Kunstecke / 100 Jahre Luxemburger Kunst in 66 Positionen
Es ist vorbei. Am Sonntag wurden die Türen zur Ausstellung „100 Joer Lëtzebuerger Konscht“ im Centre Barblé in Strassen wieder geschlossen, die vom LAC und der Gemeinde Strassen organisierte Jahrhundertausstellung hat Tausende Besucher angezogen.
So mancher Kunstinteressierte frischte Erinnerungen auf, viele Neugierige bestaunten den reichhaltigen Einblick in die Luxemburger Kunstgeschichte, einige Kenner dürften sich über das Fehlen namhafter Künstler(innen) gewundert haben, doch überwog sicherlich die Feststellung: Es ist gut, dass es diese Schau gegeben hat. Perfekt war sie nicht, nun ist sie vorbei und das, was neben Eindrücken und Aha-Erlebnissen geblieben ist, dürfte wie so oft der Katalog (*) zur Ausstellung sein. Die meisten präsentierten Werke sind Leihgaben gewesen und gehen wohl an ihre Stifter zurück, verschwinden wieder in privaten und öffentlichen Sammlungen.
Diese Ausstellung war eine Herkulesaufgabe, die von einem kleinen Team mit Hilfe der Gemeinde Strassen bewältigt wurde, einer Gruppe von Kunstbegeisterten, die sich um LAC-Präsident Jean Fetz geschart hat, um die Werke von 66 Künstlern umfassende Ausstellung und den begleitenden Katalog zu ermöglichen.
Mit rund 250 Seiten ist dieser zu einem interessanten Nachschlagwerk geworden. Neben der alphabetischen Auflistung der Künstler und der drucktechnisch perfekten Wiedergabe ihrer Werke, werden die 66 Auserwählten mit einem kurz und bündig gerafften Lebenslauf präsentiert.
Sind die meisten dieser Texte informativ und für ein solch gigantisches Unterfangen ausreichend, so sind einige Abhandlungen etwas lapidar geraten, ein Indiz dafür, dass für eine kunstgeschichtliche Aufarbeitung in Luxemburg noch viel zu tun bleibt.
Man hätte den Katalog auch nach Epochen gliedern können, so wie es bei der Ausstellung selber der Fall war, doch das wäre vielleicht zu aufwendig gewesen. So geordnet wie die Abbildungen und die Namen der Künstler jetzt sind, blättert man von Jhemp Bastin und Jean-Pierre Beckius über Mett Hofmann und Jean-Pierre Junius bis zu Dominique Lang und Jean Leyder um über Guido Oppenheim und Joseph Probst zu Edward Steichen und Maggy Stein zu gelangen und am Ende Bilder des legendären Sosthène Weis und Skulpturen von Lucien Wercollier begutachten zu können.
Selbstredend haben wir bei dieser Nennung viele bekannte Namen dieser langen Liste nicht erwähnt. Es sind 66 an der Zahl. Sie wurden querbeet durch die Schaffensgeschichte der heimischen Kunstszene ausgesucht, wobei in fast allen Zeitabschnitten dieser hundertjährigen Geschichte namhafte Künstler ausgeklammert wurden. Dies wird auch umso deutlicher, wenn man vor allem die Abhandlung „(Ré)écrire des histoires de l’art pour le Luxembourg – Impulsions pour une approche non linéaire et inclusive“ von Jamie Armstrong liest, da diese nicht nur den Ansatz einer neuartigen Analyse der Kunstgeschichte mit vielen Fragezeichen über das, was alles noch an Aufarbeitung zu bewältigen ist, vorlegt und dabei Korrespondenzen zur Entwicklung internationaler Kunstbewegungen herstellt, sondern auch wichtige Bruchstellen in der heimischen Kunstszene fokussiert.
Künstlergruppen und Bruchstellen
Manche Künstler, die auf der Strecke geblieben sind, werden erwähnt, doch geht auch die Rede von der „Sezession“ 1926, der „nouvelle équipe“ um 1948, der Gruppe der „Iconomaques“ um 1954, der „Consdorfer Scheune“ ab 1970, dann der „Arbeitsgruppe Kunst“ zwischen 1960 und 1970, der „initiative 69“ oder der „Etc-Art“ 1969.
Hierbei wird klargestellt, dass diese letztgenannten Künstlergruppen stets innovativ oder unkonventionell im Verhältnis zum traditionellen Gebaren im Kunstwesen operierten, teilweise mit ihren „Happenings“ und/oder „Zerstörungsaktionen“ die behäbige Kunstszene samt Politik und Medien schockierten.
Diese für die spätere Entwicklung der Kunstszene wichtige Umbruchstimmung ist bei dieser Jahrhundertausstellung leider „vergessen“ worden, obwohl einige der damaligen Protagonisten künstlerisch noch recht aktiv sind. Der Beitrag von Jamie Armstrong ist umso lesenswerter, da dieser Katalog-Text wenigstens dieses Versäumnis ausbügelt.
Aufschlussreich ist auch die überarbeitete Fassung einer 2020 im CAPe gehaltenen Konferenz von Enrico Lunghi über „30 ans d’arts visuels à Luxembourg 1989-2019“, eine ganz persönliche Sichtweise des ehemaligen Mudam-Direktors der neueren Kunstgeschichte. Diese mündet in der fatalistischen Feststellung: „Au Luxembourg plus qu’ailleurs …, l’art n’est plus qu’une affaire de gestion et d’argent, tandis que les discours officiels ne font que l’instrumentaliser au nom d’un nation branding hideux et pauvre d’esprit.“
Die Initiatoren der Ausstellung, die darauf verweisen, dass die Textbeiträge nur die Meinungen des Autors darstellen, haben sich demnach nicht gescheut, neben den obligaten Vorwörtern und einer kurzen Einführung in die Geschichte des LAC und der Idee, die zu dieser Schau führte, von Kunsthistoriker Michel Ménégoz sowohl die beiden kunstgeschichtlich lehrreichen als auch kritischen Beiträge in diesem Katalog zu publizieren. Wie so oft bei sehenswerten, lebendigen, aber eben vergänglichen Kunstevents bleibt am Schluss die Dokumentation, das Buch zur Ausstellung.
(*) „100 Joer Lëtzebuerger Konscht“, LAC (Lëtzebuerger Artisten Center), Druck: Imprimerie Centrale. 30 Euro in Buchhandlungen und beim LAC erhältlich.
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