Editorial / Auch Lieferkapazitäten sind nicht gottgegeben, sondern eine Frage des politischen Willens

Der Erfolg von Luxemburgs Impfkampagne ist im Wesentlichen von drei Faktoren abhängig: der Anzahl der gelieferten Dosen, der logistischen Herausforderung ihrer Verteilung und der Beteiligung der Bevölkerung. Auf den ersten Blick hat die Regierung nur auf Punkt zwei wirklich Einfluss: Hier kann sie Kräfte mobilisieren, nachjustieren, Lager und Lieferer bereitstellen und Ärzte und Pfleger heranziehen. Die Bevölkerung kann sie vielleicht noch durch Informationskampagnen oder Sanktionen bewegen. Aber auf die Anzahl der gelieferten Dosen haben Bettel und Lenert wenig Einfluss. Oder?
Gehen wir ein Jahr zurück: Am 11. Januar 2020 veröffentlichte der chinesische Forscher Yong-Zhen Zhang das sequenzierte Genom von Sars-CoV-2. Zwei Tage später, am 13. Januar 2020, entwickelte ein Team unter Modernas Chefmediziner Tal Zaks in Massachusetts einen Impfstoff gegen das Virus. Zwei Tage – länger brauchte die Entwicklung nicht. Biontech, Johnson & Johnson und auch AstraZeneca waren mit ihren Impfstoffen nur unwesentlich langsamer, wenn man Nicholas Christakis glaubt, dem Direktor des Human Nature Lab der Eliteuniversität Yale. Daraufhin folgten die notwendigen Tests – in Laboren, an Tieren und schließlich an Menschen. Der Zeitraum zwischen Entwicklung und Zulassung ging unfassbar schnell vonstatten, in der Regel bedarf es Jahren, bis ein Medikament alle notwendigen Studien durchlaufen hat und auf den Markt kommt. Dieses Tempo war auch nur deshalb möglich, weil die USA, die EU und auch Deutschland die Forschung mit Milliardenbeträgen unterstützten.
Man könnte sich fragen, wozu? Wozu wurden Milliarden an Steuergeldern in die Entwicklung von Impfstoffen gegen eine globale Pandemie gepumpt, wenn wir uns jetzt mit unsicheren Lieferzusagen, undurchsichtigen Verträgen und mangelnden Produktionskapazitäten herumschlagen müssen? Wem gehört dieser Impfstoff? Und wer darf daran verdienen?
Die Antwort ist eine politische. Denn natürlich könnte man von Pfizer oder Moderna die Herausgabe der Patente fordern und andere Firmen in die Produktion einbinden. Das Know-how für die Produktion ist vorhanden: BASF in Ludwigshafen oder Bayer in Leverkusen verfügen über das kompetente Personal. Die Produktionseinheiten müssten umgestellt werden und natürlich müssten alle beteiligten Firmen entschädigt werden, aber die Möglichkeit ist vorhanden. Das erfordert allerdings den notwendigen politischen Willen, mit dem ersten kapitalistischen Glaubenssatz zu brechen: Der freie Markt regelt alles.
Unter den gegebenen Verhältnissen ist Luxemburgs Ansatz in der Impfstrategie gar nicht so schlecht. Die Regierung hat im Zuge der Pandemie gelernt, dass Vorsicht ein guter Ratgeber ist – das hat spätestens die Explosion der Infektionszahlen nach der zögerlichen Reaktion im Oktober bewiesen. Es ist klug, die Impfstoffdosen zu rationieren, damit jeder Patient garantiert seine zwei Dosen erhält. Auch wenn das Großherzogtum dadurch nicht in der Oberliga der Impfdichte mitspielt, bleibt uns wenigstens die Peinlichkeit erspart, massenweise Absagen zu verschicken.
Die Kritik, die derzeit vor allem seitens der CSV an der Impfkampagne geäußert wird – kein Impfplan, zu langsam, nicht genug Werbung –, zeugt deswegen auch von geradezu populistischem Kleingeist. Die Christsozialen fordern von Bettel und Lenert große Sprünge, wo nur kleine Schritte realistisch sind. An technischen und logistischen Herausforderungen wird die Regierung nicht scheitern. Was ihr fehlt, ist der politische Wille, gegen die scheinbar gottgegebene Macht jener Pharmakonzerne aufzubegehren, die sich nun als Retter in der Not verkaufen. Dieser mangelnde Wille ist jedoch nicht ihr Makel allein: Er lastet schwer auf der gesamten EU.
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Astrazeneca soll , nach heutiger Ntv Nachricht ( Artikel über Österreich,Politiker sie sich Impfungen erschleichen) , so Wissenschaftler nur erlaubt werden unter 55 Jährige zu impfen. Bisher hat unsere Regierung solch Information nicht bekanntgegeben, zumindest die Bürger ansatzweise informiert.Stellt sich die Frage , warum dieser Impfstoff nicht an über 55 Jährige verabreicht werden soll? Aufklärung wäre gut.
Dank Tom Haas ,dem vorwiegend den t-Komentatoren bestens bekannten bissigen Kommentator ihrer Kommentare , weiss jetzt das ganze Land ,dass seine Regierung der Corona Seuche verdankt gelernt zu haben , dass Vorsicht ein guter Ratgeber ist.
Dafür sei dem tapferen Schreiberlein ihm im Namen des ganzen Volkes gedankt.
„Populistischer Kleingeist..“ Genau. Wie schon erwähnt müssen die guten Christen aufpassen,dass der Schuß ( haltlose Kritik ) nicht nach hinten losgeht. Wenn die Bettelregierung z.B. vorsieht für jeden Impfkandidaten gleich auch die zweite Dosis bereitzuhalten um Verluste zu vermeiden,so ist das ein Zeichen von weiser Voraussicht.Die CSV sieht nur die Langsamkeit des Impfherganges.
Kritik sollte also immer mit Alternativen ausgeschmückt sein.Aber da hapert es oft.
@HTK: Warum hat ein Land wie Israel genügend Impfstoff zur Verfügung ? Warum kann Ungarn in Eigenverantwortung sich Impfstofflieferungen sichern? ( Beide Informationen zum Thema können Sie bei diversen Nachrichtenplattformen nachlesen )Entweder taugen EU und unsere Regierung nichts oder der Teufel hat seine Hände im Spiel.
[Sorry that I write in English, my Luxembourgish/German/French is not at the level that I could write properly].
Big Pharma got contracts well in advance and huge downpayments. The goal was that they can manufacture the vaccine in advance, and those are ready to go after approval. Well, they took the huge pre-payments, and when it is time to deliver then they say „sorry, we have much less doses than we thought“. And they distribute the limited supply based on the power of their clients.
Couple of things:
– Pfizer / BioNTech vaccine
German technology (BioNTech), development was funded by Germany & US. The vaccine is produced in two places:
1) US,
2) EU (Belgium and Germany)
US production goes solely to US, the rest of the world comes from EU production… and some countries gets even better share of that than the EU.
– AstraZeneca
It was promised that there will be separate supply chains for US, UK, EU and rest of the world, so nothing is taken from other supply chain. Well, it turned out the UK supply chain was behind, so AstraZeneca diverted huge number of vaccines from the EU supply chain to the UK. When it is EU’s turn, then sorry we don’t have that much supply as we thought.
https://www.reuters.com/article/health-coronavirus-britain-astrazeneca/uks-initial-astrazeneca-shots-will-come-from-europe-taskforce-says-idUSKBN28I1NL
Within days the results of a new vaccine, Johnson & Johnson’s, will come out. It it works, it has huge potential! And it requires only 1 dose… This vaccine was developed actually by company Janssen Pharmaceutica in Belgium, with huge advance contract and manufacturing within EU. Hopefully EU can protect its contract & supply chain…
There is a famous book with title „Nice teams finish last“. Hopefully, EU becomes more assertive and start to act according to its size and power to protect the life of its citizens and the timely restart of its economy.
Total number of doses for 2021 is completely irrelevant. We will have too much vaccines from July anyway.
The only thing which matters now is how many vaccine we recieve from February till June and with what time distribution. 1 million vaccine now is so much more worth than the same amount in July.
EU could enforce Big Pharma to boost production in all possible ways (incl. licensing). Or if the EU want to remain free market capitalist then do that in a good way. You can do dynamic pricing – and offer different price for vaccine based on delivery schedule. Vaccine price is irrelevant in light of human suffering and cost of economic damage.
@Frank Drabin
Remember the Brexit and forget the EU , sorry the UE.
Living in Luxembourg without trying to learn one o the 3 official languages , daat kann dach nët sinn !
et ass jo awer ganz klor
wann d’Regierungen haart jäizen dat 70% vun der Bevölkerung misste geimpft gin, an och nach vläicht letzlech een Impfpass ausstelle géifen,
bewiirkt, dat d ‚Konzerner den Impfstoff zreckhalen, well dat ass jo eng gölle Gäns
schéi lous maachen, well se hu jo all Zäit an de Fanger op der Wonn
géifen d’Regierungen aaneschtes ticken, a mol de Laascht komme lossen, dat wär dann eng aaner Saach , well d’Konzerner wéiste jo dann net op se hiir Wuur lass géife gin, déi elo am Frigo wart an ons domadder zappelen lisst
lully
@lully: Warum konnte genügend Impfstoff an Israel, England,Emirate,… geliefert werden? ( LW veröffentlicht eine Tabelle mit Impfstatus)Warum kann Ungarn Impfstoff ohne Rücksicht auf die EU bestellen? Die Konzerne brauchen keine EU , es gibt genug Abnehmer , andere Interessenten die gerne ein wenig mehr zahlen. Die EU ist gescheitert , gibt nicht das her , was sie vorgaukelt, glaubt zu sein , will sein.
Lieber Herr Haas,
ich möchte hier nicht viel schreiben über das Drama der Beschaffung von Impfdosen in der EU, also auch in Luxemburg. Diese traurige Geschichte können Sie im Detail in der deutschen Presse nachlesen.
Nur eine Bemerkung: Sie schreiben, dass “…auf die Anzahl der gelieferten Dosen haben Bettel und Lenert wenig Einfluss…“.
Schauen Sie mach Israel! Hatte die dortige Regierung auch keinen Einfluss auf die Lieferungen? Nein! Diese Regierung hat nicht die Bestellung an Brüssel delegiert. Sie hat nicht auf Interessen anderer Nationen gesetzt, wie Curevac oder Sanofi, die dieses Jahr bestimmt keinen Impfstoff mehr zustande bringen. Ihr waren 10 oder 12 Euro mehr pro Dosis nicht zu teuer angesichts von Milliarden Belastungen der Wirtschaft durch die Pandemie. Sie hat zur rechten Zeit bestellt und nicht bis November darauf gewartet, was eine griechische Kommissarin zustande bringt, oder auch nicht!
Nichts ist ‚gottgegeben‘.
Anscheinend brauchen wir die Trennung von Religion und Vokabeln hier. 😁