Geschäftesterben in der Hauptstadt Nach fast 50 Jahren: Die „Librairie française“ steht vor dem Aus

Geschäftesterben in der Hauptstadt  / Nach fast 50 Jahren: Die „Librairie française“ steht vor dem Aus
 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Es ist leider kein Aprilscherz: Im Sommer geht nach fast 50 Jahren mit der Schließung der „Librairie française“ ein Stück hauptstädtische Kulturgeschichte für immer verloren. Zu viele Baustellen und dazu die übermächtige Konkurrenz des Onlinehandels haben der Traditionsbuchhandlung den Garaus gemacht.

„Fin de bail“ steht im Schaufenster geschrieben; die Rabatte reichen von 20 bis 50 Prozent. Für Schnäppchenjäger ist es eine gute Nachricht, für Freunde französischer Literatur allerdings eine Hiobsbotschaft: Im Sommer kommt das Ende für die „Librairie française“. Besitzerin Carole Mersch hat sich entschieden, den Buchladen am „Piquet“ zu schließen. „In meinem Alter habe ich keine Lust mehr, noch einmal ein Risiko einzugehen“, sagt sie. Zu viele Baustellen in der Stadt und ein zunehmender Onlinehandel haben dem Geschäft arg zugesetzt.

Laut Handelsregister begann die Erfolgsgeschichte der „Librairie française“ am 22. September 1975: Zusammen mit ihrem Ehemann Yves Gourdin gründete Carole Mersch das Geschäft. Anfangs befand sich der Buchladen in dem Durchgang von der place d’Armes zur place Guillaume, im ersten Stock mit Blick auf den „Knuedler“. In denselben Räumlichkeiten befanden sich später übrigens für einige Jahre Redaktionsräume der Tageblatt-Lokalredaktion.

Im Buchgeschäft habe sie ihrem Mann manchmal ausgeholfen, sagt sie. Ihr eigentlicher Beruf ist aber Historikern: 1977 erschien ihre Dissertationsarbeit „Le national-socialisme et la presse luxembourgeoise de 1933 à 1940“ in Buchform. Bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 2010 unterrichtete sie Geschichte am hauptstädtischen Athenäum.

Der Bücherhandel lief gut, und Anfang der 1980er expandierte das Haus, bis es schließlich zur rue du Curé hin quasi den ganzen Durchgang in Anspruch nahm. Nach 35 Jahren habe der Vermieter jedoch die Miete um satte 30 Prozent erhöht. Da die Räumlichkeiten zudem in einem schlechten Zustand waren, kam nur noch ein Umzug infrage. Das war 2010. Ihr Mann sei damals in Rente gegangen. Sohn Fabien sagte sich bereit, die Stelle seines Vaters zu übernehmen. Auch sie selbst geht 2010 als „Proff“ in Rente, will aber ihrem Sohn im Geschäft weiterhelfen.

Im Schatten von Hamilius

Bis dahin sei alles gut gelaufen. Dann begannen gleich gegenüber dem Geschäft die Arbeiten am „Centre Hamilius“, deren Nachwirkungen der kleine Buchladen bis heute spüren sollte. „Während der Arbeiten waren wir quasi komplett abgeschnitten“, sagt sie. „Es gibt Baustellen in der ganzen Stadt, doch der schlechteste Ort war am ,Piquet‘.“ Nur einen kleinen Durchgang habe man ihnen gelassen. 2017 sollte das neue Hamilius fertig sein, was aber nicht der Fall war. Und heute? „Gerade mal drei Geschäfte haben dort geöffnet. Wir sind in der Ecke dort quasi das einzige Geschäft, das noch übriggeblieben ist“, sagt Carole Mersch. All das habe dazu beigetragen, dass nur wenige Menschen in den Straßen rund um die Riesenbaustelle unterwegs waren.

Die Kundschaft war weg, die Kosten aber blieben: „Ech hunn d’Flemm, et nach weiderzemaachen“, sagt sie. Vor drei Jahren habe ihr Sohn dann mit seiner Partnerin den Concept-Store (f)Utile in der City Concorde eröffnet. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten, sodass der Sohn aus dem Buchgeschäft ausstieg.

„Seit 2018 betreibe ich den Buchladen nun alleine. 2017 habe ich den Mietvertrag noch einmal verlängert, doch die Situation in der Stadt hat sich dermaßen verschlechtert, dass ich keine Nerven mehr habe, das Geschäft noch weiterzuführen.“ Der Mietvertrag läuft am 1. Oktober dieses Jahres aus. Ein genaues Datum für die endgültige Schließung stehe noch nicht fest, doch aller Wahrscheinlichkeit nach werde es im Juni oder Juli sein, da „August sowieso kein guter Monat ist“.

 Foto: Librairie Française

Mit der Covid-Pandemie wurde die Lage noch dramatischer: Bedingt durch die Telearbeit sind noch weniger Menschen in der Stadt unterwegs. Es fehlt vor allem die Laufkundschaft, die für fast jedes Geschäft in der Innenstadt von Bedeutung ist. Zudem würden immer mehr Leute online bestellen, als es schon vorher der Fall war, sagt Carole Mersch. Es habe allerdings einen Interessenten für die „Librairie“ gegeben: „Ein Belgier war daran interessiert, sie zu übernehmen. Als er hörte, wie hoch die Miete ist, hat er aber mal tief durchatmen müssen. Ehe es zum Geschäft kam, hat ihm dann Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht.“

In Rente gehen bedeutet für Carole Mersch aber nicht nichts tun. Pläne hat sie bereits: „Mein Vater, der Verleger François Mersch*, hat ein riesiges Archiv angesammelt. Darin werde ich stöbern und mich mit dem beschäftigen, was ich eigentlich studiert habe, nämlich Geschichte. Das ist mir jetzt wichtig. Ich habe keine Lust mehr, in einer Stadt zu arbeiten, die keine Zukunft hat. Meine Söhne sind versorgt, so kann ich meine ,zweite‘ Rente nehmen.“

* François Mersch nahm 1936 an den Olympischen Spielen in Berlin im 100 Meter und im Weitsprung teil. Den Sprint absolvierte er in 10,9 Sekunden, im Weitsprung kam er auf 6,90 Meter. Beide Wettbewerbe wurden übrigens vom legendären Jesse Owens gewonnen. Als Verleger zeichnete François Mersch u.a. verantwortlich für einen Klassiker der luxemburgischen Sportliteratur: „Bergauf, bergab mit Charly Gaul“ (1959).

Joëlle
8. April 2021 - 21.21

Et ginn nach Bicherbutteker?

de Schéifermisch
7. April 2021 - 15.57

Dann nichts wie ab nach Trier, Luxemburgs Geschäftshauptstadt! E grousse Merci u Polfer, DP a Co.

Jeff
6. April 2021 - 14.54

Et muss een sech net wonneren. Virun Joeren sin ech nach gären emol an d`Stadt komm. Mee mat deem ganzen gepiddels ronderem, et fënnt een sech net méi zourecht. Parkheiser sin wéinst Embauten Joerelaang zou, mam Zuch an d`Stadt ass och keng Kamell, gerammelt voll Zich.Elo mat deem Corona gedöss kann een dann och emol net sech irgendwou gemiddlech hinsetzen an e Maufel iessen oder drenken ausser um Trottoir. Et mecht kee Spaß dann fir z.b Bicher ze kaafen bis an d`Stadt ze kommen. Merci fir d`Gespréich.

Simone
6. April 2021 - 9.27

@claire Bicher sin bestemmt net den Haaptgrond,dass d'Bescher ofgeholzt gin. All librairie manner an all Buch manner wat kann verkaaft gin ass en enormen Verloscht fir all Frend vun librairien,wou een nach kann stöberen. Et ass e Phenomän vun eiser Gesellschaft.Di héich Loyeren an der Staad sin en Hohn an dofir hu mer geschwenn eng Staad ouni Buttiker. Nëmmen nach fir raich Leit..

norry
5. April 2021 - 13.42

@Blücher "Auto raus, Velo ran, d‘Geschäefter zou, " Genee, mir maachen eppes fir eis Gesondheet, an doheem leet Amazon eis d'Päck hannert d'Haus op d'Terrass. What's not to like?

claire
5. April 2021 - 13.41

Da sinn dausende Beem elo frou, dass se net ëmgeseet ginn.

Ex-client Guido Raman
3. April 2021 - 18.39

Monsieur Raman, ancien libraire. Vs vs êtes tué vs même au 'bon livre', gare, très mal géré. Même pas 1 franc de remise sur livres tr cher à p.ex. 3000F. pour pauvres étudiants ou profs ... tr bons clients . Nee merci!

Blücher
3. April 2021 - 6.08

Auto raus, Velo ran, d‘Geschäefter zou, d‘Aarbechtsplaazen futsch.Ökolgesch Politik.

d'Mim
2. April 2021 - 20.27

Monsieur Guido, votre français me fait craindre que de toute façon le métier de libraire n'était pas tellement votre affaire!

guido raman
2. April 2021 - 19.50

comme ancien-libraire , je suis désolé , mais c'est la meilleure solution , moi-même tué par Amazon, comprends très bien la situation , mais c'est la vie , il n'y a qu' accepter la situation , et se tourner vers autre chose.

Sepp
2. April 2021 - 15.07

Mir get et zimlech baang wann ech all déi Failliten gesinn.

Cerf
2. April 2021 - 6.34

Esch an All dei Anner net besser

d'MIM
1. April 2021 - 23.23

Et kënnt jo och sin datt se wëllen hir Pensioun huelen an dat de Grond ass.

verviers
1. April 2021 - 20.38

@Klitz " Wann dGalleries Lafayettes och eemol geifen zoumaachen da wär dat dei total Blamage well et geif beweisen dass an dem Kaff hei absolut neischt lass ass." Laang maachen se net méi mat.

Klitz
1. April 2021 - 19.47

D‘Stadt as wiirklech an engem katastrophalen Zoustand!!! D‘Geschäfter sin baal all eidel an et ass just eng Fro vun der Zeit bis nach Geschäfter zoumachen. Corona hin Corona hier. D‘Gestioun oder d‘Non-gestioun vun de Chantier‘en war en Debakel. Wann dGalleries Lafayettes och eemol geifen zoumaachen da wär dat dei total Blamage well et geif beweisen dass an dem Kaff hei absolut neischt lass ass. D‘Stadt Letzebuerg geseit geschwenn aus ewei Esch. En Trauerspill.

M. Millan
1. April 2021 - 17.45

Very sad to hear !!! Hamilius should have been left the way it was. Now people will lose their jobs and who knows what shops is next????

Nerini
1. April 2021 - 13.48

Dass déi et esou laang ausgehalen hunn ass schonn e Wonner. Bicher kommen bannent Sekonnen op mäi Kindle, Bicherbutteker brauch kee méi.

Emdenken
1. April 2021 - 13.37

Jo, eis Buttelsleit mussen mat der Zeit goen an a Velos Shopen an Atelieren fir Platter ze Flecken investieren. Och eng Infirmerie geheiert derzou fir licht blesseiert, vun Velosfuerer ugestoussen Foussgänger ze pleischteren. A wann Holland soll als Vierbild gellen geheiert och den en oder aneren Coffee Shop derzou?

M. Grevisse
1. April 2021 - 13.33

Lesen gefährdet die Dummheit! Auch (und immer mehr) in Luxemburg.

Jacques
1. April 2021 - 11.38

Bal 50 Joer DP Dominanz an der Stadt Lëtzebuerg hunn eis Stadt futti gemat. Den Département " URBANISME " wor emmer ennert der tutelle vun der DP. D'Propriétärin vun der Librairie française huet volkommen recht wann Sie seet : " Ich habe keine Lust mehr, in einer Stadt zu arbeiten, die keine Zukunft hat ". E puer sougenannten Pop-up stores kennen eis Stadt nett mei retten. Merci DP. Merci Madame Polfer.