EditorialMüde und mehr: Depressionen und Angstzustände nehmen während Pandemie zu

Editorial / Müde und mehr: Depressionen und Angstzustände nehmen während Pandemie zu
Die psychischen Auswirkungen der Pandemie sollten ernst genommen werden Foto: Editpress-Archiv

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Der „Quality of Work Index“ (QWI), den die Salariatskammer (CSL) zum achten Mal vorgelegt hat, ist eine Bestandsaufnahme des subjektiven Empfindens der Arbeit, erstellt aufgrund einer demoskopisch repräsentativen Erhebung bei den Arbeitnehmern, laut CSL die besten Spezialisten zur Einschätzung der Qualität der Arbeit. Von Jahr zu Jahr variieren die Ergebnisse eher geringfügig; im Corona-Jahr 2020 allerdings schlagen diese heftig aus. Der globale Wert, errechnet von den Experten der Kammer und der Universität Luxemburg, lag noch nie so tief, sprich die Arbeit und das Wohlbefinden der Beschäftigten wurden in den vergangenen Jahren noch nie als so schlecht empfunden wie während der Pandemie.

Dies mag verständlich sein; die Laune der Menschen ist nicht die beste und eine allgemeine „Flemm“ angesichts der andauernden Einschränkungen des sozialen Lebens greift um sich.

Ein weitaus beunruhigenderes Ergebnis der Studie betrifft allerdings die mentale Gesundheit der Arbeitnehmer. Mit der allgemeinen Verschlechterung des Wohlbefindens geht ein erhöhtes Risiko einher, an Depressionen zu erkranken. 11 Prozent der Teilnehmer am QWI wird ein hohes Risiko zur Depression bescheinigt, 21 Prozent unterliegen einem moderaten Risiko – ein Drittel also aller Beschäftigten ist gefährdet. Dabei wurde die Bestandsaufnahme während der Monate Juni bis September durchgeführt, während des Sommers, als soziale Kontakte noch einfacher möglich waren, die Pandemie noch nicht so lange andauerte und die Tage nicht grau und verregnet waren. Die Zahl der psychisch gefährdeten Menschen hat zweifellos während der letzten Wochen weiter zugenommen.    

Die Erhebung der Arbeitnehmerkammer ist nur eine unter zahlreichen Studien, die belegen, dass Depressionen und Angststörungen stark zunehmen. Immer mehr Menschen brauchen in der Pandemie psychologische Hilfe. Der Stress durch ungewohnte familiäre Enge, Home-Office mit wenig Kontakt zu Arbeitskollegen, gereizte Stimmung in Bahnen und Bussen, Unsicherheit über die Zukunft führen zu mentalen Belastungen, die entsprechenden Erkrankungen nehmen zu. Die Praxen der Psychiater verzeichnen mehr Patienten, die Psychiatrien der Krankenhäuser sind nah am Anschlag.

Daneben wird ein Anstieg des Suchtverhaltens beobachtet. Alkohol, aber auch illegale Drogen werden in der Isolation stärker konsumiert; fehlendes oder eingeschränktes soziales Leben verstärkt diese Tendenz. 

Müdigkeit (auch am Freitag während der Parlamentssitzung ein Thema), Antriebslosigkeit, Zukunftsängste machen den Menschen umso mehr zu schaffen, je länger die sanitäre Krise andauert. 

Die Auswirkungen all dieser psychischen Belastungen und Erkrankungen können dramatische Ausmaße annehmen, wenn nicht gegengesteuert wird. An der Universität Luxemburg, wo besonders die neuen Studierenden, die noch keine sozialen Kontakte aufbauen konnten und sich recht allein im akademischen Leben zurechtfinden müssen, durch die Pandemie leiden, wird auf Austausch gesetzt und das Psychologenteam wurde von einem auf vier Mitarbeiter erweitert. 

Ein entsprechendes Vorgehen ist globalgesellschaftlich nur bedingt möglich, dennoch sollten die Kapazitäten der Psychiatrien in den Krankenhäusern überprüft und gegebenenfalls ausgebaut werden, Kommunikation und Austausch so weit ermöglicht werden, wie die Corona-Regeln es erlauben.

Und selbstredend massiv geimpft werden …

Dr. Jean-Marc Cloos
3. Februar 2021 - 7.24

In den Notaufnahmen unserer vier Akutkrankenhäusern arbeiten jeweils ein für seinen Bereitschaftsdienst unbezahlter Psychiater für den Erwachsenenbereich, plus zwei für die Kinder- und Jugendpsychiatrie; in zwei der vier Kliniken tagsüber zusätzlich auch ein Psychologe (und, ja, die haben während dieser Pandemie viel zu tun). Abends, nachts und an Wochenenden wird die vielgepriesene notwendige "Suizidprävention" von insgesamt fünf unbezahlten Psychiatern gewährleistet und von sonst keinem. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern, weil eine "Gesundheitskasse" keine zusätzlichen Mittel für den Aufbau eines psychiatrischen Notfallambulanzteams in den Spitälern finanzieren wird und auch die Dienste der Psychiater während den nächsten Monaten (und Jahren?) nicht vergütet werden. Aber die Bereitschaftsdienste der Ärzte im Zentrum des Landes verdoppeln, das kann unser Gesetzgeber. Kostet ihn ja nichts. Was sich ändern wird, ist die kollektive Kündigung der Klinikpsychiater. Das Maß ist voll. Übervoll.

Blaat‘s Gast
1. Februar 2021 - 11.00

Angstzustände waren auch im letzten Krieg an der Tagesordnung Ich war zu klein um im Nachhinein über damalige Depressionen zu sprechen. Eins jedoch bin ich sicher, lasse mich aber von Überlebenden gerne überzeugen, dass während dieser vier Jahren die die Naziseuche dauerte viel, viel weniger über diesen Krieg gesprochen wurde als über den heutigen gegen die schlimme Coronagrippe ! Wäre es nicht an der Zeit zu versuchen unser Volk auf andere Gedanken zu bringen und etwas aufzuheitern, Bei uns sind unsere nationalen Medien gefordert, oder ? Denn über unsere Politiker kann man ja bekanntlich nur weinen! Angefangen mit lustigen Filmen auf dem Bildschirm der bei vielen den ganzen Tag läuft. Witze in der Presse heitere Geschichten usw. Dumme Fragen, aber da es solche nicht geben soll..........