FR. A.RTFrauen in der Kunstwelt (4): Yvette Gastauer-Claire, 1957, Schifflingen

FR. A.RT / Frauen in der Kunstwelt (4): Yvette Gastauer-Claire, 1957, Schifflingen
 Foto: Anouk Flesch

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Nach ihrer Ausbildung in den bildenden Künsten im „Lycée des arts et métiers“ arbeitete Yvette Gastauer-Claire erst als Restauratorin für staatliche Museen, später dann als freischaffende Künstlerin. Eines ihrer bekanntesten Werke sind die Profildarstellungen von Großherzog Henri auf den luxemburgischen Euro-Münzen. Gastauer-Claire lebt und arbeitet in Schifflingen.

Tageblatt: Beschreiben Sie sich in drei Wörtern.

Yvette Gastauer-Claire: Ich bin ein Familienmensch, ausgeglichen und brauche Rückzugsmöglichkeiten.

Hat Kunst ein Ziel und wenn ja, welches?

Heute geht es darum, etwas umzustoßen, zu provozieren. In der Zeit, aus der ich stamme, gab es dieses Ziel nicht. Meine Kunst soll, und daran bin ich hängen geblieben, Gefühle ausdrücken. Es geht nicht nur um meine Empfindungen, sondern auch um solche von außen, die mich berühren, aus meinem Umfeld, Büchern oder dem Weltgeschehen. Meine Kunst funktioniert, wenn sie im Betrachtenden Gefühle auslöst.

Zu welcher Tageszeit bist du am kreativsten?

Momentan im späten Nachmittag. Das hängt von der Lebenssituation ab. Als meine Kinder noch klein waren, habe ich oft nachts gearbeitet. Jetzt mache ich ein wenig langsamer.

Welcher Teil des Kunstschaffens gefällt Ihnen am wenigsten?

Was mich in meiner ganzen Karriere am meisten aufgeregt hat, ist der CAL („Cercle artistique de Luxembourg“). Obwohl meine Werke international ausgestellt wurden, habe ich es nie geschafft, aufgenommen zu werden. Zumal am Anfang meiner Karriere war immer das Erste, was man mich fragte, ob ich Teil vom CAL sei. Es rief in mir das Gefühl hervor, ungerecht beurteilt zu werden.

 Foto: Anouk Flesch

Wo, von wem oder was lassen Sie sich am liebsten inspirieren?

Meine Werke entstehen aus meinem Bauchgefühl heraus. Oft bemerke ich erst nach der Fertigstellung, was mich gerade beschäftigt. Meine rezenten Statuen stehen alle unstabil auf ihren Zehenspitzen oder einem Bein, was das aktuelle Gefühl der Bodenlosigkeit widerspiegelt. Alle meine Figuren haben aber etwas Menschliches, abstrakt arbeiten ist nichts für mich.

Welche Rolle hat Kunst für Sie persönlich während der Corona-Pandemie gespielt?

Die Pandemie hatte einen durchaus positiven Effekt auf meine Kunst, sie wurde intensiver. Nachdem ich die ersten Tage draußen in der Natur verbracht und viel nachgedacht hatte, habe ich außergewöhnlich viel gearbeitet. Zudem habe ich in meinen unzähligen Skulpturen geräumt, um Raum für Neues geschaffen. Zudem habe ich als Pensionierte das Glück, ein festes Einkommen zu haben und mir keine finanziellen Sorgen machen zu müssen.

Womit verbringen Sie gerne Ihre Zeit außerhalb des Kunstschaffens?

Ich halte mich gerne sehr lange in der Natur auf, beim Wandern oder Fahrradfahren. Ist mein Körper in Bewegung, dreht auch mein Kopf besser.

Wie erfahren Sie die Kunstszene als Frau?

Ich habe nie empfunden, dass jemand mich wegen meines Geschlechts anders behandelt hat. Auch in meinen Motorsägekursen, in denen ich die einzige Frau war, habe ich keine diskriminierenden Erfahrungen gemacht.

Wie sehen Sie die Zukunft der Kunstszene in Luxemburg?

Zeitgenössische Kunst ist in Luxemburg immer noch sehr elitär. Sieht man sich die ohnehin schon wenigen Menschen im Mudam an, ist es alles andere als ein vielfältiges Publikum. Auch bei Esch 2022 sind die Grundideen der Anfangsphase, das Publikum mit einzubeziehen und Kunst für jeden zu machen, größtenteils auf der Strecke geblieben. Nur die Initiativen der aktuellen Kulturministerin geben mir Hoffnung. Trotzdem scheint mir finanzielle Unabhängigkeit als Künstler/in heute schwerer erreichbar als damals. Heute muss man sechsmal pro Jahr ausstellen, nur um über die Runden zu kommen.

Welche luxemburgische Künstlerin empfehlen Sie?

Claudine Arendt, eine zeitgenössische Künstlerin. Sie lebt und arbeitet in Amsterdam.

FR.A.RT.

Frauen sind in der Kunstwelt nach wie vor unterrepräsentiert. Um dem entgegenzuwirken, stellt die FR.A.RT-Porträtserie Künstlerinnen vor, die eine Verbindung zu Luxemburg haben. Jedes Porträt besteht aus einem Interview und Fotos. Das Projekt schließt diverse visuelle Kunstgenres sowie etablierte Künstlerinnen und Newcomerinnen ein.