Kopf des TagesGefeiert und umstritten: Schriftstellerin Monika Maron wird 80

Kopf des Tages / Gefeiert und umstritten: Schriftstellerin Monika Maron wird 80
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Schriftstellerin Monika Maron wird 80

Lange Jahrzehnte wird über Monika Maron vor allem als Autorin gesprochen. Streitbare Positionen und ein Rausschmiss beim Verlag ändern das. Nun wird sie 80 – und nicht leiser.

Schon lange vor dem Fall der Mauer ist Bitterfeld in der DDR für viele Menschen im Westen ein Synonym für Umweltzerstörung – zugleich auch Ablenkung von Versäumnissen im eigenen Land. Das Wissen um den sonst weitgehend unbekannten Ort verdanken sie einer Schriftstellerin aus der DDR. Monika Maron verarbeitet 1981 in ihrem Debütroman „Flugasche“ ihre Erfahrungen als Reporterin im Chemierevier. Der erste Umweltroman der DDR wird im Westen verlegt und gefeiert, im Osten nicht gedruckt.

Konflikte hat die Autorin, die am Donnerstag (3. Juni) 80 Jahre alt wird, nie gescheut. In Berlin wird Monika Eva Maron mitten im Nazi-Deutschland geboren. Ihre Mutter darf wegen jüdischer Abstammung nicht mit Marons Vater zusammenkommen. Nach dem Krieg heiratet die Mutter den SED-Funktionär und späteren DDR-Innenminister Karl Maron (1903-1975), die Familie zieht von West- nach Ost-Berlin. Monika Maron kommt über Theater und Fernsehen zum Journalismus – Basis für den ersten Stoff der Schriftstellerin.

Nach dem 1986 erschienenen zweiten Roman „Die Überläuferin“ siedelt sie 1988 mit einem Drei-Jahres-Visum nach Hamburg über. Bis 1992 lebt sie dort, bevor es wieder zurückgeht nach Berlin. Dort lebt sie bis heute, seit einiger Zeit ergänzt durch einen Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern.

Die deutsch-deutsche Geschichte bildet immer wieder den Rahmen für Marons Themen von Verdrängen über Umbruch bis zu Liebe und Alter. Dabei will sie ihre Arbeit nicht auf den DDR-Bezug reduziert wissen. Vielmehr habe sie stets sehr generell zeigen wollen, „was mit Menschen geschieht, wenn sie Verhältnissen unterworfen sind, in denen sie eine relative materielle Sorglosigkeit mit ihrer geistigen Freiheit bezahlen“, sagte sie 2009 bei einer Preisverleihung.

Nach Bitterfeld kehrt Maron im selben Jahr mit dem Reportagebuch „Bitterfelder Bogen“ zurück, in dem sie nun einen gänzlich gewandelten Standort für neue Industrien beschreibt.

Der Ruf der Dissidentin erhält einen erheblichen Dämpfer, als bekannt wird, dass Maron Mitte der 70er Jahre für die Stasi tätig war. Allerdings sind nicht mehr als zwei – zudem DDR-kritische – Berichte über Aufenthalte in West-Berlin bekannt. Später wurde Maron selbst von der Stasi überwacht.

Neben ihren Romanen, die ihr zahlreiche Auszeichnungen einbrachten, bezieht sie als Essayistin und in Interviews immer wieder höchst streitbare Positionen in aktuellen politischen Diskussionen. „Ich weiß, dass ich damit auch Widerspruch ernte. Aber das ist nichts, was mich auch nur im Geringsten stört“, sagte sie der dpa vor einigen Jahren nach Interventionen etwa gegen die Flüchtlingspolitik, heftiger Islamkritik oder anhaltendem Unverständnis über gendergerechte Entwicklungen in der Sprache.

Maron fühlt sich dabei zu Unrecht an den rechten Rand gedrängt. Genau dort allerdings kommt es im vergangenen Jahr zum Eklat. Der S. Fischer Verlag beendet die über Jahrzehnte reichende Zusammenarbeit, nachdem Maron einen Essayband in der „Exil“-Reihe des Dresdner Buchhauses Loschwitz von Susanne Dagen veröffentlicht, wiederum eng verbunden mit dem Antaios-Verlag von Götz Kubitschek. Der Verfassungsschutz zählt das „Institut für Staatspolitik“ von Kubitschek zum Netzwerk der „Neuen Rechten“, in dem rechtsextreme bis rechtskonservative Kräfte verortet werden.

„Wir hatten offenbar beide keine Freude mehr aneinander, der Verlag und ich“, sagte Maron, inzwischen bei Hoffmann und Campe untergekommen, dazu kürzlich in der Neuen Züricher Zeitung. Insofern habe sie der Rausschmiss sogar befreit. Schritte zur Freiheit seien immer Trennungen gewesen. „Die Trennung von der Zeitung, die Trennung vom Osten, der Austritt aus der SED, auch die Trennung von Männern, zuletzt die von Fischer.“

Im Erstling „Flugasche“ lässt Maron ihre Heldin Josefa sagen: „Ich will nicht den Anspruch aufgeben, mit den anderen leben zu können als die, die ich bin.“ Und weiter: „Jetzt bin ich das schwarze Schaf, aber ich gehöre zur Herde.“