Schwimm-EM in BudapestMax Mannes will sich nicht zu viel Druck machen

Schwimm-EM in Budapest / Max Mannes will sich nicht zu viel Druck machen
Max Mannes schwamm in diesem Jahr in Stockholm seinen ersten nationalen Einzelrekord Archivbild: Gerry Schmit

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Max Mannes ist ein Mann mit klaren Ansichten: Er vertritt seine Meinung, ist aber eher der unauffällige Typ. Auch im FLNS-Kader gehörte der ehemalige SCDE- und SL-Schwimmer nicht immer zu den herausragenden Akteuren. Mannes zählt aber zu den Gewinnern der Pandemie. Anfang April schwamm der 23-Jährige bei einem Meeting in Stockholm über 100 m Rücken seinen ersten Einzelrekord. Nur drei Wochen später verbesserte er diese Marke in Merl noch einmal um 13 Hundertstel. Seine Mitstreiter bei der EM hinkten ihren Bestzeiten hingegen um einiges hinterher. Damit wuchs Max Mannes auch zum Hoffnungsträger für die Europameisterschaften in Budapest, die heute beginnen.

Tageblatt: Corona-bedingt wurde das Training schwierig und Wettkämpfe quasi unmöglich. Wie haben die Schwimmer das erlebt?

Max Mannes: In dieser Hinsicht standen wir nicht so schlecht da. Die Elite-Schwimmer durften schon Anfang Mai wieder ins Wasser. Es gab aber Restriktionen. Wir wurden in Gruppen von zwei bis drei Schwimmern aufgeteilt und die durften nicht getauscht werden. Maskenpflicht außerhalb des Beckens gilt heute immer noch. Irgendwann wurde alles zur Normalität und seit November 2020 verbesserte sich die Lage und im Vergleich mit der Zeit vor dem Lockdown sind wir wieder bei 90 Prozent.

Wie kann man sich in solchen Zeiten überhaupt auf einen Wettbewerb vorbereiten?

Das kann ich nur aus persönlicher Sicht beurteilen. Ich benötige nicht unbedingt viele Trainingspartner. Ich vertraue vielmehr meinen Trainern. Meine Partner waren Raphaël Stacchiotti und João Correia, aber ich habe monatelang alleine trainiert. Von Vorteil ist es dennoch, wenn man sich im Training mit anderen messen kann.

Sie sind ohne große Wettkampfpraxis Rekorde geschwommen, in einer Disziplin, die Sie weniger trainiert haben. Wie geht das?

Mein erstes Rennen durfte ich schon im Oktober 2020 schwimmen, danach folgten einige kleinere Wettkämpfe. Dass es aber im April zu einem Rekord reichen könnte, damit hatte ich nicht gerechnet. Vielleicht gelang es mir, weil ich in Schweden ohne Druck schwimmen konnte. Zu viel Druck geht bei mir auf Kosten der Leistung. Dennoch, wenn mein Trainer Ingolf Bender vor dem Rennen vorausgesagt hätte, dass ich einen Rekord schwimmen würde, hätte ich ihn ausgelacht. Vor allem die Geschwindigkeit hat mich überrascht. Ich hatte den Rekord schon lange ins Auge gefasst, ohne mir konkret Termine zu setzen. Aber es stimmt, dass ich zuletzt mehr Kraul trainiert habe. Kraul und Rücken sind aber ähnlich. Ich bin zehn Jahre lang Rücken geschwommen, das liegt einem dann quasi im Blut.

Vor gut drei Wochen hat der Verband mitgeteilt, Sie könnten wegen Prüfungen nicht zur EM fahren, wie kam es zum Umschwung?

Zu dem Zeitpunkt hat das auch gestimmt. Zum Glück konnte ich mich anders arrangieren und damit stand einem EM-Start nichts im Weg. Die FLNS hatte mehr Mühe, meine nachträgliche Reise zu organisieren.

Sie werden in Budapest erstmals ohne Nationaltrainer Ingolf Bender antreten, dem zum Juni gekündigt wurde. Eine schwierige Sachlage?

Jeder weiß, wie ich zu Ingolf Bender stehe und ich wäre froh gewesen, wenn er mich bei der EM trainiert und unterstützt hätte. Aber es sind genug Worte gefallen und ich will mich nicht in diesen Prozess einmischen. Im Juni ist der Trainer weg, das ist sehr schade, irgendwo gibt es jetzt einen Neuanfang. Dementsprechend darf es nicht dramatisch sein, weil wir keine Wahl haben.

Ihr angekündigtes Ziel ist, bei der EM über 100 Meter Rücken die 56-Sekunden-Barriere zu knacken, stehen Sie dazu?

Auch ohne mich zu sehr unter Druck zu setzen, ist diese Schallmauer durchaus realistisch. Ich bin dicht an der Grenze dran (56.01, d. Red.) und beim Rekord in Stockholm und der zweiten Verbesserung am 1. Mai in Merl habe ich noch kleine Fehler erkannt. Die kann ich jetzt abstellen. Wenn das gelingt, werde ich unter 56 Sekunden anschlagen.

Prinzipiell will ich einfach nur Spaß daran haben, dass ich in diesen harten Corona-Zeiten endlich wieder schwimmen darf

Max Mannes, über seine Ziele in Budapest

Welche anderen Ziele haben Sie sich für Ungarn gesetzt?

Außer den 100 Meter Rücken habe ich keine großen Ziele. Natürlich will man bei so einem Wettkampf immer Bestzeiten schwimmen, aber ich mache mir keinen Druck, weil mir das, wie erwähnt, nicht bekommt. Natürlich hat man im Kopf seine Gedanken, aber die sollen auch in meinem Kopf bleiben. Prinzipiell will ich einfach nur Spaß daran haben, dass ich in diesen harten Corona-Zeiten endlich wieder schwimmen darf. Ansonsten habe ich in Budapest nichts zu verlieren.

Und was kann man von der FLNS-Mannschaft erwarten?

Von Mannschaft kann man in diesen Tagen nicht unbedingt reden. Die einen reisen später an, die anderen früher ab. Aber wir werden dennoch versuchen, die eine oder andere Staffel auf die Beine zu stellen. Unser Team ist so groß wie kaum jemals zuvor. Was jeder zurzeit drauf hat, ist für mich schwer einzuschätzen. Natürlich träumt der eine oder andere von einem Halbfinale, ich will mich da nicht ausschließen. Alles hängt von der Konkurrenz ab. Die Schwimmer der anderen Nationen mussten auch durch die Corona-Krise. Wir werden sehen, was dabei herumkommt. 

Wie sieht Ihre Zukunft aus?

Dazu will ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht viel sagen. Ich hoffe, dass alles nach der EM geklärt sein wird. Fest steht, dass ich ins Ausland wechseln möchte, wo die Reise hingeht, wird sich dann zeigen.

Und das Team? Kann es an die historischen Resultate anknüpfen?

Anfang Mai, beim Düdelinger Schwimmfest im „Campus Geesseknäppchen“, hat sich die „neue“ Nationalmannschaft zusammengesetzt und wir haben über die Zukunft des luxemburgischen Schwimmsports diskutiert und die Möglichkeiten ausgelotet. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir über eine richtig gute und starke Gruppe verfügen. Wir sind gewillt, an die Erfolgsserie anzuknüpfen. Es gibt zwar nicht mehr so viele luxemburgische Schwimmer, doch die stehen für Qualität.

Zur Person

Max Mannes
Geboren am: 19. November 1997
Größe/Gewicht: 2,01 m, 99 kg
Wohnhaft: Echternach
Verein: SC Differdingen
Erfolge: 2010: Erstes Podium bei einer Meisterschaft, 2013: erste JPEE-Teilnahme, 2016: erster Landesrekord mit der Staffel, 2020: Aufnahme in den COSL-Elitekader, 2021: erster Einzel-Landesrekord
Aktuelle Landesrekorde: 5 (50-m-Becken: 100 m Rücken; 25-m-Becken: 4×50 m und 4×100 m Freistil und Lagen)
Größtes Ziel: Olympische Spiele 2024 in Paris

Obwohl er in letzter Zeit mehr die Kraul-Disziplinen trainierte, holte sich Max Mannes den Landesrekord über 100 Meter Rücken
Obwohl er in letzter Zeit mehr die Kraul-Disziplinen trainierte, holte sich Max Mannes den Landesrekord über 100 Meter Rücken Archivbild: Gerry Schmit