IndustrieWeltweite Halbleiterknappheit ruft Politik auf den Plan

Industrie / Weltweite Halbleiterknappheit ruft Politik auf den Plan
Autobauer weltweit klagen über die Knappheit von Halbleiter-Elementen Foto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild

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Unternehmen weltweit beklagen sich über eine Verknappung bei Halbleitern. Die Bauteile, die für die Herstellung von Elektronik wichtig sind, fehlen in der Automobilindustrie. Schuld sind eine hohe Nachfrage nach Unterhaltungselektronik, die Pandemie – und ein Handelskrieg. Nun hat sich die Politik eingeschaltet.

Weltweit beklagen sich Unternehmen über einen Engpass bei Halbleitern. Diese Materialien besitzen besondere Eigenschaften beim Leiten von Strom und sie sind in allen modernen elektronischen Geräten zu finden, vom Handy über die Spielkonsole bis zum Sportwagen. Der Engpass führt mittlerweile dazu, dass Unternehmen wie VW ihre Einkaufsstrategie überdenken und hochrangige Politiker wie der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und der amerikanische Präsident aktiv wurden.

Von dem Mangel sind Automobilhersteller weltweit, von Volkswagen über Ford und Fiat bis hin zu Toyota und Subaru, betroffen. Der Informationsdienstleister IHS Markit schreibt auf seiner Internetseite: „Die Krise der Halbleiterknappheit hat die Automobilindustrie zu einem Zeitpunkt getroffen, als die Branche nach einer pandemiebedingten Verlangsamung eine moderate Erholung der Produktionsmengen zu verzeichnen begann.“ Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf einen Einkaufsmanager des Konzerns berichtete, will Volkswagen etwa in Zukunft eigene Verträge mit Herstellern abschließen, anstatt sie über Zulieferer zu bestellen. Reuters zufolge hatten einige deutsche Autohersteller aufgrund des Teilemangels in mehreren Werken Kurzarbeit anmelden müssen.

Beobachter berichten, dass die Knappheit mehrere Gründe hat: zum einen eine Zunahme der Nachfrage nach Unterhaltungselektronik – auch wegen der Pandemie kauften die Menschen Computer, Laptops und Spielkonsolen. Zum anderen gibt es eine sehr starke Konzentration auf dem Markt für Halbleiterkomponenten. Dreh- und Angelpunkt der Produktion ist die Firma TSMC aus Taiwan. TSMC aber hatte sich, als 2020 die Bestellungen aus der Automobilindustrie aufgrund der Coronakrise ausblieben, anderen Kunden zugewendet, wie Reuters unter Berufung auf das taiwanische Wirtschaftsministerium mitteilt. Dann seien die Bestellungen aus der Automobilindustrie wieder angestiegen. TSMC selbst kam mit einem Rekordergebnis aus dem Jahr 2020 heraus. Laut einem Finanzbericht machte TSMC im letzten Jahr einen Netto-Umsatz von umgerechnet 39,40 Milliarden Euro – eine Steigerung von mehr als 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Taiwan einer der Hauptproduzenten

Die Saarbrücker Zeitung berichtete am 23. Januar, der deutsche Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier habe sich „in einem Schreiben an die taiwanische Wirtschaftsministerin Wang Mei-Hua sowie Vize-Premier Shen Jong-Chin gewandt“, um sie an die Bedeutung der Halbleiter für die deutsche Autoindustrie zu erinnern. Zuvor habe der Verband der Automobilindustrie (VDA) Druck gemacht. Der VDA selbst habe auch in Taiwan interveniert, schreibt die Saarbrücker Zeitung. Offiziell unterhält Deutschland übrigens keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan. Das Auswärtige Amt der Bundesrepublik bezeichnet Taiwan lediglich als „wichtigen Wertepartner“.

Das Problem ist auch im Weißen Haus angekommen. Bei einer Pressekonferenz am 11. Februar sagte die Pressesprecherin des amerikanischen Präsidenten, Jen Psaki, laut Redeprotokoll, die Administration identifiziert derzeit potenzielle Engpässe in der Lieferkette und arbeitet aktiv mit wichtigen Interessengruppen in der Industrie sowie Handelspartnern zusammen, um etwas zu tun. Sie bezeichnete das knappe Angebot an Halbleitern in den USA als ein seit langem bestehendes Problem und sagte, dies sei einer der zentralen Beweggründe für den Präsidenten in den kommenden Wochen, Dekrete zu unterzeichnen, um eine umfassende Überprüfung der Lieferketten für kritische Güter vorzunehmen. Das Magazin The Verge nannte zu den Gründen für die Knappheit außerdem den unter Donald Trump lancierten Handelskrieg mit der Volksrepublik China, der es amerikanischen Unternehmen schwieriger mache, auf Hersteller von dort auszuweichen.

Vor der Pandemie sagten Analysten dem Markt für Halbleiter bereits eine vielversprechende Zukunft voraus. Die Buchprüfungs- und Unternehmensberatung-Gesellschaft PwC schätzte den Markt für Halbleiter 2018 auf 481 Milliarden US-Dollar und sagte voraus, dass er weiterwachsen werde, getrieben von der Automobil- und der Computerchip-Industrie. Insbesondere der Trend zur künstlichen Intelligenz beflügle das Wachstum. PwC: „Die Nachfrage in der Halbleiterindustrie wird typischerweise durch eine disruptive neue Technologie angeheizt.“

Mittlerweile hat Wang bei den Produzenten in Taiwan interveniert. Reuters zitiert die Politikerin: „Die Chiphersteller sind bereit, der Aufforderung der Regierung zu folgen, und versuchen, die Produktion von Auto-Chips in den USA, Europa und Japan so weit wie möglich zu unterstützen.“

gusti
16. Februar 2021 - 13.12

Komisch, Tesla baut seine eigenen Prozessoren seit 2019. Was haben die Betrügerfirmen darüber gelacht ...

marci
16. Februar 2021 - 11.21

Armes Europa! Alles verschlafen! (Wie bei Medikamenten und Impfstoffen.....)

J.C. Kemp
16. Februar 2021 - 11.12

Ausser im Autoradio bräuchte ein Auto im Grunde keine Elektronik, hätte die (Umwelt)politik den Konstrukteuren keine computerisierten Helferlein, von ABS bis Zündsteuerung aufgezwungen.