Gericht„Ich habe kein Motiv gehabt“: Verurteilter legt Berufung im Giftmord-Prozess ein

Gericht / „Ich habe kein Motiv gehabt“: Verurteilter legt Berufung im Giftmord-Prozess ein
 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Der 31-jährige Ex-Polizist Gilles L., der für den Giftmord an seiner Schwester und deren Lebenspartner zu einer lebenslangen Haft verurteilt wurde, legte am Mittwoch Berufung gegen das Urteil ein. Das Berufungsgericht muss das Urteil nun gegen den mutmaßlichen Giftmörder überprüfen. Damit wird das Kriminalverfahren noch einmal komplett von vorne aufgerollt. Gilles L. will eine neue Prozessbewertung in zweiter Instanz. Der Angeklagte wird von Me Rosario Grasso und Me Nora Dupont verteidigt. Ob die Berufung in diesem Fall eine echte zweite Chance bringt, das bereits gefällte Urteil „lebenslänglich“ abzumildern oder gar gänzlich zu kippen, ist jedoch mehr als fraglich.

Die drei zivilen Nebenkläger gehen ebenfalls juristisch gegen das Urteil vor. Für die beiden Familien hatten die Anwälte einen Schadenersatz von insgesamt 700.000 Euro gefordert. Die Richter der Kriminalkammer hatten der Familie aber nur einen Schadenersatz von rund 350.000 Euro zugesprochen.

Dem Ex-Polizisten wird vorgeworfen, am 25. September 2016 in seiner Wohnung in Bereldingen seine Schwester und deren Lebenspartner mit Zyankali vergiftet zu haben. Die Ermittler waren zum Schluss gekommen, dass den beiden Opfern das Zyankali vom Polizisten verabreicht worden war, wobei der Täter das Gift in einen Likör gemischt hatte. Laut Ermittlungen hatte der Ex-Polizist die Tat bereits Wochen vorher auf minutiöse Weise geplant, indem er im Darknet drei Monate lang nach Giften gesucht hatte. Der Angeklagte hatte die Tat nur mit Mühe gestanden, behauptete aber, keine Absicht zum Töten gehabt zu haben. Die Verteidigungslinie des Angeklagten lautete, ein anderes Gift gekauft zu haben, von dem er nicht gewusst habe, dass es tödlich war.

Am 31. Juli 2020 verurteilte die 13. Straf- und Kriminalkammer den Mann wegen der beiden Giftmorde zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Zudem stellte die Kriminalkammer die besondere Schwere der Schuld fest. Nach Auffassung der Richter und der Staatsanwaltschaft ermordete der Angeklagte seine Schwester und deren Lebenspartner, weil er es auf das Vermögen seiner Schwester abgesehen hatte.

In seinem Plädoyer im ersten Verfahren gab Verteidiger Me Rosario Grasso den Richtern zu verstehen, dass sein Mandant etwas verursacht habe, was er nicht gewollt habe. Der Verteidiger hatte deshalb das Gericht gebeten, die Straftat nicht als „geplanten Mord“ zu bewerten.

Teufelsapotheke aus dem Darknet

Der Angeklagte erklärte dem Vorsitzenden Richter am Mittwoch: „Ich habe nicht willkürlich gehandelt, ich habe kein Zyankali in den Likör geschüttet, sondern Botulinum. Das Gift kann tödlich sein, muss aber nicht“, sagte er. Er habe selbst davon getrunken, da sei aber nicht viel passiert. Ihm sei nur schlecht geworden.

„Ich bin im ersten Prozess kalt rübergekommen, ich habe kein Motiv gehabt, meine Schwester und deren Lebenspartner umzubringen. Ich habe ihnen das Gift verabreicht, damit sie nicht ohne mich nach Thailand reisen.“ Er sei von der Reise ausgeladen worden. Dem widersprach der Richter, er sei nicht ausgeladen, sondern eingeladen worden. Sein Motiv, zu töten, hätte durchaus finanzieller Natur gewesen sein können. „Die einzige Person, die Ihnen noch im Wege stand, war Ihre Schwester. Es ging schließlich um ein Appartement, das auf eine Million Euro geschätzt wurde.“

Der Vorsitzende Richter warf dem Angeklagten vor, Botulinum im Darknet bestellt zu haben, obschon er genau gewusst habe, dass Botulinum sofort tödlich sei. Der Richter sprach von einer Teufelsapotheke aus dem Darknet, in der der Angeklagte monatelang nach einem tödlichen Gift gesucht habe.

Der Prozess wird am Montag fortgesetzt.

J.C.Kemp
28. Januar 2021 - 16.40

Ohne Motiv besteht keine Schuld. Sonderbares Argument!