Radsport Dem Boom zum Trotz: Wie Profiteams mit Lieferschwierigkeiten des Materials umgehen 

Radsport  / Dem Boom zum Trotz: Wie Profiteams mit Lieferschwierigkeiten des Materials umgehen 
Glen Leven ist nun in seinem zweiten Jahr als Chefmechaniker bei Trek-Segafredo tätig  Foto: Tageblatt-Archiv/Jeff Lahr 

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Es gibt nicht viele Branchen, die einen solchen Aufschwung erfuhren, wie es der Fahrrad-Markt tat. Doch inwiefern betrifft dies auch die Profiteams? Das Tageblatt hat bei Glen Leven, dem Chefmechaniker des WorldTour-Teams Trek Segafredo, nachgefragt, ob auch Profiteams mit Lieferschwierigkeiten des Materials zu kämpfen haben. 

Es scheint ein wenig makaber, von Gewinnern der Corona-Pandemie zu sprechen. Doch, und das ist kein Geheimnis, gibt es sicherlich einige Profiteure. Einer von ihnen ist zweifellos die Fahrrad-Branche – auch in Luxemburg. Im Großherzogtum haben beispielsweise im Juli 2019, also vor der Pandemie, 730 Menschen (Höchststand) ein Fahrrad über die „Vëlosprimm“ des Staates gekauft. Zum Vergleich: Im Mai 2020 fragten 1.439 Menschen die Prämie an, zwei Monate später waren es gar 4.917. Wie das Umweltministerium in einer parlamentarischen Anfrage schreibt, gab es im März dieses Jahres noch 4.244 Anfragen.

Dass die Branche boomt, verspüren auch die Profis. Glen Leven ist Chef-Mechaniker bei Trek-Segafredo. „Wir bestellen immer sehr früh im Voraus, damit wir nicht in Verzug geraten“, erklärt der Luxemburger. „Ende April 2020 hatten wir schon unser Material für 2021 bestellt. Es ist immer so, dass wir vier bis fünf Monate im Voraus planen. Wenn die Klassiker im April beispielsweise anstehen, dann wissen wir im Januar schon, welcher Fahrer welche Teile benötigt. Im Moment haben wir genug Material – aber wir merken schon, dass die Lieferzeiten länger dauern. Vor allem, wenn wir etwas nachbestellen müssen.“

Sechs Wochen betrage die Wartezeit mindestens, falls was nachbestellt werden müsse. „Wenn wir die Hersteller heute anrufen und nach Teilen für morgen fragen, dann werden wir auch schief angeguckt – da ist nichts zu machen. Doch die Sponsoren tun auch viel dafür, dass wir die Teile bekommen. Stellen Sie sich vor, SRAM kann nicht liefern und wir beginnen, innerhalb des Teams mit verschiedenen Ketten zu fahren – das würde hinterfragt werden. Und wenn wir dann sagen, dass wir nichts vom Hersteller bekamen, dann wäre das auch ein schlechtes Image für SRAM.“ Durch den angespannten Markt ist man bei den WorldTour-Teams auf Sparkurs. „Wenn es früher Kratzer an einem Schaltwerk gab, dann wurde es gewechselt. Jetzt haben wir die Ansage bekommen, dass es drauf bleibt, solange es funktioniert und nicht nach Schrott aussieht.“ SRAM rüstet nur Trek-Segafredo und Movistar aus und kann deswegen vergleichsweise problemlos liefern. Anders sieht es bei Shimano aus, die insgesamt zwölf Teams im Peloton der WorldTour beliefern.  

„Stressfreieres“ Arbeiten

Für Leven und sein Team lautet also die Devise, früh an zu sein, um Probleme zu verhindern. Problematischer ist sein Job durch das Coronavirus sonst nicht geworden – im Gegenteil, sogar „etwas stressfreier“, wie Leven sagt. „Es sind keine Leute mehr, die am Start sind oder am Hotel. Wir müssen also nicht dauernd auf die Räder aufpassen. Es ist zwar schade, dass keine Zuschauer oder keine Bekannte mehr in diese Bereiche dürfen, aber für uns ist es angenehmer. Bei der Tour de France hat jeder nach der Etappe auf die Bremse des Fahrrads gedrückt. Da hast du fast 100-mal am Tag gesagt: „Please don’t touch the bike.“ Das geht nicht – bei der Formel 1 fasst ja auch niemand die Autos an.“ Seit 2014 präpariert Leven die Räder des amerikanischen WorldTour-Teams Trek-Segafredo. Klar, das Einhalten der Hygienemaßnahmen gehört auch für ihn dazu, doch grundlegend hat sich an seinem Job nichts geändert. Zwar war er auch von der Zwangspause im letzten Jahr betroffen, doch nach dem Restart konnte auch er seiner gewohnten Arbeit wieder nachgehen.

Aktuell befindet sich Leven in Gent, im Lager des Teams. Dort bereitet er die neu eingetroffenen Räder für die Tour de France vor. „Mein Programm ist momentan ziemlich entspannt“, sagt er. Zunächst steht die Tour de Suisse der Damen für ihn an, dann die Tour und die Olympischen Spiele, wo er für die FSCL als Mechaniker hinfahren wird. Leven befindet sich in seiner zweiten Saison als Chefmechaniker. „Ich mache ein paar Rennen weniger und kümmere mich mehr um Bürokratisches. Die Planung der Mechaniker, die Logistik.“

Im Überblick

Rahmen: Trek Émonda, Madone, Domane und SpeedConcept
Schaltung: SRAM Red eTap AXS 12 Gang
Kettenblätter: SRAM Red AXS 50/37, 52/39, 54/43
Kassette: SRAM XG-1290 10-28
Powermeter: SRAM Red Power Meter
Laufräder: Bontrager RSL 37, XXX 4.0, XXX 6.0
Lenker: Bontrager
Vorbau: Bontrager XXX
Sattel: Bontrager
Reifen: Pirelli PZero Tubular und PZero TLR
Flaschenhalter: Bontrager XXX Carbon