Das etwas andere InterviewAuf den Punkt mit Yannick Bastos (Niederkorn) 

Das etwas andere Interview / Auf den Punkt mit Yannick Bastos (Niederkorn) 
Yannick Bastos Foto : Editpress/Tania Feller

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In unserer Rubrik „Auf den Punkt mit“ fühlen wir Akteuren aus der BGL Ligue auf etwas andere Art auf den Zahn. Yannick Bastos sprach über Sprachbarrieren in Nordengland, seinen Studiengang in Barcelona sowie jede Menge Ketchup. 

Tageblatt: Wie ausgiebig wurde denn in dieser Woche der Meistertitel von Sporting Lissabon im Hause Bastos gefeiert?

Yannick Bastos: Ich habe mir das Spiel am Dienstag zu Hause mit meiner Freundin angesehen. Das 1:0 (1:0-Sieg gegen Boavista) war eine Erlösung. Ich habe an diesem Abend so viele Emotionen bei einem Fußballspiel verspürt wie schon lange nicht mehr. Mein Vater ist Porto-Fan und wollte meinen Bruder und mich ebenfalls davon überzeugen, aber daraus wurde nichts. Die Liebe für Sporting hatte uns unser Großvater mitgegeben. Ich muss zugeben, dass am Dienstag auch die eine oder andere Träne geflossen ist. Beim letzten Titel war ich neun Jahre alt, das waren damals andere Erfahrungen, die nicht mehr so präsent sind. Meine ersten Gedanken gingen diesmal in Richtung Großvater und Cousin, die, wo auch immer sie gerade sind, bestimmt sehr glücklich sind. Sogar mein Vater hat uns an diesem Abend in unserer Familien-WhatsApp-Gruppe seine Glückwünsche ausgedrückt. 

Sie stammen aus einer fußballbegeisterten Familie. Wer hat die meiste Ahnung vom runden Leder?

Eigentlich sind mein Vater und mein Bruder die, die sich am meisten dafür interessieren. Meine Mutter ist allerdings immer sehr gut informiert, da sie stets die Nachrichten im Blick hat. Die restliche Familie in Portugal ist dagegen nicht wirklich für Fußball zu begeistern. Einige von denen wissen wahrscheinlich nicht einmal, dass die Seiten nach der Pause gewechselt werden … Die wissen gerade einmal, wer Cristiano Ronaldo ist. Wenn ich aber mit meinem Bruder oder meinen Eltern diskutiere, bleibt es immer auf einer positiven Note.

Gutes Stichwort. Um bei den Noten zu bleiben: Haben Sie sich bereits bei Ihrem Vater über dessen Berichte im Le Quotidien beschwert?

Ich kann mir vorstellen, dass er schon das eine oder andere Mal einen Artikel über eines meiner Spiele geschrieben hat. Meist will er aber nicht über die großen Partien schreiben. Ich denke auch, dass er mit mir ohnehin kritischer ist als mit anderen. Aber eine Diskussion hatten wir noch nie. 

Sie scheinen zudem eine ganz besondere Beziehung zum niederländischen Fußball zu haben, angefangen bei einem Europapokal-Spiel gegen Utrecht. Wie ging es weiter?

Diese Beziehung ist wirklich komisch, da wir im Sommer mit Niederkorn auf Willem II getroffen sind und ich auf diese Weise ein weiteres Mal gegen den damaligen Utrecht-Torwart gespielt habe. Ich war im Dezember 2014 gerade dabei, für eine Prüfung zu lernen, als mich ein Scout der Bolton Wanderers anrief. Ich hielt ihn zunächst für einen dieser Telefon-Verkäufer und habe einfach aufgelegt. Als er nicht lockerließ und immer wieder anrief, habe ich seinen Anruf entgegengenommen und gleich gesagt, ich wäre nicht an seinem Produkt interessiert. Er hat mir dann aber erklärt, dass es sich um ein Transferangebot handeln würde, da ich bei den Europapokal-Duellen von Déifferdeng 03 gegen Utrecht auf mich aufmerksam gemacht hätte. 

Wie bewerten Sie Ihre Station in England rückblickend?

Am Anfang erlebte ich das damals alles wie ein Märchen. Auf der einen Seite Abitur, auf der anderen den Schritt ins Profimilieu, mit dem ich eigentlich abgeschlossen hatte. Die ersten beiden Monate dort waren aufgrund der Anpassung sehr kompliziert. Auch aufgrund des Dialekts, da man in Nordengland wirklich nicht unbedingt alles versteht. Zum Ende hin plagte ich mich dann mit Verletzungspech herum. Mittlerweile bin ich mir bewusst, dass ich die eine oder andere Entscheidung hätte anders treffen können. Aber hinterher ist man immer schlauer. Ich bereue jedenfalls nichts. Die Rückkehr in den Amateurbereich war hart. Die englischen Einrichtungen sind wohl – klammert man die europäischen Spitzenklubs aus – die besten, die man überhaupt finden kann. Da kann man sich von morgens bis abends auf Fußball konzentrieren. Bei meiner Rückkehr nach Luxemburg war ich dann wieder auf mich alleine gestellt. Ob es damals die richtige Wahl war, nach Differdingen zurückzukehren? Es war mein Heimatverein, aber es war schwer, mit diesem Gepäck wieder Fuß zu fassen.

Mittlerweile studieren Sie am Johann Cruyff Institute in Barcelona. Mit welchen Zielen?

Nach meinem Bachelor an der Lunex-Universität habe ich mich nach anderen Optionen umgesehen. Der Agent, der sich damals um meinen Transfer nach Bolton gekümmert hatte, hatte mir erzählt, dass er am Johann Cruyff Insitute studiert habe. Das Hauptquartier befindet sich in Barcelona. Ich habe mich beworben und bin für den Online-Master-Lehrgang in Sport-Management angenommen worden. Nächstes Jahr geht es um Sport-Marketing.

In dieser Saison haben Sie in Niederkorn bereits als Außenverteidiger und auf den beiden Flügeln gespielt. Welche Position kommt Ihnen entgegen? 

Gute Frage, da ich mich auf allen vier Positionen gut fühle. Ich passe mich an den Gegner und die Vorgaben des Trainers an. Es war damals U19-Nationaltrainer Jeff Saibene, der mich zum ersten Mal als Verteidiger eingesetzt hat. Ich kann mich noch gut an das Gespräch erinnern. Er sagte mir, dass ich schnell sei und klug, um den Raum richtig einschätzen zu können. Er hatte mir damals ein paar Videos des modernen Außenverteidigers gezeigt und mir gesagt, dass ich auf diesem Posten Karriere machen könnte. Mit dem Alter wird mir immer bewusster, dass ich wohl tatsächlich in diese Kategorie gepasst hätte. Ausgebildet wurde ich auf dem Flügel, u.a. in Trier. Es waren die damaligen Trierer Trainer Reinhold Breu und Frank Thiltges, die das nach einem Testspiel der U17 in die Wege geleitet haben. 

Werden Sie irgendwann wieder mit Ihrem Bruder Cédric in einer Mannschaft spielen?

Ich denke nicht … Er spielt nur noch, wenn er Zeit und Lust dazu hat. Zudem trennen uns 600 Kilometer Distanz, da er in Nürnberg arbeitet (und für Germania Nürnberg in der Kreisklasse spielte). Er arbeitet seit acht Jahren in der Personalabteilung von Adidas. Zuvor war er als freiberuflicher Übersetzer für Paris Saint-Germain und den französischen Fußballverband unterwegs. Mittlerweile hat er übrigens einen anderen Sport für sich entdeckt. Er ist jetzt viel mit dem Rad unterwegs, das dauert dann drei oder vier Stunden. Auf diesem „Flipp“ bin ich noch nicht (lacht) … 

Seit wann besteht das obligatorische Menü vor einem Spiel nicht mehr nur aus Geflügelschnitzel und Nudeln mit Ketchup?

Also ich habe mittlerweile zwei Tattoos. Irgendwann wird auch eine Flasche Ketchup hinzukommen. Ich habe früher auf wirklich alles Ketchup draufgeschüttet. Ich darf keine Beispiele nennen (lacht). Inzwischen habe ich das etwas reduziert, da man mir immer wieder klargemacht hat, dass es vor einem Spiel nicht unbedingt die beste Soße ist. Aber auch heute muss bei jedem Essen eine Flasche auf dem Tisch stehen. Wenn ich weiß, dass keine mehr im Kühlschrank ist, kann ich nicht schlafen.

Ihre Freundin Jo Schreiner spielt bei Etzella Ettelbrück. Wie groß ist Ihr Basketball-Sachverstand?

Zuletzt habe ich wegen Corona weniger Spiele gesehen. Letztes Jahr wurde sie mit ihrer Mannschaft sozusagen Covid-Meister, in dieser Saison lief es weniger gut. Aber es ist immer eine gute Ablenkung, die mich auf andere Gedanken bringt. Zudem ist es ein anderer Einblick in die Luxemburger Sportwelt, da man ein anderes Bild des nationalen Sports bekommt. 

2 Fragen zum Wochenende

Das Auswärtsderby gegen Ihren Ex-Klub Déifferdeng 03 findet in Niederkorn statt. Werden Sie auf Ihre gewohnte Umkleide bestehen?

Ich denke mal, dass wir in unserer Ecke bleiben werden. Sie haben ja schon unser Spielfeld für ihre Heimspiele bekommen … Es wird also ungewollt ein Heimspiel für uns. Ich freue mich auf die Zuschauer, auch wenn es nur 150 sein werden. Zudem ist es immer etwas Besonderes, Leute vom Ex-Verein wiederzusehen. Ich denke da an den Präsidenten, den aktuellen Trainer und den Fitnesscoach. Aber für uns zählt im Rennen um den Europapokal nur der Sieg. 

Beim Gegner ist der Druck raus. Was bedeutet das für Ihr Team?

Es ist kompliziert, gegen solche Mannschaften anzutreten. Das hat man auch am Beispiel Mondorf gesehen, die ohne Komplexe antreten. Wahrscheinlich steht uns ein schweres Spiel bevor, denn sie können komplett frei und ohne Druck aufspielen. Zudem bleibt es ein Derby. Und ich denke mal, dass sie nicht enttäuscht wären, wenn wir uns nicht für die Conference League qualifizieren würden … Das werden sie uns nicht so einfach gönnen.