ArbeitnehmerNur in Finnland waren 2020 mehr Menschen im Home-Office als in Luxemburg

Arbeitnehmer / Nur in Finnland waren 2020 mehr Menschen im Home-Office als in Luxemburg
2020 wird als Jahr der Telearbeit in die Geschichte eingehen Foto: dpa/Sebastian Gollnow

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Die Corona-Krise hat ein Fenster in eine alternative Gegenwart geöffnet. Ein gewaltiger Anteil der Beschäftigten arbeitete von zu Hause aus, die Betriebe liefen weiter, die täglichen Staus auf den Straßen wurden kleiner. Neue Zahlen von Eurostat zeigen nun, dass letztes Jahr, europaweit, nur in Finnland noch ein größerer Anteil der Menschen im Home-Office war als in Luxemburg. Doch die Zeiten ändern sich: Werden nicht bald neue Verlängerungen ausgehandelt, dann ist es ab Ende Juni zumindest für viele Grenzgänger wieder vorbei mit der Heimarbeit.

Bereits vor der Krise hatten sich viele Beschäftigte die Möglichkeit gewünscht, zumindest manchmal von zu Hause aus arbeiten zu dürfen. In der Vergangenheit konnte jedoch kaum jemand diese Option nutzen. Noch 2019 arbeiteten in Luxemburg nur 11,6 Prozent der arbeitenden Bevölkerung (normalerweise) im Home-Office. Europaweit lag der Durchschnitt mit 5,4 Prozent noch deutlich niedriger.

Im Jahr 2020 sind diese Zahlen dann sprunghaft in die Höhe geschnellt. Europaweit und auch in Luxemburg hat sich der Anteil der Menschen, die für gewöhnlich von zu Hause aus arbeiten, mehr als verdoppelt. In der EU sprang die Quote auf 12,3 Prozent, im Großherzogtum gar auf 23,1 Prozent. Damit hat Luxemburg die Niederlande, die sich letztes Jahr den ersten Platz in diesem Ranking mit Finnland geteilt hatten, überholt. 2020 war nur noch in Finnland der Anteil der Menschen im Home-Office (25,1 Prozent) höher als in Luxemburg. Auf dem dritten Platz liegt mittlerweile Irland, mit einer Quote von 21,5 Prozent. Das zeigen neue Zahlen von Eurostat

Anteil der Menschen, die 2020 für gewöhnlich von zu Hause aus arbeiteten
Anteil der Menschen, die 2020 für gewöhnlich von zu Hause aus arbeiteten Quelle: Eurostat

In den zehn Jahren zuvor hatte es beim Anteil der Menschen, die normalerweise von zu Hause aus arbeiten, kaum Bewegung gegeben. In Luxemburg, wie in ganz Europa, war die Quote fast unverändert geblieben. Zugelegt hat in den letzten zehn Jahren nur der Anteil der Menschen, die manchmal von zu Hause aus arbeiten.

Umfragen von Statec hatten ähnliche Ergebnisse erzielt. Denen zufolge war der Prozentsatz der Beschäftigten im „Télétravail“ Anfang Mai 2020 – mitten im ersten Lockdown – auf eine Rekordquote von 69 Prozent hochgeschnellt. Auch in der Zeit danach ist die Zahl der Menschen in Telearbeit hoch geblieben. Laut Statec waren im dritten Quartal immer noch fast 37,7 Prozent der Beschäftigten im „Télétravail“. Der insgesamt sehr hohe Home-Office-Anteil verdeckte jedoch, je nach Wirtschaftssektor und geografischer Region, große Unterschiede, hatte Statec damals mitgeteilt. 

Kein Home-Office für 52 Prozent der arbeitenden Bevölkerung

Doch trotz des Booms hat, auch 2020, mehr als die Hälfte der arbeitenden Bevölkerung weiter täglich physisch zur Arbeit gehen müssen. In Luxemburg waren es, Eurostat zufolge, immerhin 52 Prozent der Menschen, die die Erfahrung des Home-Office nicht machen durften oder konnten. Europaweit waren es satte 79 Prozent der arbeitenden Bevölkerung, die selbst im Corona-Jahr 2020 nie die Gelegenheit zur Telearbeit hatten.

Mit dem Ergebnis von 52 Prozent liegt das Großherzogtum europaweit trotzdem an der Spitze. In keinem anderen Land konnte ein größerer Anteil der arbeitenden Bevölkerung die Home-Office-Erfahrung machen. Auf Luxemburg folgen die Niederlande (59,8 Prozent waren nie in Heimarbeit), Finnland (60,7 Prozent) und Dänemark (64,7 Prozent). In Luxemburgs Nachbarländern Belgien (66,3 Prozent), Deutschland (77,3 Prozent) und Frankreich (70,6 Prozent) war der Anteil der Menschen, die nie im Home-Office waren, noch deutlich höher. 

Für die Wirtschaft war das Home-Office, mal abgesehen von Einzelhändlern und Restaurantbesitzern, die vom Verbrauch der Arbeitnehmer leben, eine gute Sache. Die „schnelle Anpassung an die Telearbeit“ habe dazu beigetragen, dass Luxemburg es geschafft hat, „die Pandemie relativ gut zu überstehen“, schreibt der Internationale Währungsfonds (IWF) kürzlich in seinem Bericht über das Großherzogtum. So ist die Wirtschaftsleistung des Landes letztes Jahr nur um 1,3 Prozent zurückgegangen, während die Mitgliedsländer des europäischen Währungsraums im Schnitt einen Einbruch von 6,6 Prozent verbucht haben. Auch Finnland schnitt im europäischen Vergleich mit einem Minus von 2,8 Prozent noch relativ gut ab. Irland hatte letztes Jahr als einziges europäisches Land reelles Wachstum verbucht (ein stattliches Plus von 3,4 Prozent). 

Sonderregelungen werden auslaufen

Verstärkt wurde der Anteil der Mitarbeiter im Home-Office hierzulande durch Abkommen mit Belgien, Deutschland und Frankreich, um den Grenzgängern das Home-Office zu versüßen. Telearbeit ist mit Blick auf die Covid-Krise politisch gewollt und wird demnach gefördert. Um Ansteckungen zu vermeiden und Menschenleben zu schützen. Im Normalfall müssten Grenzgänger, wenn sie mehr als eine gewisse Zahl Tage von zu Hause aus arbeiten (29 Tage mit Frankreich; 24 Tage mit Belgien, 19 Tage mit Deutschland), ihre Steuern am Wohnsitz zahlen. Das wäre weniger attraktiv für die Betroffenen – und Luxemburg würde einen Teil der für die Staatsfinanzen so wichtigen Lohnsteuer verlieren.

Die Abkommen hatten dieses Prinzip ausgesetzt – so konnten die Grenzgänger bis jetzt von zu Hause aus arbeiten und gleichzeitig ihre Lohnsteuern in Luxemburg zahlen. Doch diese Sonderregelungen werden auslaufen. Mit Belgien und mit Frankreich laufen die Vereinbarungen noch bis Ende Juni 2021. Das Abkommen mit Deutschland läuft automatisch von Monat zu Monat weiter, bis es von einer der beiden Seiten gekündigt wird. Hinter den Kulissen laufen Verhandlungen. Was jedoch die Ergebnisse sein werden, steht noch in den Sternen.

Wie sich die Tendenz zum Home-Office in Zukunft entwickeln wird, bleibt demnach eine spannende Frage. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass der Anteil der Menschen in Telearbeit bald wieder abnehmen wird, auch wenn er wohl höher als vor der Krise bleiben wird.

Zwei Tage und neun Stunden weniger im Stau verloren

Das Home-Office war eine Wohltat für die Situation auf Luxemburgs Straßen. Dank Krise und Telearbeit haben Autofahrer, die nach Luxemburg-Stadt wollten, letztes Jahr insgesamt zwei Tage und neun Stunden weniger in Staus verbracht als noch im Vorjahr. „Nur“ 105 Stunden (immerhin vier ganze Tage und neun Stunden) haben Autofahrer rund um Luxemburg-Stadt letztes Jahr im Schnitt im Stau gestanden. Das geht aus den Verkehrsdaten des Navi-Herstellers TomTom hervor. 

Der Corona-bedingte Rückgang war derweil stärker in Luxemburg-Stadt als in vielen anderen Orten. Während der „Traffic Index“ 2019 nur 52 Städte weltweit zählte, in denen die Fahrer noch mehr Zeit in Staus verbrachten, fiel Luxemburg 2020 in dem Ranking auf einen deutlich besseren 106. Platz. Insgesamt nimmt das Ranking 416 Städte aus 57 Ländern unter die Lupe.

Auf die Rückkehrer wartet nun eine negative Überraschung: Machen sich die Menschen jetzt wieder auf den Weg an ihre Arbeitsplätze, dann werden sie feststellen, dass sich die Situation auf den Straßen weiter verschlechtert hat. Denn die Zahl der neu geschaffenen Jobs legte 2020, trotz Krise, weiter stark zu. Seit Ende April 2020 wurden hierzulande 16.535 neue Arbeitsplätze geschaffen – 9.994 Grenzgänger wurden in dieser Zeit eingestellt. Auch die Zahl der angemeldeten Fahrzeuge ist weiter gewachsen, um satte 6.837 – auf insgesamt 433.183 angemeldete Autos im Land zu Beginn des Jahres 2021. 

Zur Erinnerung: Im Jahr 2019 mussten die Autofahrer im Schnitt 163 Stunden Stau in Kauf nehmen. Das waren sechs volle Tage und noch einmal 19 Stunden. Künftig werden es wohl noch mehr werden.

Entwicklung des Anteils der Menschen, die normalerweise von zu Hause aus arbeiten
Entwicklung des Anteils der Menschen, die normalerweise von zu Hause aus arbeiten Quelle: Eurostat
Sepp
10. Juni 2021 - 10.46

Ech kommen aus dem Staatssektor an eisen Service krut guer keen Home Office ausser d'Bossen déi op de besseren Positiounen setzen. Begrennung ass ganz einfach, d'Häuptlingen brauchen just hieren Tablet fir hier stonnelaang Réuniounen an mir brauchen eben Papeier. Ech fannen nach emmer dass mir eng Prime de risque misten kréien. Ausserdem fannen ech dass mer Benzinsgeld misten kréien well mir all Dag mussen op d'Arbescht fueren an d'Häuptlingen setzen doheem. Dat geet einfach net!

j.trierweiler
8. Juni 2021 - 15.14

Wat mech emol gif interesséieren: prozentual gesin, wivill Leit aus dem Privatsektor waren am home office an wivill aus dem Staatssektor? Déi Zuelen gif ech da gär vergleichen mat de finneschen Zuelen.