„Rout Lëns“ in Esch Konkurrenz für Geschäftswelt im Stadtkern: Widerstand gegen das neue Stadtviertel

„Rout Lëns“ in Esch  / Konkurrenz für Geschäftswelt im Stadtkern: Widerstand gegen das neue Stadtviertel
So soll das Viertel „Rout Lëns“ einmal aussehen IKO Real Estate

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Es regt sich Widerstand gegen das neue Escher Stadtviertel „Rout Lëns“. Bei der Gemeinde sind mindestens drei Beanstandungen gegen den Teilbebauungsplan (PAP) eingegangen. Dabei geht es in erster Linie um die große Fläche, die dem Handel im Projekt zugedacht ist. Die gefährde die ohnehin schon gebeutelte Geschäftswelt im alten Stadtkern, so die Kritik. Und schaffe Verkehrsprobleme. Auch die Dichte und die Art der Besiedelung gibt Anlass zur Sorge.   

Am 15. Februar lief die Reklamation-Frist für den Teilbebauungsplan (PAP) „Rout Lëns“ ab. Auf dem Areal der früheren „Brasseurschmelz“ an der französischen Grenze soll ein neues Wohnviertel für bis zu 3.500 Menschen entstehen. Bauträger ist mit Eric Lux’ Firma IKO Real Estate eine private Immobiliengesellschaft. Nachdem es im vergangenen Jahr (vergebliche) Proteste gegen den Abriss der historisch wertvollen „Keeseminnen“ gegeben hatte, formiert sich nun weiterer Widerstand. Einmal von der „Biergerinitiativ Esch-Hiehl“ und einmal von Steve Faltz und Joëlle Pizzaferri, Präsident und Generalsekretärin der Escher LSAP-Sektion. Letztere prangern vor allem die im PAP vorgesehen Gewerbeflächen an. 

„Es fehlt einfach an Kohärenz“, sagt Joëlle Pizzaferri, „da haben wir in der Alzettestraße einen Leerstand von 20 Prozent und dann sind im PAP für das neue Viertel 30.000 Quadratmeter für den Handel vorgesehen.“ Zum Vergleich: Belval Plaza kommt auf 35.000 Quadratmeter, das Opkorn-Einkaufszentrum in Differdingen hat 33.000 Quadratmeter Verkaufsfläche. Zwar handelt es sich bei den 30.000 Quadratmetern um einen Maximalwert, doch da IKO Real Estate ein privater Bauherr ist, könne der Immobilien-Entwickler diesen Wert durchaus ausschöpfen, ohne dass jemand etwas dagegen unternehmen könne, so Pizzaferri. Der Vorwurf an die Gemeinde: Man würde die eigenen Anstrengungen zur Revitalisierung der Alzettestraße mit 30.000 Quadratmetern Platz für den Handel im neuen Stadtviertel konterkarieren und die Krise im Einzelhandel im alten Escher Stadtkern damit noch weiter verschärfen. Dabei sollte die Geschäftswelt im Zentrum durch Maßnahmen wie der Ankauf von Geschäftsräumen durch die Gemeinde oder aber das „Claire“-Konzept eigentlich gestärkt werden. Neben potenzieller neuer Konkurrenz von außerhalb könnten Geschäftsinhaber entscheiden, den Escher Stadtkern zugunsten des neuen Viertels aufzugeben und in die dann nagelneue Infrastruktur umziehen.   

Nur 10 Prozent erschwinglicher Wohnraum

Joëlle Pizzaferri
Joëlle Pizzaferri Foto: LSAP Esch

Faltz und Pizzaferri stellen sich in diesem Zusammenhang gleich mehrere Fragen: Wie sieht die Zielgruppe für das Viertel „Rout Lëns“ aus und ist diese überhaupt groß genug, um das Wachstum beziehungsweise das Überleben der bestehenden und der entstehenden Geschäftswelt zu sichern? Und zu guter Letzt: Wer wird die Geschäftsflächen kommerzialisieren? Für sie liegt auf der Hand, dass die 30.000 Quadratmeter viel zu hoch angesetzt sind, zumal sich die Escher Geschäftswelt schon jetzt der Konkurrenz der umliegenden Einkaufszentren wie Belval oder Foetz erwehren müsse. Außerdem kommen in den nächsten Jahren der neue Cactus-Supermarkt in Lallingen mit seiner Geschäftsgalerie hinzu sowie die Projekte „Parc Lankelz“ und Raemerich mit weiteren Geschäftsflächen. Das Ganze sei schwerlich vereinbar mit dem Koalitionsabkommen des schwarz-grün-blauen Schöffenrats, finden Faltz und Pizzaferri. Dort heißt es unter anderen: „Initiativen zur Dynamisierung des lokalen Handels und des Handwerks sollen unterstützt werden.“

Auch um die Mobilität rund um das neue Viertel und den Wohnungsbau machen sich die LSAP-Lokalpolitiker Sorgen. „Eine Überkapazität an Geschäftsfläche hat auch immer Auswirkungen auf den Verkehr“, sagt Joëlle Pizzaferri.

Im PAP sind 10 Prozent der Wohnfläche für erschwinglichen Wohnraum vorgesehen. Das ist laut dem aktuellen Gesetz vorgeschrieben. Allerdings sieht der im vergangenen Sommer vorgestellte, aber noch nicht in Kraft getretene „Pacte logement 2.0“ für Projekte dieses Ausmaßes einen Anteil von 30 Prozent vor. „Man hätte das bei einem zukunftsträchtigen Projekt wie ‚Rout Lëns‘ durchaus berücksichtigen können“, findet Pizzaferri jedenfalls. Sie wird das Gefühl nicht los, dass die Gemeindeverantwortlichen dem Bauträger zu weit entgegengekommen sind. Auf der einen Seite dürfe dieser die Fläche für den Handel maximal ausschöpfen, auf der anderen Seite müsse er in Sachen bezahlbarer Wohnraum nur das Minimum erfüllen, so die Generalsekretärin der LSAP Esch. Und die Gemeinde hätte keinen Einfluss mehr darauf, wieweit er den Spielraum ausschöpfen werde. „Wenn man ein Maximum anbietet, dann könnte das durchaus angenommen werden. Die Gemeinde hat die Verantwortung dafür, dass das Projekt anständig aufgeführt wird. Schlussendlich entscheidet aber der Bauträger“, sagt Joëlle Pizzaferri, die zudem bedauert, dass die Diskussionen darüber nicht weit genug gegangen sind.

Einspruch der Bürgerinitiative 

Auch die „Biergerinitiativ Esch-Hiehl“ hat Einspruch gegen den Teilbebauungsplan „Rout Lëns“ bei der Gemeinde eingereicht, genau wie Guy Wilmes in seinem persönlichen Namen. Wilmes ist zugleich Vizepräsident der Bürgerinitiative. Hier wird ebenfalls der große Anteil der Fläche für den Handel kritisiert und die mangelnde Verkehrsanbindung thematisiert. Die Opposition gegen das Projekt ist aber hauptsächlich auf die Integration des neuen Viertels in die bestehende Infrastruktur zurückzuführen. In erster Linie ist es die Höhe der Gebäude (bis zu 20 Stockwerke), die den jetzigen Bewohnern aus der Hiel Sorgen macht. Die würden die bestehenden Häuser um ein Vielfaches überragen und bedrohen somit den einzigartigen Charakter der früheren Arbeitersiedlungen der „Grenz“. 

„Rout Lëns“ ist zudem als autoarmes Viertel konzipiert. Das heißt, dass maximal ein Autostellplatz pro Wohneinheit vorgesehen ist. Da die meisten Haushalte aber über zwei Pkws verfügten, befürchtet die Bürgerinitiative einen Ansturm auf den Parkraum der Nachbarschaft. Auch versteht man es nicht, warum ein derart dicht besiedeltes Viertel in unmittelbarer Nähe eines Naturreservats wie dem „Ellergronn“ entstehen soll. 

Himmelreich
25. Februar 2021 - 12.05

Die Geschäftswelt im Stadtkern ist dagegen. Alle beide.

Blann Lëns
25. Februar 2021 - 9.39

« Tritt eine Idee in einen hohlen Kopf , so füllt sie ihn völlig aus- weil keine andere da ist. , die ihr den Rang streitig machen könnte , » , sagte bereits der politische Denker de Motesquieu ( 1689-1755)

Grober J-P.
24. Februar 2021 - 10.07

Schöne Fotomontage oben, Häuser aus dem Baukasten, sieht aus wie Bagdad vor dem Krieg