StaatsschuldenLuxemburg muss trotz AAA und negativen Zinsen weiterhin Millionen Euro an Zinsen zahlen

Staatsschulden / Luxemburg muss trotz AAA und negativen Zinsen weiterhin Millionen Euro an Zinsen zahlen
Musste das Finanzministerium 2013 noch 245 Millionen Euro Zinsen auf den Staatsschulden zahlen, so sollen es 2025 weniger als 70 Millionen sein Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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An den Märkten stehen die Investoren Schlange, um dem Land Geld zu leihen. Sie sind sogar bereit, dafür zu bezahlen. Dennoch zahlt das Land Jahr für Jahr viele Millionen Euro an Zinsen. Auch in Zukunft wird das so bleiben. Trotz AAA-Rating und Negativzinsen. Das Tageblatt hat nachgeforscht, warum das so ist.

Seit der Schuldenkrise von vor rund zehn Jahren versucht die Europäische Zentralbank, die Zinsen, die Europas hoch verschuldete Staaten auf ihren Schuldenbergen zahlen müssen, so niedrig wie möglich zu halten. Die Notenbank will vermeiden, dass Staaten riskieren, in Insolvenz zu geraten – wie seinerzeit Griechenland. Wenn es nicht mehr genügend interessierte Käufer gibt oder wenn die Zinssätze auf den Krediten steigen, dann springt die Zentralbank ein, druckt neues Geld und kauft Staatsanleihen.

Diese Politik hat dazu geführt, dass Staaten wie Italien (trotz aktueller Verschuldungsquote von 156 Prozent der Wirtschaftsleistung) vor dem gleichen Schicksal wie seinerzeit Griechenland (mit einer Verschuldungsquote von damals nur rund 130 Prozent) bewahrt wurden. Für Italien sind die Zinssätze sogar gefallen: von 7 Prozent Ende 2011, über 4 Prozent in 2013, bis auf 2 Prozent 2015, und seit 2020 sogar unter 1 Prozent. Mit besseren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen oder mehr Zuversicht in die Rückzahlungsfähigkeit des Landes hat das wenig zu tun. Im Gegenteil: Jahr für Jahr stieg die Verschuldungsquote des Landes weiter an, von 120 Prozent Ende 2011 auf 135 Prozent im Jahr 2015, bis aktuell 155,8 Prozent.

Dass diese Politik nicht ohne Risiko ist, wird in Kauf genommen. Laut Schulbuch müsste eine derartige Erhöhung der Geldmenge in einer höheren Inflation enden – also in einer Entwertung des Geldes. Da das neue Geld aber nicht bis bei den Verbrauchern ankommt, sind die Folgen in der offiziellen Inflationsrate nicht sichtbar – doch steigen beispielsweise die Preise von Wertpapieren und Immobilien. Auch über Themen wie Eigenverantwortung der Staaten wird nicht mehr geredet. Ob ein Land fähig ist, die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten, um für die nächste Krise gerüstet zu sein, wird auch nicht mehr gefragt. Europaweit ist die Verschuldungsquote letztes Jahr um 14,1 Prozentpunkte auf 98 Prozent gestiegen. Laut den (außer Kraft gesetzten) Regeln der Währungsunion sollte kein Land mehr als 60 Prozent Schulden haben. Der Anreiz, solide zu haushalten, wird ausgehebelt.

Doch während die Politik der Notenbank verhindert, dass die Zinssätze von hoch verschuldeten Ländern in die Höhe schnellen, hat sie Folgen für alle Länder. Länder, die ordentlich haushalten und als vertrauenswürdige Schuldner gelten, müssen im Schnitt seit Ende 2019 überhaupt keine Zinsen auf ihren Darlehen mehr zahlen. Die Sicherheit, dass sie ihr Geld in einigen Jahren wieder zurückerhalten werden, reicht den Geldgebern. Während Kreditgeber im März 2021 im Schnitt eine Rendite von 0,7 Prozent auf zehnjährigen italienischen Staatsanleihen erhielten, so waren sie bereit, Ländern wie Luxemburg oder Deutschland 0,4 Prozent dafür zu bezahlen, um ihnen Geld zu leihen. 

Luxemburger Staatsschulden: Negativzinsen seit 2019

Das erste Mal, als Luxemburg von Geldgebern für die Aufnahme neuer Schulden bezahlt wurde, war im November 2019. Insgesamt 1,7 Milliarden Euro frisches Geld hatte das Großherzogtum damals an den Märkten eingesammelt. Die Geldgeber akzeptierten einen Zinssatz von minus 0,247 Prozent. Dennoch war das Interesse der Investoren groß: Angebote von über 6,4 Milliarden Euro waren eingegangen. Seitdem ging es so weiter. Auch bei der letzten Staatsanleihe, mit der der Staat die Märkte im März 2021 angezapft hatte. Wieder war der Zinssatz negativ und das Angebot an Geld deutlich höher als die vom Staat gesuchte Summe.

Für die „Trésorerie de l’Etat“, das Luxemburger Schatzamt, ist es eine willkommene Entwicklung. Obwohl die Anzahl der geliehenen Milliarden seit der Finanzkrise stetig gestiegen ist, sind die Zinszahlungen seit Jahren rückläufig. Während das Land 2013 insgesamt 245 Millionen Euro zahlte, so war die Zahl bis 2020 auf 149 Millionen Euro an Zinszahlungen gefallen. Das geht aus dem „Programme de stabilité et de croissance“ (PSC) hervor.

In Zukunft geht der Staat von einem weiteren Rückgang des Volumens der Zinszahlungen aus. Dennoch wird die Staatsschuld das Land, auch weiterhin, Geld kosten. Die Zahlungen werden nicht auf null – und schon gar nicht unter null – fallen. Bis 2025 soll das Volumen der Zinszahlungen, laut PSC, auf unter 80 Millionen Euro zurückgehen.

Hintergrund ist, dass der Staat Darlehen zu einem festen Zinssatz aufnimmt und es auch nach 2025 noch „alte Kredite geben wird, die Geld kosten“, so das Schatzamt auf Nachfrage. Zudem plane man „konservativ“, was die Kosten von neuen Krediten anbelangt, die entweder zur Deckung der künftigen Staatsdefizite oder zur Rückzahlung bestehender Darlehen anfallen werden, erklärt das Finanzministerium. Man weiß nicht, wie es mit der Zinspolitik und den Märkten weitergehen wird. Man ist eher vorsichtig. „Wir verlassen uns nicht darauf, dass das Land auch 2025 immer noch Kredite zu negativen Zinsen bekommen wird“, teilt das Schatzamt mit.

Ähnlich ist die Lage in Deutschland: Trotz Negativzinsen erwartet die Bundesregierung, dass sie in diesem Jahr Zinsen in Höhe von 10,3 Milliarden Euro auf den Staatsschulden bezahlen muss, wie die Nachrichtenagentur Reuters Ende April berichtete. Im Vorjahr waren die Zinsausgaben, ungeachtet der Neuverschuldung in Rekordhöhe, auf 6,4 Milliarden Euro gefallen, den niedrigsten Wert seit Jahrzehnten. Wegen der am Markt wieder leicht anziehenden Zinsen habe die Bundesregierung den Posten für erwartete Zinsausgaben für 2021 jedoch wieder auf 10,3 Milliarden Euro hochgeschraubt.

Eine Prämie von 11,275 Millionen Euro

Demnach zahlt auch Deutschland künftig weiter Zinsen auf den Staatsschulden. Das obwohl das Land im ersten Quartal 2021 „beim Schuldenmachen rund 2 Milliarden Euro verdient“ hat, wie Reuters berichtet hatte. Hintergrund ist die Funktionsweise der Staatsanleihen mit Negativzinsen: Eigentlich handelt es sich um Darlehen, auf denen keine/null Zinsen gezahlt werden. Jedoch erhält der Kreditnehmer (in diesem Fall der Staat) gleich zu Beginn mehr Geld vom Kreditgeber, als dieser zurückbekommen wird. Bei jedem neuen Kredit mit Negativzinsen erhält der Staat demnach gleich zu Beginn eine Art einmalige Sonderprämie. Bei großen Ländern, die viele neue Kredite im Jahr aufnehmen, summieren sich diese Prämien. Die für das Schuldenmanagement des Bundes verantwortliche Finanzagentur will in diesem Jahr über 471 Milliarden Euro bei Investoren einsammeln.

Auch Luxemburg verdient derzeit Geld bei der Emission von Anleihen zur Finanzierung des Staatshaushalts. Bei der bereits erwähnten Emission von Anleihen im März 2021, als der Staat 2,5 Milliarden zu Negativzinsen einsammelte, hat er von den Geldgebern mehr als die gesuchte Summe erhalten. Sozusagen eine Prämie von 11,275 Millionen Euro. In den kommenden zehn Jahren wird auf dieser Anleihe nun niemand mehr Zinsen zahlen – oder erhalten. Nach Ende der Laufzeit wird der Staat den Geldgebern dann die geliehenen 2,5 Milliarden zurückzahlen. „Im aktuellen Umfeld verdienen wir mit neuen Schulden Geld“, so das Ministerium.

Trotzdem sind die Negativzinsen keine echte, nachhaltige Einnahmequelle für den Staat: Es ergebe keinen Sinn für Luxemburg, sich nun 50 Milliarden Euro am Markt zu leihen, so das Schatzamt gegenüber dem Tageblatt. Das Geld werde nicht benötigt. Man müsste es demnach – mit negativem Zinssatz – auf einem Sparkonto lagern. „Das würde sich nicht lohnen“, so das Ministerium. (Zudem muss das Geld auch irgendwann wieder zurückbezahlt werden.) „Würde sich das lohnen, dann hätten auch schon andere Länder das gemacht“, erklärt das Schatzamt. Manchmal gehe man zwar, wenn die Bedingungen gut sind, etwas früher an den Markt als geplant. Aber nicht auf Sicht von fünf oder zehn Jahren.

Auch das früher als geplante Zurückbezahlen von (alten) Krediten sei eher keine Option, so das Ministerium weiter. Theoretisch sei ein Rückkauf zwar möglich – praktisch gesehen jedoch nicht zielführend: Bei der ursprünglichen Ausgabe der Anleihen wurden ein fester Zinssatz und eine feste Laufzeit vereinbart. Eine Klausel zur vorzeitigen Rückzahlung gibt es nicht. Damit sich eine solche Operation für die Geldgeber lohne, müsse man ihnen also etwas bieten. Es würde demnach ein aufwendiges Unterfangen – für einen nur kleinen Effekt – werden.

Eine bessere Entwicklung als erwartet

Trotzdem dürften sich die Luxemburger Zahlen zur Verschuldung künftig wohl besser entwickeln als geplant. So hat es in den ersten Monaten des Jahres 2021 eine deutlich bessere Entwicklung bei den Staatsfinanzen gegeben als erwartet. Die schlimmen Prognosen, wie sie im Oktober 2020 erstellt wurden, werden sich nicht erfüllen. Damals wurde erwartet, dass das Defizit beim Zentralstaat 2020 bei rund 5 Milliarden – und im laufenden Jahr bei 2,5 Milliarden – liegen würde. Aktuell wird laut PSC für 2020 mit einem Minus beim Zentralstaat von 3,34 Milliarden beziehungsweise 2,1 Milliarden für 2021 gerechnet.

Möglicherweise könnte es daher weniger Bedarf für neue Kredite geben als zunächst angenommen. Demnach dürfte Luxemburg auch weiterhin als vertrauenswürdiger Kreditnehmer gelten – und es lohnt sich, solide Staatsfinanzen zu haben. Bereits heute geht das Ministerium davon aus, dass die Zinskosten 2025 wahrscheinlich nicht bei 80 Millionen, sondern eher bei unter 70 Millionen Euro liegen werden.

Nomi
14. Mai 2021 - 11.10

Bei deser NiddrechZensPolitik bleift engem soss Naischt iwrech, wann een dann besgen Kapital huet, fir an den Immobilier (Monokultur) ze investei'eren. Daat dreift och d'Immobilienpreisser well et do elo vill Investisseuren ginn, dei' och heich Preisser an Kaaf huelen. Innerhalb vun 1 johr ass den Iwerpreis (>12%) schons rem ran geholl ! Di NullZensPolitik fei'ert och dozo'u datt Alles mei' dei'er gett, mee d'Salairen klammen net. Dann gett de Seuil vun der Armut emmer mei' hei'ch !

J.Scholer
14. Mai 2021 - 9.10

Unser Staat wie auch die luxemburgische Gesellschaft leben auf Pump. Seit der von der EU Zentralbank instruierten Zinspolitik, das Sparen verpönt, der Kleinsparer geschröpft ist es wohl nur eine Zeitfrage bis diese Schuldenblase platzt. Eigentlich müsste dem letzten Bürger klar sein, die Inflation sprich die Entwertung des Geldes längst Tatsache ist. Man vergleiche die Lebenshaltungskosten, die Verteuerung der Waren der letzten Jahre und man merkt schnell wie wenig unser erarbeitetes Geld noch wert ist.

Dany
14. Mai 2021 - 8.55

't EZB dreift eis an eng Rezessioun mat onbekanntem Ausmooss. Wat Folgen dovun Sin gesinn mer an der Geschicht. Also molt eis Zukunft net rosarout. Schwarz as ubruecht well mir gin mat Riiseschretter 't Baach an. Merci eiser esou effizienter Regierung.