FR.A.RT (7)Chiara Dahlem, 1986, Schläifmillen/Luxemburg

FR.A.RT (7) / Chiara Dahlem, 1986, Schläifmillen/Luxemburg
 Foto: Anouk Flesch

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Chiara Dahlem (www.chiaradahlem.com) arbeitet multimedial – ihre Werke umspannen Kunstformen von der (Wand)malerei über Installation bis hin zur Konzeptkunst. Ihre Arbeit, die u.a. in den Ausstellungen des Cueva-Kollektivs zu sehen war, beschreibt sie als ehrlich, direkt und sozialkritisch. Nach zwölf Jahren in Berlin und Saarbrücken lebt Dahlem wieder in Luxemburg und hat ihr Atelier in der „Schläifmillen“. Momentan arbeitet sie an einer Kreation in Kollaboration mit dem luxemburgischen Rapper Maz.

Beschreiben Sie sich in drei Wörtern.

Ich bin unkompliziert, sensibel-empathisch und zu viel ein Kopfmensch.

Hat Kunst ein Ziel, und wenn ja, welches?

Mir persönlich hilft Kunst dabei, das, was ich erlebe, zu verarbeiten und damit klarzukommen. Es geht darum, das, was in mir drin stattfindet, darzustellen und umzusetzen. Das Ziel meiner Bilder ist es, etwas Zeitgenössisches, Politisches oder Gesellschaftliches auszudrücken. Meine Installationen sollen Gefühle in den Betrachtenden hervorrufen, sei es Freude, Schock, Aufregung … Es sind visuelle Interpretationen von Ideen, mit denen die Betrachtenden interagieren und die Emotionen in ihnen auslösen sollen.

 Foto: Anouk Flesch

Zu welcher Tageszeit sind Sie am kreativsten?

Frühmorgens – ich bin spätestens gegen 7 Uhr in meinem Atelier. Die Ideen kommen mir aber 24/24.

Welchen Teil des Kunstschaffens gefällt Ihnen am wenigsten?

Wenn ein Werk fertiggestellt ist. Ich bin traurig, wenn ich einen Schaffensprozess abschließe, da ich mich emotional an meine Werke binde.

Wo, an wem oder an was lassen Sie sich am liebsten inspirieren?

An der Gesellschaft, an den Menschen. Mir gehen nie die Ideen aus, da es immer einen Wandel gibt.

 Foto: Anouk Flesch

Welche Rolle hat Kunst für Sie persönlich während der Corona-Pandemie gespielt?

Für mich war 2020 eigentlich ein sehr gutes Jahr. Ich habe im ersten Lockdown im Frühjahr ein großes Bild geschaffen, in dem ich die globale Corona-Situation verarbeitet habe. Damit habe ich die Pandemie in meiner Kunst abgehakt und konnte mich wieder anderen Themen widmen. Ich denke, andere Kunstformen wie Theater oder Musik haben viel mehr gelitten.

Womit verbringen Sie gerne Ihre Zeit außerhalb des Kunstschaffens?

Ich liebe es, Zeit am Meer zu verbringen. Ich bin am Meer aufgewachsen und es ist bis heute das einzige Element, das mich beruhigen kann und trotzdem immer in Bewegung und im Wandel ist. Ich liebe es auch, Dokumentarfilme zu schauen. Ansonsten bin ich ein sehr langweiliger Mensch. (lacht)

Wie erfahren Sie die Kunstszene als Frau?

Die Kunstszene ist wie ein Haifischbecken – und als Frau muss man doppelt so viel aufweisen, um sich Respekt zu verschaffen. Ich habe schon viel Sexismus erfahren. Er ist subtiler als anderenorts, doch auch hier in Luxemburg steht die Künstlerin oft mehr im Mittelpunkt als ihr Werk. Auch in den sozialen Medien werden Künstlerinnen oft sexualisiert. Zudem wird ihr Können öfter infrage gestellt – sie werden im Baumarkt in den Hobbybereich geleitet oder in Ausstellungen gefragt, ob die Werke auch wirklich von ihnen stammen.

 Foto: Anouk Flesch

Wie sehen Sie die Zukunft der Kunstszene in Luxemburg?

Ich glaube tatsächlich daran, dass vor ungefähr zweieinhalb Jahren ein Wandel weg vom Elitären und hin zur elementaren Kunst eingesetzt hat. Künstler*innen werden unabhängiger von Galeristen und Kuratoren, was ihre Kunst ehrlicher macht. Die Kunstszene wird offener für ein diverses Publikum und für neue Kunstformen. Es gibt immer mehr junge Künstler*innen mit internationaler Erfahrung, die in anderen Stilrichtungen arbeiten und die älteren Generationen dazu zwingen, sich für Neues zu öffnen. Initiatoren aus der Kunstszene wie das Cueva-Kollektiv haben in letzter Zeit neue Projekte geschaffen, die in andere Richtungen als die in Luxemburg üblichen gehen. Sie haben es mir erlaubt, meiner Kunst treu zu bleiben und mich nicht zu verbiegen.

Welche luxemburgische Künstlerin empfehlen Sie?

Nicole Huberty, da sie sich schon jahrelang bewährt. Zudem teilt sie ihre Passion in Form von Kursen für Menschen mit Behinderung.

FR.A.RT

Frauen sind in der Kunstwelt nach wie vor unterrepräsentiert. Um dem entgegenzuwirken, stellt die FR.A.RT-Porträtserie Künstlerinnen vor, die eine Verbindung zu Luxemburg haben. Jedes Porträt besteht aus einem Interview und Fotos. Das Projekt schließt diverse visuelle Kunstgenres sowie etablierte Künstlerinnen und Newcomerinnen ein.

 Foto: Anouk Flesch