EuropaparlamentUngarische Fidesz verlässt die Fraktion der Europäischen Volkspartei

Europaparlament / Ungarische Fidesz verlässt die Fraktion der Europäischen Volkspartei
Viktor Orban hat seine Fidesz-Abgeordneten im EU-Parlament nur aus der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) herausgeholt, der konservativen Parteienfamilie bleiben die Ungarn noch bis auf Weiteres erhalten Foto: Riccardo Paregiani/AFP

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Showdown im Europaparlament in Brüssel: Ungarns Regierungschef Viktor Orban hat die Abgeordneten seiner nationalistischen Fidesz-Bewegung aus der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) zurückgezogen. Jetzt droht der vollständige Bruch zwischen Orban und der konservativen EVP, in der die deutschen Christdemokraten den Ton angeben.

Der Konflikt zwischen Orban und der EVP schwelt schon seit Jahren. Zum ersten großen Krach kam es 2015 im Streit um die Flüchtlingspolitik. Obwohl Orban den Kurs der deutschen Kanzlerin Angela Merkel ablehnte und europäische Solidarität verweigerte, verhinderte vor allem sie den Rauswurf. Auch Orbans vehemente Attacken auf den früheren Kommissionschef Jean-Claude Junckers änderten wenig.

Doch nun ist das Maß voll. Orban hatte im Herbst 2020 den EU-Haushalt blockiert, um mögliche Finanzsanktionen wegen mangelnder Rechtsstaatlichkeit in Ungarn abzuwehren. Zudem ließ er es zu, dass der Fidesz-Europaabgeordnete Tamas Deutsch den EVP-Fraktionschef Manfred Weber beleidigte. Von „Gestapo-Methoden“ war die Rede, viele EVP-Politiker wollten Fidesz schon damals rauswerfen.

Wieder hielten Deutsche dagegen. Immerhin stimmten sie einer Änderung der Geschäftsordnung zu, die den Ausschluss der Fidesz-Gruppe aus der Fraktion ermöglichen sollte. Diese Änderung wurde am Mittwoch mit einer breiten Mehrheit verabschiedet. Daraufhin zog Orban wie angedroht die Reißleine. In einem Brief an Weber sprach er von einem „feindlichen Akt gegen die Fidesz und unsere Wähler“.

Nun müssen die zwölf Fidesz-Abgeordneten die größte Fraktion im Europaparlament verlassen. Die EVP-Gruppe schrumpft damit von 187 auf nur noch 175 Parlamentarier, bleibt aber stärkste Kraft. Dennoch bedeutet der Abschied eine Schwächung für Fraktionschef Weber, aber auch für EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die zur Durchsetzung ihrer Politik auf die größte Fraktion angewiesen ist.

Neue Möglichkeiten für Orban-Anhänger

Für die Orban-Anhänger hingegen eröffnen sich neue Möglichkeiten. Sie könnten sich der polnisch dominierten rechtskonservativen EKR-Fraktion anschließen – oder noch weiter nach rechts zur ID-Gruppe wechseln, die von der Partei „Rassemblement national“ der französischen Rechtsaußen Marine Le Pen geführt wird.

Viel dürfte davon abhängen, wie sich nun die EVP-Partei verhält. Bisher ist die Mitgliedschaft der Fidesz in der Partei nur suspendiert. Parteichef Donald Tusk kündigte ein Ausschlußverfahren an. Eine Entscheidung könne aber erst fallen, wenn es die Infektionslage erlaube. Dafür muss die „Political Assembly“ der EVP zusammentreten.

Fraktionschef Weber scheint sich bereits auf den finalen Bruch vorzubereiten. Fidesz stehe nicht länger auf derselben politischen Grundlage wie die christdemokratischen Gründerväter seit Konrad Adenauer, sagte er. „Es ist der Fidesz, der sich abgewandt hat.“