BGL LigueFola-Stürmer Zachary Hadji: Kein kleiner Bruder mehr

BGL Ligue / Fola-Stürmer Zachary Hadji: Kein kleiner Bruder mehr
Zachary Hadji xxx Foto: Wildson Alves

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Er ist nicht mehr „der kleine Bruder“ oder „der Sohn von“: Topscorer Zachary Hadji ist dabei, sich seine ganz eigene Geschichte bei der Escher Fola aufzubauen. Warum das zunächst mit Schwierigkeiten verbunden war, welche Ambitionen er in den nächsten Wochen verfolgt und warum er als Kind ins Tor musste – vor dem Spitzenspiel gegen Düdelingen lieferte der 24-jährige Franko-Marokkaner ein paar Einblicke ins Hadji-Familienbuch.

Die Escher Fola und die Hadjis – das passt einfach. Seit Vater Mustapha 2007 auf dem Galgenberg vorstellig wurde, vergingen bis 2021 nur zwei Jahre, in denen kein Hadji für die „Doyenne“ auf Torjagd ging. „Ich habe in meiner Kindheit bereits viel Zeit auf diesem Platz verbracht“, erinnert sich der 24-jährige Franko-Marokkaner heute. Zu Hause musste der Jüngste ins Tor, Goalgetter und Bruder Samir ballerte drauf. „Ich war eigentlich nicht schlecht als Torwart“, scherzt Zachary inzwischen. Später nutzte er jedes freie Wochenende aus, um seinen Bruder vor Ort anzufeuern. „Ich war also bereits sehr früh an diesen Klub gebunden.“ 

Heute nennt er ihn „Familie – sie haben Samir und danach auch mir die Hand gereicht, als es für uns nicht so gut lief“. Ein Anruf von Vater Mustapha (mittlerweile Co-Trainer Marokkos) sowie ein zweiwöchiger Test hatten im Januar 2019 zur Folge, dass Zachary nach sechs Monaten Vereinslosigkeit wieder Fuß fassen konnte. „Ich sollte eigentlich einen Vertrag in Marokko unterschreiben, aber die Mentalität und der Fußball haben einfach nicht gepasst. Ich war nicht glücklich. Mein Vater und Samir haben den Wechsel dann in die Wege geleitet. Das bedeutet nicht, dass ich nur wegen meines Namens hier bin. Ich wurde zwei Wochen getestet und bekam diese Chance nicht, weil ich schöne Augen machen kann …“

Schön fürs Auge dürften in Esch allerdings seine aktuellen Quoten bewertet werden. In 17 Spielen traf der Neuner 19 Mal – und ist damit auf dem besten Weg, den Rekord des älteren Bruders (23) einzustellen. Vergessen sind die Startschwierigkeiten und die ersten sechs Monate mit einem einzigen Kurzeinsatz. Das Hadji-Duo stand in der gemeinsamen Rückrunde nur 15 Minuten zusammen auf dem Platz. „Ich war damals gegenüber den Teamkollegen fitnessmäßig im Rückstand. Es lief gut für die Mannschaft, sodass ich nicht unbedingt gebraucht wurde. Kleinere Verletzungen haben nicht dazu beigetragen, dass es besser wurde. Erst als mein Bruder und ein paar andere Stammspieler den Verein am Saisonende verlassen haben, hat sich meine Lage verbessert. Das war natürlich traurig für uns beide. Aber wenn er damals nicht nach Virton gegangen wäre, hätte ich keinen Platz bekommen. ‚C’est un mal pour un bien’.“ 

Tipps vom Torschützenkönig

Nachdem er im vergangenen Jahr noch mehrere Posten beackerte, hat Zachary Hadji unter Coach Sébastien Grandjean seine bevorzugte Mittelstürmer-Position sicher. „Das ist wahrscheinlich auch der Hauptgrund, warum es so gut für mich läuft. Ehrlich gesagt hätte ich mir aber nicht erträumt, dass es wirklich so schnell nach oben gehen würde. Zu Beginn der Saison wäre ich mit zehn Toren zufrieden gewesen.“ Der Hunger auf mehr wurde geweckt: „Wenn man erst einmal oben in der Topscorer-Liste steht, will man diesen Platz logischerweise verteidigen. Abends ist man enttäuscht, wenn man bei einem Spiel nicht getroffen hat. Zudem lauern gute Stürmer hinter mir, das spornt mich noch weiter an.“

Vom großen Bruder bekommt er bei dieser Mission die volle Unterstützung, Geheimtipps inklusive. „Er kennt noch sehr viele Verteidiger und berät mich vor den Begegnungen. So habe ich dann einen kleinen Vorteil. Er wäre stolz, wenn ich Torschützenkönig werden würde.“ Über Kobe Cools und Ricky Delgado, die F91-Verteidiger, mit denen es Hadji heute zu tun bekommt, hat das Duo nicht gesprochen, „er kennt sie ohnehin nicht so gut“.

Es war wohl unbewusst, aber für viele war ich zunächst einfach nur der kleine Bruder. Niemand hat es mir ins Gesicht gesagt, aber ich habe mich erst einmal beweisen müssen.

Zachary Hadji, Fola Esch

Auf Hilfe ist der Hadji-Junior ohnehin nicht mehr angewiesen. Der Stürmer der „Doyenne“ hat sich aus dem Schatten seiner Vorgänger hervorgetan – und wird jetzt mit den Vornamen angesprochen. Ein Detail mit großer Bedeutung: „Es war wohl unbewusst, aber für viele war ich zunächst einfach nur der kleine Bruder. Niemand hat es mir ins Gesicht gesagt, aber ich habe mich erst einmal beweisen müssen. Vielleicht mehr als andere. Heute bin ich nicht mehr der kleine Bruder oder der Sohn. Natürlich bedeuten die beiden mir sehr viel, aber ich habe mich selbst hervorgetan.“

Fola-Trainer Sébastien Grandjean hat seinen Angreifer erst mit der Übernahme im Juni „entdeckt“. „Er ist ein richtiger Vollstrecker. Man kann sich nie sicher sein, ob jemand für seine Mühen belohnt wird, aber bei ihm ist es der Fall. Er braucht nicht unbedingt in der besten Position zu sein, er hat einfach diesen Torjägerinstinkt.“ Gepaart mit dem Willen, sich durchzusetzen, wie der Belgier ergänzte: „Er macht die nötigen Bemühungen, hat das Niveau, die Schnelligkeit und den Charakter, etwas zu erreichen.“

Hadji Nummer vier

Dahinter lauert übrigens auch schon Hadji Nummer vier. Bruder Yuma Hadji ist zehn Jahre alt und trainiert bereits in einer Akademie in Marokko. „Wir gehen davon aus, dass er auch Angreifer oder Flügelspieler werden wird.“ Ob sein Weg ihn auf natürliche Weise auf den Galgenberg führen wird? „Ich hoffe, dass er in einer stärkeren Meisterschaft spielen wird. Das Niveau in Luxemburg ist hoch, aber es geht ja auch noch höher.“ Genau dorthin will Zachary Hadji auch. Wann es so weit sein könnte, wollte er nicht sagen. „Aber es ist mein Traum, Profi zu werden. Zunächst will ich die laufende Saison aber noch voll auskosten und davon profitieren.“ 

Denn er hat mit 24 Jahren bereits das knallharte Fußball-Business erlebt, Enttäuschungen und Rückschläge inklusive. Während der ältere Bruder aufgrund von Lizenzproblemen derzeit nicht spielberechtigt ist, waren es bei Zachary Hadji andere Gründe: Sein Ausbilderverein, der FC Metz, hat ihm keinen Vertrag angeboten, der spanische Drittdivisionär CF Gava musste finanzbedingt zwangsabsteigen. „Das alles hat mich geprägt und stärker gemacht.“

Wie stark Hadji und Co. geworden sind, wird sich heute Abend im Spitzenspiel gegen den F91 Düdelingen zeigen. Nach acht Siegen in Folgen bahnt sich die echte Bewährungsprobe erst an. Den Monat April mit den Topspielen gegen die beiden anderen Titelanwärter beschreibt Hadji als entscheidend. „Wir haben die ersten englischen Wochen perfekt überstanden und können ohne Angst in diese Duelle gehen. Unser Kader ist breit, bei einem Wechsel wird keine Qualität eingebüßt. Der Trainerstab trifft die intelligenten Entscheidungen. Das alles macht unsere Stärke aus.“ 

Hadji hoch zwei

Samir Hadji ist seit dem vergangenen Sommer komplett von den Radaren verschwunden. Grund dafür sind die Lizenzprobleme beim Excelsior Virton, die zur Folge haben, dass der Stürmer sich keinen neuen Klub suchen darf. Das dürfte sich aber Ende Juni ändern. Auf die Frage, ob man das Brüder-Gespann ab der nächsten Saison wieder gemeinsam auf dem Galgenberg sehen könnte, gab es von Trainer Sébastien Grandjean zwar keine klare Antwort, doch das „Warum nicht …“ lässt kaum Zweifel daran, dass diese Idee gar nicht mal so abwegig scheint.