Alarmrufe in Italien / „Menschliches Drama“: Über 2.000 Bootsmigranten erreichen Lampedusa
Auf dem Mittelmeer zwischen Nordafrika und Sizilien nimmt die Zahl der Bootsmigranten stark zu. Mehr als 2.000 Menschen kamen in kurzer Zeit auf Lampedusa an. Private Seenotretter werden von Rom trotzdem weiter ausgebremst.
Auf der kleinen italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa sind innerhalb kurzer Zeit mehr als 2.000 Bootsmigranten angekommen – und weitere Boote wurden am Montag erwartet. Das berichtete die Nachrichtenagentur Ansa. In Italien mehrten sich die Alarmrufe, nachdem sich die Zahl der Ankünfte im Vergleich zum Vorjahr insgesamt verdreifacht hat. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson rief die EU-Staaten zur Hilfe auf.
In der Nacht zu Montag hatten Patrouillenschiffe vor Lampedusa mehrere hundert Menschen aus kleinen Booten aufgenommen und an Land gebracht. Andere erreichten laut Ansa selbst die Küste. Damit sei die Zahl der Männer, Frauen und Kinder, die auf der Insel innerhalb von 24 Stunden bei 20 Anlandungen registriert wurden, auf 2.128 gestiegen. Lampedusa liegt zwischen Nordafrika und der Hauptinsel Sizilien, zu der das Eiland verwaltungsmäßig gehört. Auf Lampedusa leben normalerweise rund 6.000 Einwohner.
Jeder weiß, dass in den kommenden Wochen viele Migranten auf dem Meer sterben werden – aber niemand rührt einen Finger, weder in Rom noch in BrüsselSizilianischer Regionalpräsident
Der sizilianische Regionalpräsident Nello Musumeci sprach von einem „menschlichen Drama der Migranten im Mittelmeerraum“, das ungelöst sei. Jeder wisse, dass in den kommenden Wochen viele Migranten auf dem Meer sterben würden. „Aber niemand rührt einen Finger, weder in Rom noch in Brüssel“, schrieb er auf Facebook. Nach UN-Angaben starben in diesem Jahr etwas mehr als 500 Migranten im zentralen Mittelmeer.
In den vergangenen Wochen hatten auch private Seenotretter auf dem Mittelmeer beobachtet, dass sich wieder sehr viele Migranten in Schlauchbooten und kleinen Holzschiffen auf die gefährliche Fahrt Richtung Europa machen, oft von Libyen und Tunesien aus. Ein Grund sei das gute Maiwetter mit oft ruhiger See, hieß es.
Andere EU-Staaten sollen Italien helfen
Seit Beginn des Jahres kamen nach einer Zählung des Innenministeriums in Rom bis Montagmorgen insgesamt fast 12.900 Migranten nach Italien. Vor einem Jahr waren es zum gleichen Zeitpunkt gut 4.180. Besonders viele stammen aus Tunesien, der Elfenbeinküste und aus Bangladesch. Rechte Parteien, darunter die mitregierende Lega von Ex-Innenminister Matteo Salvini, warnten am Wochenende vor „Tausenden illegalen Einwanderern“. Rom ist bemüht, Bootsmigranten schnell innerhalb der Europäischen Union (EU) in andere Länder weiterzuverteilen. Viele dieser Länder wehren sich aber dagegen.
EU-Innenkommissarin Johansson rief die anderen EU-Staaten am Montag in Brüssel dazu auf, Migranten aus Italien umzusiedeln. Sie wisse, dass dies während der Pandemie schwierig sei. Doch es sei möglich. „Nun ist Zeit, Solidarität mit Italien zu zeigen und zu helfen.“ Sie habe am Montag bereits mit Italiens Innenministerin Luciana Lamorgese telefoniert. Zudem nehme ihr Team Kontakt mit anderen EU-Staaten auf und bitte sie um Solidarität.
Eine langfristige Lösung sei eine Einigung der EU-Staaten und des Europaparlaments auf die Asylreform, die sie im September vorgeschlagen habe, sagte Johansson. Parallel dazu müsse jedoch eine Übergangslösung gefunden werden. Da es keine rechtliche Grundlage dafür gebe, sei man jedoch komplett von der Solidarität der EU-Staaten abhängig.
Der Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR), Filippo Grandi, wies bei seinem Besuch in Brüssel darauf hin, dass es sich bei den Ankünften noch immer um handhabbare Zahlen handele. Es brauche nur einen vorhersehbaren Mechanismus der EU-Staaten zur Rettung und Verteilung der Menschen. (dpa)
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„…dass es sich bei den Ankünften noch immer um handhabbare Zahlen handele.“ Noch. Und was kommt danach? Die Salvinis,Le Pens usw. an den Regierungen? Die Flüchtlinge müssen zuhause bleiben können.Sie fliehen die Armut und wollen ins Schlaraffenland.Wir würden das auch tun.