ÖsterreichFPÖ-Chef Hofer befeuert mit Ruf nach FFP2-Masken eine Führungskrise

Österreich / FPÖ-Chef Hofer befeuert mit Ruf nach FFP2-Masken eine Führungskrise
FPÖ-Chef Norbert Hofer legt sich mit dem Fraktionschef der Rechtspopulisten im österreichischen Nationalrat, Herbert Kickl, an Foto: Joe Kalmar/AFP

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Mit einem Aufruf an alle Abgeordneten, im Nationalrat FFP2-Masken zu tragen, hat FPÖ-Chef Norbert Hofer offenen Widerstand aus seiner eigenen Partei provoziert. Dabei geht es allerdings keinesfalls nur um den Corona-Schutz.

Seit der demnächst unter Korruptionsanklage vor Gericht stehende Heinz-Christian Strache vor bald zwei Jahren wegen des Ibiza-Skandals die FPÖ-Spitze verlassen musste, tobt dort ein mehr oder weniger offen ausgetragener Machtkampf zwischen Parteichef Norbert Hofer und Fraktionsobmann Herbert Kickl. Hofer steht für einen netten, weitgehend ohne Verunglimpfungen auskommenden Rechtspopulismus. Vielen gilt der Burgenländer, der 2016 mit seiner freundlichen Attitüde beinahe die Bundespräsidentenwahl gewonnen hätte, allerdings nur als Wolf im Schafspelz.

Kickl hält dagegen nichts von der sanften Tour und setzt auf – rhetorisch meist brillant vorgetragene – Polarisierung. Berührungsängste mit Rechtsextremisten hat der Ex-Innenminister keine. Ihn stört es nicht, wenn zu seinen Protestkundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen der türkis-grünen Regierung auch bekannte Neonazis wie der vielfach einschlägig vorbestrafte Gottfried Küssel kommen. Sein Slogan „(Kanzler Sebastian) Kurz muss weg“ findet an der Parteibasis begeistertes Echo.

Good cop, bad cop

Die Doppelspitze soll der FPÖ helfen, sich nach dem Ibiza-Absturz wieder breiter aufzustellen. Der sympathische Hofer umgarnt an die ÖVP verlorene Konservative, der angriffige Kickl bedient das rechtsextreme Lager inklusive Corona-Querdenker, Impfgegner und Covidioten. Allmählich steigende Umfragewerte lassen auf einen Erfolg dieser Good-cop-bad-cop-Taktik schließen.

Allerdings funktioniert das nicht auf Dauer, wie der jetzt ausgebrochene Schutzmaskenstreit zeigt. Dieser entzündete sich an der Auseinandersetzung um eine FFP2-Maskenpflicht im Plenum des Nationalrates, die von allen Parteien außer der FPÖ gefordert wurde. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hatte die Hausordnung entsprechend geändert, allerdings ist die Maskenpflicht nicht mit Sanktionen bewehrt, weil es für die erforderliche Änderung der Geschäftsordnung keine Mehrheit gibt. Kickl ließ umgehend wissen, dass er zwar beim Einkaufen im Supermarkt die Maske trage, nicht aber im Parlament. Dafür erntete er nicht nur scharfe Kritik der anderen Parteien, sondern auch von Parteifreund Hofer. Dieser räumte als Dritter Nationalratspräsident zwar ein, das freie Mandat erlaube es, sich im Parlament der Hausordnung zu entziehen. Aber: „Wer das tut, stellt sich in einer Selbstüberhöhung über alle Menschen, die sich an Regeln halten müssen. Ich respektiere als Präsident die Hausordnung und erwarte das von allen Abgeordneten.“ Also auch von der FPÖ und Herrn Kickl. Der ignoriert freilich die Aufforderung seines Chefs demonstrativ – und weiß dabei die Fraktion hinter sich.

Hofer, der im Gegensatz zu Kickl auch klarer Impfbefürworter ist, sieht sich intern einer breiten Ablehnungsfront gegenüber. Die freiheitlichen Mandatare hätten sich „allesamt hinter Kickl gestellt“, berichtete der blaue Bundesrat Johannes Hübner aus einer Fraktionssitzung. Hofer könne „nicht für die Abgeordneten sprechen und sie zu gar nichts zwingen“. Indirekt wird schon mit dem Rausschmiss gedroht: Sollte es nicht gelingen, mit Hofer eine gemeinsame Linie zu finden, stellt Hübner eine „Trennung im Vernünftigen und im Interesse der Bewegung, der Partei und unserer Weltanschauung“ in den Raum. Der am rechtsextremen Flügel verortete Bundesrat ist zwar keine bestimmende Größe der FPÖ, außer dem selbst gerade eine lebensbedrohliche Covid-Erkrankung überstanden habenden oberösterreichischen Landesparteichef Manfred Haimbuchner fand sich aber keine Parteigrande, die Hofer zur Seite gesprungen wäre.

Dass dieser Konflikt mehr ist als ein Streit ums Maskentragen, zeigt ein ebenfalls auf Hofer zielender Beschluss der FPÖ-Fraktion: Demnach wird ein fliegender Wechsel in eine Koalition mit der ÖVP von Kanzler Kurz kategorisch ausgeschlossen. Da der Haussegen in der türkis-grünen Koalition schief hängt und nur Corona Schlimmeres verhindert, wird seit einiger Zeit darüber spekuliert, ob Kurz nach der Pandemie einem anderen Partner schöne Augen machen könnte. Hofer trauert der an Ibiza-Gate gescheiterten Regierung mit der ÖVP noch heute nach. Kickl will dagegen nur eines: Rache an und kein neues Techtelmechtel mit Kurz.