KriegsverbrechenBosnisch-serbischer Ex-General Ratko Mladic wird zu lebenslanger Haft verurteilt

Kriegsverbrechen / Bosnisch-serbischer Ex-General Ratko Mladic wird zu lebenslanger Haft verurteilt
Ratko Mladic wird nicht mehr freikommen Foto: Jerry Lampen/ANP/AFP

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

26 Jahre nach Ende des Bosnienkriegs ist der Hauptverantwortliche für den Völkermord von Srebrenica endlich zur Rechenschaft gezogen worden: Das frühere UN-Kriegsverbrecher-Tribunal hat den bosnisch-serbischen Ex-General Ratko Mladic rechtskräftig zur Höchststrafe einer lebenslangen Haft verurteilt.

Im Gerichtssaal erschien Ratko Mladic ohne Maske. Launig grüßte der gefürchtetste Scherge des Bosnienkriegs (1992-1995) zunächst die Fotografen. Polternd und fluchend war der Ex-General vor vier Jahren bei der Urteilsverkündung in erster Instanz 2017 wegen Missachtung des Gerichts des Saales verwiesen worden. Nun vernahm der Mann im dunklen Anzug mit heruntergezogenen Mundwinkeln und unbeweglicher Miene sprach- und regungslos am Dienstag das letzte und endgültige Urteil seiner Richter.

Punkt für Punkt verwarf die vorsitzende Richterin Prisca Matimba Nyambe die Einsprüche der Verteidigung und bestätigte das Urteil in erster Instanz. Wegen Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und schwerer Kriegsverbrechen sprach die Berufungskammer des IRMCT, Nachfolger des früheren UN-Tribunals, den einstigen Oberbefehlshaber der bosnisch-serbischen Armee (VRS) in zehn von elf Anklagepunkten für schuldig: Nur vom Vorwurf, neben Srebrenica auch in Westbosnien Genozid begangen zu haben, sprach das Gericht den 78-Jährigen wie schon in erster Instanz frei.

Vergeblich hatte die Verteidigung von Mladic auf Freispruch plädiert. Die an 530 Prozesstagen gesammelte Beweislast für Mord, Vertreibungen und Völkermord war einfach zu erdrückend.

Allein nach der von Mladic befehligten Einnahme der Muslim-Enklave Srebrenica am 11. Juli 1995 waren über 8.000 Männer und Jugendliche in systematischen Massenerschießungen ermordet und in den umliegenden Wäldern verscharrt worden. „Was Hitler für die Juden war, ist Ratko Mladic für die Mütter von Srebrenica“, erklärte am Tag seiner Verurteilung die nach Den Haag gereiste Witwe Munara Subasic, die bei den Massakern neben Sohn und Mann 24 weitere Angehörige verlor: „Er ist der Hauptverantwortliche. Wohin seine Stiefel und Armee auch gelangten, alles wurde vernichtet.“

Zumindest die Opferverbände der muslimischen Bosniaken zeigten sich über die Bestätigung des Schuldspruchs für Mladic erleichtert. Mit dem Urteil schließe sich der „Kreis der Verantwortung“ der politischen und militärischen Führung der Republika Srpska während des Kriegs, so Murat Tahirovic, der Vorsitzende des Verbands der Opfer und Zeugen des Genozids: Nun stehe noch der „große Kampf“ bevor, auch „niederrangige Kriegsverbrecher vor den heimischen Gerichten zur Verantwortung zu ziehen“.

Unversöhnliche Töne in Serbien

Auf Ablehnung und Skepsis war das zu erwartende Urteil schon vor seiner Verlesung hingegen bei der regierungsnahen Boulevardpresse im benachbarten Serbien gestoßen. Die Verurteilung von Mladic „satanisiert zwar nicht alle Serben, aber die Welt wird versuchen, uns als Volk des Völkermords zu etikettieren“, fürchtete am Dienstag der Belgrader Kurir. „General Mladic ist ein Soldat und kein Verbrecher!“, schrieb grimmig der Informer: „Wenn nach Recht und Beweisen geurteilt würde, müsste er freigesprochen werden.“

Noch unversöhnlichere Töne wurden im bosnischen Teilstaat der Republika Srpska laut. „Es gab keinen Genozid“, verkündeten die Plakate der ultranationalistischen Gruppe „Östliche Alternative“ mit dem Antlitz des salutierenden Kriegsverbrechers. „Danke, General, Gott behüte dich!“, deklamierten bei einer Kundgebung in Bratunac am Vorabend der Urteilsverkündigung die Genozidleugner der Initiative, die auch dafür streitet, in Srebrenica dem den Völkermord relativierenden Literaturnobelpreisträger Peter Handke die Hauptstraße zu widmen: „Es lebe die Republika Srpska, es lebe Ratko Mladic!“

Bosniens Vielvölkerstaat bleibt gespalten, ist von einer Versöhnung über den Gräbern auch ein Vierteljahrhundert nach Kriegsende weit entfernt. Doch zumindest für den „Schlächter von Srebrenica“ ist der Vorhang nun endgültig gefallen. Wo Mladic seine Strafe absitzen wird, ist noch ungewiss. Aber auch den Rest seines Lebens wird der seit 2011 inhaftierte Kriegsverbrecher nach seiner rechtskräftigen Verurteilung in einer Zelle fristen.

Grober J-P.
12. Juni 2021 - 20.53

" Als Soldat ......Aufgaben die ich vertrete vor meinem Leben stehen." Welche Aufgaben hatte denn der "Soldat" Mladic?

HTK
9. Juni 2021 - 22.38

@Blücher, über den Geisteszustand eines Soldaten will ich lieber nicht diskutieren. Aber genau darum geht es ja bei diesem "Soldaten".Er sah seine Aufgabe darin Genozid zu betreiben,Frauen und Kinder zu morden wie beim Tontaubenschießen. Es gibt sicher noch viele tolle Beispiele solcher Hirntoter.Nichteinmischung wird auch heute noch gern betrieben.PS: Wussten sie schon,dass Papst Benedikt 16. (damals Erzbischof von München) während der Feierlichkeiten zum Kriegsende in der Normandie,sich nach Oradour sur Glane begab um den SS-Totenkopfhelden am Soldatenfriedhof die Ehre zu erweisen? Das findet man nicht bei Wiki.So kanns auch gehen.

Blücher
9. Juni 2021 - 17.00

@HTK: Stellt sich die Frage warum die der Mittäterschaft am Genozid in Sebrenica Schuldigen nicht zur Verantwortung gezogen werden. Neben Serben haben auch die niederländischen UN Soldaten durch ihr Nichteinschreiten, Schuld auf sich geladen. Sie wussten wohl was vor sich geht , doch auch den Europäer hat hier Zivilcourage und Mut gefehlt. Mit Berufung auf das UN Mandat der Nichteinmischung , die Angst um ihr Leben haben sie das Abschlachten in Sebrenica ermöglicht . Wederentschuldige ich die Flosjeln des UN Mandate ma noch die Angst der Soldaten. Als Soldat muss ich mir bewusst sein ,die Werte , Aufgaben die ich vertrete vor meinem Leben stehen .Sebrenica ist Trauerstunde auch , der in Europa gepredigte Humanismus gleich Null ist.

HTK
9. Juni 2021 - 9.33

Schade dass es keine Nürnberger-Prozesse mehr gibt. In 15 Jahren kommt er wieder frei und wird in Serbien als Nationalheld empfangen.Gut dass seine Tage gezählt sind.