Bildungswesen„Lënster Lycée“ baut Partnerschaft mit „Aquinas High School“ im Wisconsin aus

Bildungswesen / „Lënster Lycée“ baut Partnerschaft mit „Aquinas High School“ im Wisconsin aus
Sollte es die sanitäre Lage zulassen, wollen sich die Schüler aus Junglinster spätestens im Herbst 2022 mit ihren Freunden der „Aquinas High School“ in La Crosse (Wisconsin) treffen Foto: City of La Crosse

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Zwischen dem „Lënster Lycée“ und der „Aquinas High School“ im US-Bundesstaat Wisconsin bahnt sich eine gute Freundschaft an. Trotz oder vielmehr wegen der sanitären Krise sind sich beide Bildungseinrichtungen in den letzten Monaten näher gekommen. Mit dem Ziel, eine facettenreiche Partnerschaft zwischen beiden Schulen aufzubauen, von denen die Schüler auf beiden Seiten profitieren können. Der nächste Schritt? Ein persönliches Treffen zwischen guten Freunden.

Auf der Flucht vor Armut, Krankheit und Hungersnot suchen ab Mitte des 19. Jahrhunderts zehntausende Luxemburger ihr Glück im Ausland. Eine wahre Auswanderungswelle erfasst das Großherzogtum, ganze Dörfer wirken auf einen Schlag wie ausgestorben. Bis zu 70.000 Einwohner sollen das Land – vorsichtigen Schätzungen zufolge – zwischen 1830 und 1900 verlassen haben. Die meisten davon folgen dem verlockenden Ruf der Neuen Welt jenseits des Atlantiks.

Zusammen mit den Deutschen, Franzosen, Niederländern und Belgiern gehören die Luxemburger zu der zweiten großen Einwanderungswelle aus Europa. Zuvor hatten sich Italiener und Iren vor allem entlang der Ostküste angesiedelt. Ihre Nachfolger aus Westeuropa zieht es dann eher landeinwärts, in die Bundesstaaten rund um die großen Seen, wo billige Ländereien darauf warten, bewirtschaftet zu werden.

Inzwischen sind die Nachfahren integraler Teil der amerikanischen Gesellschaft geworden, doch ihr Erbe haben sie dennoch nicht vergessen. So wurde 2004 etwa die „Luxembourg American Cultural Society“ (LACS) von US-Amerikanern mit Luxemburger Wurzeln ins Leben gerufen. Mit dem Ziel, das Erbe der Luxemburger Einwanderer in den USA zu erhalten und die engen Bande zwischen beiden Ländern weiter zu fördern. Zum Beispiel mit einem jährlichen „Luxembourg Fest“, einem schmucken Kulturzentrum – und neuerdings auch mit der Patenschaft einer Zusammenarbeit zwischen dem „Lënster Lycée“ und der „Aquinas High School“ aus La Crosse im US-Bundesstaat Wisconsin.

Seit Herbst letzten Jahres tauschen sich acht Jugendliche aus den USA regelmäßig mit 15 Schülern einer „4e classique“ aus Junglinster aus. Aus den ursprünglichen Videokonferenzen und einem regen E-Mail-Austausch sind inzwischen richtige Freundschaften entstanden, die weit über die Grenzen des Unterrichts hinaus gehen. Über die sozialen Medien und Telefon bleiben die Schüler miteinander in Kontakt – in der Hoffnung, sich in naher Zukunft irgendwann auch persönlich begegnen zu können.

Das physische Treffen zwischen Schülern und Betreuern steht natürlich ganz oben auf der Prioritätenliste dieser noch jungen Partnerschaft. Allerdings hat auch in dieser Hinsicht die sanitäre Krise so manche Pläne bisher durchkreuzt. Mit etwas Glück aber soll das erste Treffen im Sommer 2022 in Junglinster stattfinden. „Die Schüler aus Wisconsin haben Ende Mai Sommerferien. Geplant ist, dass sie dann nach Luxemburg kommen. Und wir zur US-Rentrée während unserer Ferien in die Vereinigten Staaten fliegen“, erklärt Biologie-Professor Marc Zimer, der „Lënster“ Koordinator dieser Partnerschaft.

Worte, denen beide Seiten unbedingt Taten folgen lassen wollen. Denn: „Es handelt sich um ein großes, wichtiges Projekt“, so Zimer. „Noch befinden wir uns im Anfangsstadium. Unser Wunsch war es, die Luxemburger Kultur mit der amerikanischen Kultur zusammenzuführen.“ Dass vor allem die Schüler auf beiden Seiten von einem solchen Austausch profitieren sollen, liegt natürlich auf der Hand. Ziel ist es demnach, ein facettenreiches Programm auf die Beine zu stellen, das gleich mehrere Disziplinen vereint.

„Es muss einfach passen“

So wurde auf „Lënster“ Seite mit dem digitalen Austausch ursprünglich bereits die Sprachkenntnis der Schüler im Englischen gefördert. In einer nächsten Phase sollen dann auch andere Aspekte eine wichtigere Rolle einnehmen. Wie etwa die Ereignisse um die beiden Weltkriege, Nachhaltigkeitsfragen und andere wissenschaftliche Partnerschaften. „So entstand etwa die Idee, die Auswanderungswelle näher unter die Lupe zu nehmen und nachzuforschen, ob sich Einwohner aus Junglinster in der Gegend um La Crosse niedergelassen haben“, erklärt Zimer.

So hat zumindest ein Alumnus der „Aquinas High School“ bereits engere Verbindungen zum Großherzogtum: James Birnbaum, der Vizepräsident des LACS. Er war es auch, der auf Zimers Betreiben hin den Kontakt zur Highschool in La Crosse hergestellt hatte, nachdem Versuche mit anderen Schulen zuvor gescheitert waren.

„Es muss einfach passen“, betont Marc Zimer. Und dies sei bei der Schule aus dem kleinen Städtchen am Mississippi der Fall. Das beweist nicht zuletzt auch das steigende Interesse auf amerikanischer Seite: Hatten sich im Herbst 2020 noch acht Schüler für den Partnerschaftskurs gemeldet, sind es im kommenden Schuljahr bereits 32. Betreut werden die US-Jugendlichen vom Schülerberater Ryan Schaller, der auch für internationale Programme verantwortlich zeichnet.

Auf Luxemburger Seite steht derzeit allerdings noch ein Fragezeichen, was die genaue Zusammensetzung fürs kommende Schuljahr angeht. Dass die Partnerschaft weitergeführt wird, steht außer Frage. Nur mit welcher Klasse, steht aktuell noch nicht fest: „Weil die Schüler der 4e nun ihre Sektion wählen müssen und das Lycée nicht alle Sektionen anbieten kann“, erklärt Marc Zimer. Doch auch wenn manche Jugendliche im Herbst die Schule wechseln sollten: „Fürs Treffen werden sie auf jeden Fall eingeladen“, verspricht der Biologielehrer.

Freunde statt Fremde

Freuen dürfte dies unter anderem Sidney, die sich in den letzten Monaten mit einer Austauschschülerin aus Thailand angefreundet hat, die derzeit in La Crosse die Schule besucht. „Auf diese Weise konnte ich nicht nur mehr über Amerika erfahren, sondern auch über die thailändische Kultur“, betont die junge Frau. Ihr Anliegen war es vor allem, sich sprachlich weiterzuentwickeln. Zunächst habe man sich per E-Mail verständigt und soziale Medien. Inzwischen telefonieren beide sogar regelmäßig miteinander, wobei sie all mögliche Themen anschneiden.

Fremd sind die Vereinigten Staaten Sidney nicht. Ihr Vater sei fasziniert von dem großen Land jenseits des Atlantiks und habe diese Begeisterung bereits früh mit der Schülerin geteilt. „Allerdings war ich selbst noch nie in den USA, weshalb ich mich wirklich auf das Treffen freue. Telefon und soziale Medien sind toll, doch der persönliche Kontakt ist immer noch am besten“, meint Sidney.

Große kulturelle Unterschiede habe sie persönlich keine festgestellt im Austausch mit den neuen Freunden in den USA. Auch sprachlich habe es keine größeren Probleme gegeben. Am meisten überrascht habe sie lediglich der Umstand, dass die Schüler in Wisconsin bereits Ende Mai Sommerferien haben. Und: „Wie offen die Amerikaner doch sind. Sie haben uns relativ rasch von ihrem Leben erzählt, von ihren Hobbys und anderen Tätigkeiten“, wundert sich Sidney. „Auch wollten sie nach nur kurzer Zeit bereits mit uns telefonieren. Hier sind die Leute doch etwas zurückhaltender.“

Dass der Anfang vielen Schülern auf beiden Seiten schwergefallen sei, musste hingegen Ryan Schaller feststellen. „Am Anfang waren die Schüler doch etwas scheu. Es war etwas schwierig, sie bei den Videokonferenzen zum Reden zu bringen“, lacht Ryan auf. Mit der Zeit sei das Eis dann aber gebrochen. „Wohl auch ein Vorteil der sanitären Krise: Auf diese Weise konnten wir Feintuning im Prozess vornehmen und die Partnerschaft vorsichtig aufbauen.“

„Positive change“ gemeinsam herbeiführen, das sei seine Hoffnung, so Schaller. Er sei sich bewusst, dass sich die Vereinigten Staaten in den letzten vier Jahren vor allem politisch nicht von ihrer feinsten Seite gezeigt hätten. „Diese Partnerschaft bietet uns die Möglichkeit, positive Diplomatie zu betreiben. Wir wollen zeigen, dass gewisse Politiker nicht die gesamte Bevölkerung repräsentieren.“ Auf das Engagement seiner Schüler in dieser Hinsicht sei er besonders stolz.

Eine dieser Schülerinnen ist Amelia. Sie ist ein „Senior“, steht also kurz vor dem Abschluss. Auch sie steht im regelmäßigen Austausch mit Schülern des „Lënster Lycée“, wobei sie vor allem mehr über die kulturellen Unterschiede zwischen beiden Gesellschaften erfahren wollte. Überrascht habe sie die schöne Landschaft Luxemburgs, die Architektur und das Bildungswesen. „Vor allem sprachlich sind uns die Luxemburger weit voraus“, lacht die junge Frau auf. So habe sie zwar kleine, feine Unterschiede im Englischen bemerkt. „Das Niveau im Allgemeinen aber ist sehr, sehr hoch. Wir konnten uns gut miteinander verständigen“, so Amelia.

„Im Endeffekt aber überwiegen nicht die Unterschiede zwischen beiden Kulturen, sondern die Gemeinsamkeiten“, stellt Ryan Schaller fest. Die Partnerschaft sei bisher eine „verbindende Erfahrung“ gewesen – „a uniting and bonding experience“, wie der Schülerberater betont. „Ob Musik, Hobbys, Pop-Kultur oder andere Tätigkeiten, es gibt so viele Überschneidungen zwischen den Schülern, aber auch zwischen uns Lehrern“, so Schaller. „Jeder einzelne Austausch bestätigt uns in der Feststellung, dass wir uns eigentlich viel ähnlicher sind, als dass wir verschieden wären.“

Das „Lënster Lycée“ wird die Partnerschaft auf jeden Fall ausbauen. Nur ist noch nicht klar, welche Klassen ab Herbst am Programm teilnehmen.
Das „Lënster Lycée“ wird die Partnerschaft auf jeden Fall ausbauen. Nur ist noch nicht klar, welche Klassen ab Herbst am Programm teilnehmen. Foto: Editpress/Didier Sylvestre