Forum75 Jahre CFL: Anmerkungen aus Gewerkschaftssicht zu diesem runden Geburtstag

Forum / 75 Jahre CFL: Anmerkungen aus Gewerkschaftssicht zu diesem runden Geburtstag
 Foto: Editpress/Alain Rischard

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Die Gründung der CFL-Gesellschaft wurde mit einem entsprechenden Gesetz vom 16. Juni 1946 vollzogen. Um diesen 75. Geburtstag würdevoll zu feiern, wird die heutige CFL-Gesellschaft gegen Ende des Jahres ein Jahrbuch veröffentlichen sowie verschiedene Ausstellungen und Feierlichkeiten organisieren. Ohne diesen Ereignissen vorgreifen zu wollen, seien uns im Vorfeld dieser Feiern einige Anmerkungen, aus Gewerkschaftssicht, zu diesem Geburtstag gestattet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde von den Eisenbahnern eine bemerkenswerte Aufbauarbeit geleistet, um die Eisenbahnen wieder betriebsfähig zu gestalten. Dies, um sowohl die Bevölkerung als auch die Industrie mit den nötigsten Gütern zu versorgen. Die Besatzer hatten die verschiedenen Eisenbahnen zwangsfusioniert. Fusion, die auch nach Kriegsende beibehalten wurde. Luxemburg, Belgien und Frankreich beschlossen eine Eisenbahnkonvention, die zur Gründung der CFL-Gesellschaft, mit einer mehrheitlich luxemburgischen und einer minoritär belgischen und französischen Kapitalbeteiligung, führte.

Aus sozialer Sicht muss man anerkennen, dass die Gewerkschaften von Beginn an im Verwaltungsrat der CFL mit drei Vertretern von 21 zwar hoffnungslos minoritär, aber immerhin vertreten waren. Je ein Vertreter der Stahlindustrie, der Handelskonföderation und der Bauernzentrale vertraten die Interessen der Kunden in diesem Gremium. Diese Kundenvertretung macht deutlich, dass die Eisenbahn zu der Zeit vor allem auf den Transport von Gütern orientiert war.

Instrument der Politikgestaltung

Entsprechend dem Gesellschaftsstatut sollte die CFL nach industriellen und kommerziellen Prinzipien funktionieren. Im Interesse der belgischen und französischen Anteilseigner war in der diesbezüglichen Konvention vermerkt, dass, sollten Entscheidungen getroffen werden, die unvereinbar wären mit einer kommerziellen Betriebsführung, der luxemburgische Staat die diesbezüglichen Kosten übernehmen müsste. Der CFL-Verwaltungsrat stand in der Pflicht, einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren. Um Haushaltsdefizite zu vermeiden, boten sich zwei Möglichkeiten, entweder Tariferhöhungen oder Einsparungen.

Da die jeweiligen Regierungen die Eisenbahn als Instrument der Politikgestaltung, mittels sozialer Tarife im Personentransport und niedriger Tarife im Gütertransport, benutzten, wurden die vorgeschlagenen Tarifanpassungen in der Regel abgelehnt. Die daraus resultierenden Kredite im Staatshaushalt wurden nicht, wie es eigentlich hätte sein müsste, als Sozialaufwendungen oder als indirekte Subventionen an die Stahlindustrie dargestellt, sondern der Eisenbahn als Defizite angekreidet. Die Eisenbahner ihrerseits wurden von liberaler und klerikaler Seite als Defizitjünger gebrandmarkt.

Auf politischer Ebene existierten keinerlei Bestrebungen, um eine sinnvolle und zukunftsorientierte Transportpolitik in die Wege zu leiten. Das Auto wurde als Verkehrsmittel der Zukunft betrachtet, welches auch dementsprechend gefördert wurde. Anstatt die Eisenbahn zu modernisieren und in die Infrastruktur zu investieren, wurden Sanierungskonzepte entwickelt, die dem Schienentransport großen Schaden zufügten. Eisenbahnlinien wurden stillgelegt und abgebaut, Bahnhöfe und Betriebswerke geschlossen.

Mit der Nordstreckenaktion des Landesverbandes 1979/1980 wurde eine Wende in der Eisenbahn- und Verkehrspolitik eingeleitet. Die CFL-Nordstrecke blieb erhalten, wurde modernisiert und elektrifiziert. Andere Gewerkschaften, Parteien und Organisationen der Zivilgesellschaft wurden sich immer mehr bewusst, dass eine gut funktionierende Eisenbahn aus sozialen, ökologischen und ökonomischen Ursachen unverzichtbar sei. Rezente Entwicklungen wie die Pläne, Eisenbahnstrecken durch Busse zu ersetzen, oder wie auf der Nordstrecke, ein Gleisbett in einen Fahrradweg umzuwandeln, zeugen davon, dass der Kampf für die Eisenbahn praktisch nie endet.

Streik der Eisenbahner

Die oben beschriebenen destruktiven Sanierungsmaßnahmen betrafen nicht nur die Eisenbahninfrastruktur, sondern auch das Personal. Neben tiefen Einschnitten in Statut und Pensionsreglement waren andere soziale Grausamkeiten wie Personalabbau, Kündigungen und Lohnstopp an der Tagesordnung. Dies führte zum Eisenbahnerstreik vom 11. Oktober 1949.

Dieser 24-stündige Streik, zu welchem der Landesverband aufgerufen hatte, wurde zu 100 Prozent befolgt. In dieser schwierigen Phase beliebte es die Syprolux-Führung, abseits zu stehen und sich von der Eisenbahnerschaft zu entsolidarisieren. CFL-Direktion und Verwaltungsrat hatten den Streik für illegal erklärt und verfügten Sanktionen, indem die „Streikaufwiegler“ entlassen wurden. Infolge der Gefahr einer unbefristeten Arbeitsniederlegung führten Verhandlungen von der Verbandsleitung und der CGT mit der Regierung dazu, dass die Sanktionen ad acta gelegt wurden. Die positiven Resultate dieser Arbeitsniederlegung stellten sich nicht sofort ein. Sie bewirkten aber, dass bei den darauffolgenden politischen Wahlen die progressiven Kräfte in der Abgeordnetenkammer gestärkt wurden und dass es zu einer Regierungsumbildung kam. Mithilfe der neuen politischen Führung konnte ein Großteil der Forderungen des Landesverbandes verwirklicht werden.

Rückblickend kann man festhalten, dass das Eisenbahnerstatut, 1921 vor demnach 100 Jahren, vor der Gründung des Syprolux, vom Landesverband erkämpft wurde und dass dieses Statut 1949, mittels Streik, ohne Beteiligung des Syprolux, verteidigt wurde. Seitdem hat es viele gewerkschaftliche Aktionen gegeben, um den Eisenbahner, der lange am unteren Ende der Lohnhierarchie fungierte, zu der sozialen Stellung zu verhelfen, die er heute in unserer Gesellschaft einnimmt.

* Der Autor ist ehemaliger Präsident des FNCTTFEL-Landesverbands.