Mindeststeuer für UnternehmenDie Debatte zeigt: Luxemburg ist kein Steuerparadies mehr

Mindeststeuer für Unternehmen / Die Debatte zeigt: Luxemburg ist kein Steuerparadies mehr
US-Präsident Joe Biden will die US-Unternehmenssteuern, die sein Vorgänger Donald Trump gesenkt hat, wieder anheben. Ein globaler Mindeststeuersatz soll sicherstellen, dass der Standort USA dabei nicht an Attraktivität verliert.  Foto: AFP/Andrew Harnik 

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Um große Konzerne an den Kosten des milliardenschweren US-Infrastrukturprogramms zu beteiligen, soll ein internationaler Mindeststeuersatz eingeführt werden. Den Steuerparadiesen soll es so an den Kragen gehen. Wer Opposition aus Luxemburg erwartet hat, wurde eines Besseren belehrt.

Als die US-Regierung Anfang April erklärte, das seit 30 Jahren andauernde weltweite Wettrennen um die niedrigsten Steuersätze beenden zu wollen, gab es europaweit viel Zustimmung. Auch der Europaabgeordnete Sven Giegold, der sich einen Namen als „Steuerparadies-Kritiker“ gemacht hat, lobte die Initiative. Der andiskutierte minimale Steuersatz von 21 Prozent „würde auch europäische Steueroasen wie Luxemburg und Irland effektiv treffen“, wurde er von Deutschlandfunk Nova zitiert.

Doch Zustimmung für das Vorpreschen der US-Regierung kam nicht nur von bekannten „Steuerparadies“-Kritikern. Auch Luxemburgs Finanzminister Pierre Gramegna gab der internationalen Gemeinschaft schnell zu verstehen, dass sich das Großherzogtum einer derartigen Initiative nicht verschließen würde. Im Gegenteil: „Die Vorschläge der USA gehen in die richtige Richtung und sind im besten Interesse sowohl Europas als auch der Vereinigten Staaten“, erklärte er in einem Bloomberg-Interview kurz nach der Aussage. „Wir brauchen mehr Solidarität, wir müssen den Werkzeugkasten vieler multinationaler Unternehmen zerbrechen, die versuchen, ihre Steuern nahe null zu senken. (…) Wir müssen einen Wettlauf nach unten vermeiden“, so der Finanzminister. Luxemburg sei „sehr froh“, dass diese Diskussion stattfindet.

Vor zehn Jahren, als es galt, für die Folgekosten von Finanz- und Schuldenkrise aufzukommen, war die Lage zwar ähnlich, aber die Luxemburger Reaktion eine ganz andere: Auf der Suche nach neuen Einnahmequellen war das Bankgeheimnis ins Visier der großen Länder geraten. Luxemburg, wie auch die Schweiz, wehrten sich mit Händen und Füßen. Erst als die USA den „Foreign Account Tax Compliance Act“ (FATCA) (ein Gesetz, das ein Weiterleiten von Informationen über Vermögen von in den USA steuerpflichtigen Personen verpflichtend machte) einführten, war das traditionelle Bankgeheimnis derart aufgeweicht, dass es abgeschafft wurde. Heute stehen die Unternehmenssteuern im Visier der großen Länder. Diskutiert wird nicht über Steuerehrlichkeit und Steuer-CDs, sondern über Steuersätze von Unternehmen.

Endlich Ruhe in die Diskussion bringen

Jedoch ist Luxemburg nicht mehr das gleiche Land. Es will nicht mehr als „Steuerparadies“ wahrgenommen werden. Aufeinanderfolgende Skandale haben zu Reformen geführt und den Standort verändert. Finanzminister Pierre Gramegna hat immer wieder betont, das Land regelkonform machen zu wollen. So ist beispielsweise die Zahl der laufenden Steuervorbescheide (Rulings) nach LuxLeaks und den darauf erfolgten Verfahrensänderungen von 599 Ende 2016 auf 14 Ende 2018 gefallen.

„Luxemburgs Gesetzgebung ist in vollem Einklang mit allen EU- und internationalen Vorschriften und Transparenzstandards und wendet ausnahmslos alle EU- und internationalen Maßnahmen zum Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten und zur Bekämpfung von Steuermissbrauch und Steuervermeidung an“, antwortete der Minister auf die rezenten im Rahmen von OpenLux geäußerten Vorwürfe. „Weder die EU noch die OECD haben ein schädliches Steuersystem oder schädliche Steuerpraktiken in Luxemburg festgestellt.“

Die Reaktion auf den US-Vorschlag ist daher eigentlich keine Überraschung. Es ist die Fortsetzung der bisherigen Politik. Er hoffe, dass ein derartiger Schritt endlich ein bisschen Ruhe in die Diskussion um Steuerdumping bringen könne, so Pierre Gramegna letzte Woche gegenüber RTL. Das sei gut für Luxemburg. Zudem werde ein minimaler globaler Steuersatz der Attraktivität des Großherzogtums nicht schaden, unterstrich er. So sind etwa Befürchtungen, dass der Wegfall des Bankgeheimnisses zu einer Krise im Finanzsektor führen könnte, nie eingetreten. Im Gegenteil: In den letzten Jahren haben Luxemburgs Privatbanken ein starkes Wachstum verbucht. 

Noch viele mögliche Streitpunkte

Im Vergleich zu manch anderen europäischen Ländern fällt es dem Luxemburger Minister zudem relativ leicht, sich so zu äußeren. Mit 24,94 Prozent zählt Luxemburgs ausgeschriebener Steuersatz nicht zu den günstigen in Europa. Den „einfachen“ Steuerwettbewerb machen heute andere Länder, allen voran Irland mit sehr unternehmerfreundlichen 12,5 Prozent. Auch deutlich niedriger als in Luxemburg sind die Abgaben in Rumänien (16 Prozent), Bulgarien (10 Prozent) und Ungarn (9 Prozent), wie Zahlen der OECD zeigen.

Gleichzeitig weiß der Minister auch, dass es noch längst keine internationale Einigung gibt. Mögliche Streitpunkte gibt es noch viele. Zwar reagierten sowohl der deutsche als auch der französische Finanzminister mit viel Begeisterung – beide sprachen von einer „Revolution im internationalen Steuerrecht“. Doch haben sie auch eigene Befürchtungen und eigene Interessen: Während man in Frankreich sicherstellen will, dass auch die großen US-Internetkonzerne zahlen müssen, so stellt man sich in Deutschland die Frage, wie viele Steuereinnahmen von exportierenden Betrieben verloren gehen werden. Zudem ist der Bundesrepublik bewusst, dass auch bei einem Mindeststeuersatz von 21 Prozent die Forderungen nach Steuersenkungen nicht verschwinden werden – immerhin gilt in Deutschland ein Satz von rund 30 Prozent.

Und zu aller Vorsicht hatte Pierre Gramegna gegenüber von Bloomberg noch die Anmerkung hinzugefügt, dass einige europäische Länder, zum Beispiel kleine offene Volkswirtschaften wie die Benelux-Länder, skandinavische Länder oder Irland Vorbehalte gegenüber dem Plan haben können, wenn er bis voranschreitet. „Diese spezifischen Überlegungen müssen berücksichtigt werden.“ Im Juli wollen sich die G20-Finanzminister zum nächsten Mal treffen.

Weiterführende Lektüre:

Gespräch mit Steueranwalt Alain Steichen: „Luxemburg ist kein Niedrigsteuerland“

Reaktionen aus Luxemburg auf den US-Vorstoß

Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt, dass Luxemburg mit dem Wegfall einiger attraktiven Steuervorschriften Steuereinnahmen von Unternehmen verlieren wird. Das geht aus einem Arbeitspapier aus dem Jahr 2020 hervor, in dem untersucht wurde, welches Gewicht dieser Sektor für die Wirtschaft des Großherzogtums darstellt. In diesem Zusammenhang hat sich der Fonds Gedanken über mögliche neue Steuern gemacht. Neben einer stärkeren Belastung von Familien und höheren Steuern auf Immobilien sehen die Analysten des IWF auch mehr Steuern auf Umweltbelastungen als mögliche zusätzliche Einnahmequellen für den Staat.

Sepp
21. April 2021 - 16.32

Gut so. Kapital soll Arbeit schaffen, wer alles nur in Immobilien und Wertpapiere investiert, soll Abgaben zahlen.

Emigastonist
16. April 2021 - 10.52

Was wird aus uns nach dem Wegfall unserer Metallindustrien , unserer Grenzen und Selbstbestimmung und jetzt auch noch der verbleibenden attraktiven Steuervorschriften ? Verglichen mit Corona eine wirkliche Katastrophe ! Vergessen wir nicht , dass Luxemburg schon mal ein Auswanderungsland nach Amerika , Siebenbürgen usw. war. MERDE. ALORS. !!!!