivisten ein Verbot, einzelne Parzellen zusammenzulegen – das würde es weniger interessant für Spekulanten machen. Leider sei es so, dass mittlerweile ein Großteil der Bevölkerung spekulieren wolle, was die Situation verschärfe: „Wir sind dabei, alle schizophren zu werden, jeder kennt sich mittlerweile mit den Immobilienpreisen aus.“

Neues Gesetz auf der Zielgeraden

Bei Fragen zum Denkmalschutz wird von offizieller Seite gerne auf das neue Gesetz über das „Patrimoine culturel“ verwiesen. Die diesbezüglichen parlamentarischen Arbeiten sind fast abgeschlossen. Laut der Präsidentin der zuständigen Parlamentskommission, Djuna Bernard, müssen nur noch die letzten Änderungen vorgenommen werden.

Dass das Gesetz jedoch mit den Missständen aufräumt, bezweifeln Denkmalschützer, wie z.B. das „Mouvement patrimonial“, das ein Gutachten zum Gesetzesvorhaben verfasst hat. Vor allem den mutwilligen Beschädigungen, die dazu dienen, einem Gebäude den Denkmalschutz-Status zu entziehen, würde so nicht vorgebeugt. Und es bleibe immer noch das größte Problem in Sachen Denkmalschutz: die diesbezügliche kommunale Autonomie. „Man hat das Gefühl, dass die Gemeindeautonomie wichtiger ist als das Allgemeinwohl“, heißt es in dem besagten Gutachten.

„Wir haben nicht verstanden, inwiefern das neue Gesetz Abhilfe schaffen soll“, meint Kleijnenburg. Das Projekt sieht vor, dass das Inventar des schützenswerten „Patrimoine“ in zehn Jahren fertig sein soll. „Doch dann gibt es nichts mehr zu schützen“, befürchtet der Denkmalschutzaktivist.

Für den kommenden 19. Juni hat „Luxemburg under destruction“ zu einer Protestkundgebung beim Ettelbrücker Bahnhof aufgerufen, ein historisches Gebäude, das ebenfalls vom Abriss bedroht ist.

jean-pierre goelff
10. Juni 2021 - 9.21

Zwee gudd Beispiller:d'Staadt Lëtzeburg,Monterey an Ettelbreck-Gare!Du grand n'importe-quoi!

Leila
9. Juni 2021 - 15.42

Wahnsinn auf Seite 14 Montée Pilate: Ein Bild überwältigender Scheußlichkeit!!! Wer da keinen Augenkrebs bekommt... Der Neubau allein ist schon sowas von, aber der Gipfel ist die Örtlichkeit, wo er als monströses Etwas rein gequetscht wurde - schuddere vous!

HTK
9. Juni 2021 - 9.20

Auf die Baufläche eines alten Einfamilienhauses kann man halt nur ein Wohnsilo errichten damit sich die Sache lohnt und der Platz optimal ausgenutzt wird.Immobilienkonzerne bestimmen die Preise,da hält kein Otto von der Straße mehr mit.Wenn er Glück hat bekommt er eine Wohnung im neuen Silo.

Claude Oswald
9. Juni 2021 - 9.06

Zu Ettelbréck kënnten d'PolitikerInne jo ausnahsmweis emol Courage weisen, amplaz sech hanner faulen Ausrieden ze verschanzen. Nach ass et net ze spéit !