LeichtathletikDie neue Flo-Jo? Rakete Richardson lässt die USA hoffen

Leichtathletik / Die neue Flo-Jo? Rakete Richardson lässt die USA hoffen
Für Sha’Carri Richardson haben Nägel und Haare eine große Bedeutung Foto: AFP/Andy Lyons

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Als Teenagerin wollte sie sich das Leben nehmen, jetzt steht sie auf Platz sechs der ewigen 100-m-Bestenliste – Sha’Carri Richardson mischt vor Olympia die Sprintszene auf. Das US-Girl erinnert viele an Florence Griffith-Joyner.

Rot färbt sich Sha’Carri Richardson, neuer Sprintstern der USA, ihre Haare, wenn sie sich „in eine sehr dominierende Stimmung“ bringen will. Schwarze Haare „beruhigen“ sie. Blond wählt die 21-Jährige mit den schnellen Beinen, wenn sie sich nach zu Hause sehnt. „Ehrlich gesagt basiert die Farbe darauf, wie ich mich fühlen möchte“, sagt Richardson, die definitiv eine Erscheinung ist.

Und nicht nur wegen ihrer Extravaganz und ihrer langen Fingernägel erinnert Richardson viele an die berühmt-berüchtigte Florence Griffith-Joyner. „Ich trage meine Nägel, weil ich es liebe, mich auszudrücken“, sagt Richardson: „Ich habe das Gefühl, meine Nägel zeigen, wer ich bin.“ Nämlich „anders“. Aber „ich kann den Job trotzdem erledigen“, sagt sie. Und wie.

Meine Saison wird unglaublich. Ich bin noch nicht fertig.

Sha’Carri Richardson, neuer Sprintstern der USA

Denn Richardsons Job ist es, die 100 Meter so schnell zu laufen, wie es geht. Jetzt rannte sie die Strecke in nur 10,72 Sekunden, lediglich fünf Frauen waren jemals schneller als die Texanerin mit dem großen Selbstvertrauen. Sie habe „etwas geschafft, das die Welt nicht erwartet hat“, sagt Richardson und lässt die USA darauf hoffen, dass nach 25 Jahren wieder Olympia-Gold über 100 m bei den Frauen an die stolze Sprinternation geht: „Meine Saison wird unglaublich. Ich bin noch nicht fertig.“

Richardson ist nun die erste Anwärterin auf Gold in Tokio – dabei versuchte sie, sich als Teenagerin auf der Highschool das Leben zu nehmen. Richardson, die in Dallas zur Welt kam und früh von ihrer Mutter verlassen wurde, hat keine Scheu, über ihre mentalen Probleme zu reden. „Ich habe einen Therapeuten“, sagt sie und möchte, dass die Menschen wissen, dass auch Athleten Probleme „durchmachen. Wir sind Menschen, so wie jeder andere auch. Aber am Ende des Tages wollen wir alle gehört und verstanden werden“.

„Es ist ein Fluch“

Von ihrem Trainer Dennis Mitchell fühlt sich Richardson, die vor zwei Jahren den U20-Weltrekord auf 10,75 Sekunden verbessert hat, verstanden („eine der besten Entscheidungen, die ich in meinem Leben getroffen habe“). Seit rund einem Jahr trainiert sie bei dem Ex-Sprinter in Florida, der früher „Green Machine“ genannt wurde. Ausgerechnet Mitchell. Der 55-Jährige wurde als Athlet des Dopings überführt, auch sein Leumund als Trainer ist nicht unbelastet.

Richardsons Trainingspartner ist Justin Gatlin, ungeliebter Ex-Weltmeister über 100 m und ebenfalls bereits als Doper erwischt. Und Flo-Jo, die 1988 dreimal Olympiagold holte, deren Weltrekorde von damals immer noch Bestand haben, um die es immer wieder Doping-Spekulationen gab und die bereits mit 38 Jahren starb, bezeichnet Richardson schlicht als „die Größte“.

Neben ihrem sportlichen Traum („Jeder möchte Olympiasieger werden“) engagiert sich Richardson auch in der Black-Lives-Matter-Bewegung. „In Amerika schwarz zu sein, ist für mich ein Fluch – aber es ist auch ein Segen“, sagt sie: „Es ist wichtig für mich, mich zu äußern, weil ich eine stolze schwarze Frau bin.“ Dies inspiriere sie, „im Leben großartig zu sein“. Nicht nur auf der Bahn ist Richardson eine Erscheinung. (SID)