EnergieproduktionSolar-Carports: Die Ökoparkflächen der Zukunft

Energieproduktion / Solar-Carports: Die Ökoparkflächen der Zukunft
Solarenergie ist die Zukunft. Gerade dort, wo Land teuer sei, lohne sich ein Ausweichen auf die Dächer von Industriehallen, Parkhäusern und Carports.  Foto: Editpress/Claude Lenert

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Im Ausland rüsten immer mehr Unternehmen ihre Parkplätze mit Fotovoltaikanlagen aus. Auch Luxemburg will in den kommenden Jahren verstärkt in sogenannte Solar-Carports investieren. Für Energieminister Claude Turmes ist es „der Anfang einer schönen Erfolgsgeschichte“. In Esch wurde die erste Anlage bereits eingeweiht. Weitere sollen in Kürze folgen.

Mehr als 300 Hektar wurden in Luxemburg zubetoniert, nur damit Menschen dort ihren Wagen abstellen können. Umgerechnet wären dies rund 320 Fußballplätze, die aktuell nur einem einzigen Zweck dienen. Reinste Verschwendung, sagt Energieminister Claude Turmes. Denn: „Wenn man davon ausgeht, dass 0,7 Hektar Fotovoltaik rund ein Megawatt Energie ergeben, dann wäre allein die Erschließung der Hälfte dieser Fläche bereits ein Quantensprung“, unterstreicht der grüne Politiker.

Die nachhaltige Nutzung versiegelter Betonflächen hat Zukunft. So bietet der öffentliche Raum mit all seinen Park&Ride-Flächen und Parkanlagen von Gemeinden, Unternehmen oder Supermärkten ein enormes Potenzial, das die öffentliche Hand ab sofort voll nutzen möchte. Parkplätze mit einem Solardach zu versehen, ist schon deswegen eine sinnvolle Idee, weil auf diese Weise eine Fläche zusätzlich für die Stromerzeugung genutzt werden kann, ohne irgendwelche Einschränkungen zu verursachen.

Im Gegenteil: Mit der Einrichtung sogenannter Solar-Carports entstehe eine Win-Win-Situation, von der gleich mehrere Seiten profitierten, so Turmes. Mit dem regenerativen Stellplatzsystem können die Projektträger nicht nur Gewinn erwirtschaften und den eigenen Ruf aufpolieren, sondern auch nachhaltige Energie produzieren, die öffentliche Öko-Bilanz verbessern sowie Fahrer und Fahrzeug vor den Elementen schützen. „Für mich ist das der Anfang einer schönen Erfolgsgeschichte“, betont der Energieminister.

Tatsächlich will das Energieministerium mit der Förderung sogenannter Solar-Carports in den kommenden Jahren ein Ausrufezeichen setzen. So wurde die dritte öffentliche Ausschreibung zur Nutzung von Fotovoltaikanlagen im März 2019 um die entsprechenden Kategorien erweitert. Mit Erfolg: Gleich zwei Unternehmen erhielten im Anschluss den Zuschlag – Biohealth in Esch/Alzette und Ceratizit in Mamer.

Erste Solar-Carport-Anlage in Esch

Als erste Anlage in Luxemburg wurde der Solar-Carport von Biohealth im Dezember 2020 in Betrieb genommen. Dabei handelt es sich um ein Joint Venture zwischen dem Energieproduzenten Südstroum und Enerdeal, einer luxemburgisch-belgischen Firma mit dem nötigen Knowhow in Fotovoltaik. Auf diesem Weg sollen jährlich rund 276 Megawattstunden produziert werden, was ungefähr dem Energiekonsum von 93 Haushalten in Esch entspricht.

Der Staat garantiert dem Unternehmen über die nächsten 15 Jahre hinweg einen festen Einspeisepreis. Für den Träger ist das finanzielle Risiko damit äußerst gering, was Nachahmern natürlich als Anregung dienen soll. Im Gegenzug entsteht durch die öffentliche Ausschreibung ein gewisser Konkurrenzkampf zwischen möglichen Anbietern, da nur die lukrativsten Projekte auch den Zuschlag erhalten. Was wiederum den Staatsfinanzen zugutekommt.

„So muss man sich das in den kommenden Jahren vorstellen: Privatunternehmen tun sich mit einem Solarprofi und einem Energieproduzenten zusammen, um Solar-Carports auf den eigenen Parkflächen einzurichten“, so Turmes. Ob das Modell aber wirklich Anklang findet, wird sich spätestens in zwei Monaten zeigen. Am 15. April läuft nämlich die aktuelle Ausschreibung aus. „Die Angebote werden dann Anfang Mai ausgewertet. Ich gehe auf jeden Fall davon aus, dass noch mehr Projekte verwirklicht werden“, gibt sich der Minister optimistisch.

Das Energieministerium setzt dabei auf Investoren aus dem Ausland, wo Solar-Carports bereits großen Anklang gefunden haben. „In den ersten Jahren werden immer die lokalen Platzhirsche aktiv“, so Turmes. „Anschließend aber sprechen sich die neuen Ausschreibungen herum und ziehen auch Interessenten aus dem Ausland an.“ Den Ausschlag geben dabei nicht nur die finanziellen Vorteile, sondern auch gesellschaftliche Argumente: „Mit einem Solar-Carport wird schließlich auch ein sozialer Mehrwert geschaffen, was wiederum dem Ruf der Projektträger in der Gesellschaft zugutekommt“, betont der Minister.

Auch ein Zusammenspiel zwischen Fotovoltaik und Elektromobilität ist durchaus vorstellbar: Im Ausland gibt es zahlreiche Supermärkte, die in Ladestationen investieren und Kunden Vorzugspreise anbieten. „Wenn der Strom dann noch aus der eigenen Solaranlage stammt, können Pakete angeboten werden, die äußerst attraktiv wirken“, meint Turmes.

Neues Regelwerk für Hallen und Gebäude

Weiteres Potenzial bieten in dieser Hinsicht noch die zahlreichen Industrie- und Gewerbezonen des Landes. Allein mit der Einführung des diesbezüglichen sektoriellen Leitplanes entstehen in den nächsten Jahren 450 Hektar an „Aktivitätszonen“. Diese gilt es nun auch nachhaltig zu verplanen.

Zum Beispiel mit einem Regelwerk für neue Hallen und Gebäude: Diese sollen beim Bau statisch so geplant werden, dass sie auch zu einem späteren Zeitpunkt noch Solarmodule auf dem Dach aufnehmen können. Ähnliche Verpflichtungen sollen auch beim Bau der Transformatoren zur Geltung kommen: „Nicht dass nur ein kleiner Trafo gebaut wird, der bei der Umrüstung auf Solaranlagen später verstärkt werden muss“, so Turmes.

Wegen ihres relativ geringen Wirkungsgrads benötigen Solarmodule immer noch große Flächen, wodurch sie oft in Konkurrenz zu Landwirtschaft und anderen Landnutzungsformen treten. Carports sind eine Alternative, Wassermodule eine andere. Gerade dort, wo Land teuer sei, lohnt sich daher ein Ausweichen auf das Wasser. Auch werden die Anlagen natürlich gekühlt, was ihren Wirkungsgrad erhöht.

Schon jetzt haben einige Länder begonnen, vermehrt schwimmende Solaranlagen zu installieren. Vor allem Japan hat in den letzten Jahren stark in diese Technologie investiert, wie die Forscher berichten. 56 der 70 größten schwimmenden Fotovoltaikanlagen weltweit liegen inzwischen dort. Auch in den Vereinigten Staaten investieren immer mehr Unternehmen in Wassermodule.

In Luxemburg aber kommt dieser Ansatz kaum infrage. Dafür fehlt es einfach an der nötigen „Fläche“. So richtig lohnen könnte sich ein entsprechendes Projekt nur an zwei Orten: auf den Kühlweihern von Arcelor und dem oberen Becken des Pumpspeicherkraftwerks der SEO in Vianden. In beiden Fällen störe man weder die Biodiversität noch die Öffentlichkeit, so Turmes. Das Arcelor-Projekt befindet sich bereits in der Ausschreibung, während die SEO noch die Umsetzung der Initiative prüft.

„Wir unterstützen die zwei Projekte, die möglich sind. Schließlich ist jede einzelne Solaranlage ein Gewinn. Ansonsten aber sind die Möglichkeiten für schwimmende Wassermodule in Luxemburg extrem begrenzt“, erklärt Energieminister Claude Turmes. Parkflächen und Industriehallen hätten hingegen richtiges Potenzial. „In diesem Punkt ist noch viel Luft nach oben!“

Grober J-P.
4. März 2021 - 14.17

Einspeisepreis = ? Noch immer 16 ct?