LockdownItalien verlängert Corona-Maßnahmen

Lockdown / Italien verlängert Corona-Maßnahmen
Restaurant- und Hotelbesitzer demonstrierten am Montag vor dem italienischen Parlament, dem Palazzo Montecitorio in Rom, um auf ihre prekäre Lage im Lockdown aufmerksam zu machen Foto: AFP/Alberto Pizzoli

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In ihrem ersten Dekret beschließt die neu installierte Regierung Mario Draghis eine Verlängerung der Corona-Maßnahmen. Bis Ende März sind die Bewegungsfreiheiten der Italiener weiterhin eingeschränkt. Die Infektionszahlen steigen wieder, die britische Virusvariante breitet sich aus.

Ein Jahr nach den dramatischen Ereignissen in Codogna und Bergamo befindet sich Italien immer noch in einer kritischen Situation. Trotz eines andauernden Lockdowns mit erheblichen Bewegungseinschränkungen konnten die Zahlen der Corona-Infektionen nicht deutlich gesenkt werden. Wie in anderen europäischen Ländern stagniert auch in Italien die Impfkampagne. Vakzine der Firma Pfizer/BionTech sind nicht in ausreichendem Maße geliefert worden, für die Medikamente des britisch-schwedischen Konsortiums Astrazeneca bestehen große Bedenken für das Verabreichen an Personen über 65 Jahre.

Auf einer Dringlichkeitssitzung des Ministerrates am Montag hat die Regierung Mario Draghis ein Dekret erlassen, das die Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes bis zum 27. März weiter einschränkt. Bis dahin dürfen sich die Bürger außer aus dringenden Gründen nicht zwischen den Regionen bewegen. Nach einer leichten Zurücknahme der Maßnahmen – Anfang des Monats wurde ganz Italien zur „gelben Zone“ mit einigen Öffnungen erklärt – wurde zu Wochenbeginn in sieben der 20 Regionen zuzüglich der Provinzen Bolzano und Trento der Status „Orange“ (verschärfte Einschränkungen) verhängt.

Neue Virusvarianten breiten sich stark aus

Gesundheitsminister Roberto Speranza (LeU), der das Amt bereits in der Conte-Administration ausübte, zeigte sich besonders beunruhigt über die schnelle Verbreitung von Corona-Mutanten. Vor allem im Raum Neapel grassiert die südafrikanische Variante. Im übrigen Land breitet sich die britische Mutante B.1.1.7. rasant aus. Bereits heute ist jeder zweite Infizierte in Italien von diesem Virus befallen. Experten rechnen hoch, dass in spätestens eineinhalb Monaten diese Mutante die beherrschende sein und alle anderen Varianten verdrängt haben wird.

Speranza appellierte in diesem Zusammenhang an die Bevölkerung, die Sicherheitsmaßnahmen ernst zu nehmen und streng einzuhalten. Der Minister verurteilte Äußerungen des Lega-Chefs Matteo Salvini sowie einiger Regionalpolitiker vor allem aus dem rechten Parteienspektrum, die die Maßnahmen der Regierung für übertrieben hielten und deutliche Lockerungen forderten.

Während sich Ministerpräsident Draghi klar hinter seinen Gesundheitsminister stellte, kam aus den Reihen von Forza Italia Kritik an den Maßnahmen: Renato Brunetta, langjähriger Vertrauter Silvio Berlusconis und derzeit Minister für öffentliche Verwaltung, sprach sich für lokale Maßnahmen aus, anstelle landesweiter, die jetzt verlängert werden.

Bevölkerung rebelliert

Kurz vor der neuerlichen Verhängung der „Orangenen Zonen“ rebellierten vielerorts die Menschen. Vor allem in Bologna und Neapel gingen sie in den Abendstunden zu Hunderten und Tausenden auf die Straße, um bei schon milden Temperaturen die abendliche „Movida“ (das Nachtleben in und vor Bars mit Drinks und Musik) zu genießen. Vor allem Neapel sah am Sankt Valentinstag und zu Karnevalsveranstaltungen Tausende Einwohner durch die Straßen ziehen. Polizei, Carabinieri, Finanzgarde und auch andere militärische Einheiten versuchten Ordnung in die Menge zu bringen und allzu deutliche Verstöße gegen die Sicherheitsvorkehrungen zu ahnden.

In den kommenden Wochen kann damit gerechnet werden, dass die Infektionszahlen in Italien wieder deutlich ansteigen. In einigen Regionen ist das Gesundheitswesen wieder am Limit angekommen. Jetzt werden Überlegungen angestellt, ob vielleicht in militärischen Einrichtungen Impfstoff produziert werden könne. Das römische Universitätsklinikum hat den russichen Impfstoff Sputnik V getestet und ihm eine 97-prozentige Wirksamkeit bei hoher Sicherheit zugesprochen. Schon wird – wie auch in Ungarn – überlegt, neben der EU auch den Impfstoff aus Russland zu importieren.