Neujahrsansprache der CSLNora Back: „Es wird immer schwieriger, die Maßnahmen der Regierung nachzuvollziehen“

Neujahrsansprache der CSL / Nora Back: „Es wird immer schwieriger, die Maßnahmen der Regierung nachzuvollziehen“
Nora Back hat die Neujahrsansprache dieses Jahr per Video gegeben Foto: CSL

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Nora Back, die Präsidentin der Beschäftigtenkammer CSL, blickt in ihrer Neujahrsansprache zurück auf das turbulente Jahr 2020. Die Regierung habe in verschiedenen Hinsichten auf die Arbeitnehmervertretung gehört – die sanitären Maßnahmen seien allerdings nicht immer verständlich.

„In den letzten Monaten ist es für uns schwieriger geworden, gehört zu werden“, sagte Nora Back, Präsidentin der Beschäftigtenkammer „Chambre des salariés du Luxembourg“ (CSL) in ihrer Neujahrsansprache am Donnerstagnachmittag. Back wandte sich dieses Jahr per Videokonferenz an die Mitglieder der CSL. Die Regierung müsse die Arbeitnehmervertretung konsequenter und früher in die Gespräche einbeziehen. „Wir wissen, dass oft kurzfristig gehandelt werden muss – trotzdem wird es immer schwieriger, die Maßnahmen der Regierung nachzuvollziehen“, sagte Back.

Es sei vor allem wichtig, die Nebenwirkungen der sanitären Maßnahmen im Auge zu behalten. „Ich bin froh darüber, dass der Effekt der Sicherheitsmaßnahmen auf die psychische Gesundheit immer mehr Aufmerksamkeit bekommt“, sagte Back. In der kommenden Woche wolle die CSL eine Umfrage veröffentlichen, die zeige, dass die Qualität der Arbeit 2020 in Luxemburg gesunken sei. Vor allem für Menschen, die nicht von zu Hause aus arbeiten können, seien die Arbeitsbedingungen schwieriger geworden. Die Regierung würde sich mit Empfehlungen begnügen – klare Einschränkungen für Arbeitgeber würden fehlen.

Gesundheitssektor

Der CSL fehle im Gesundheitssektor der Regierung ein konkreter Plan. Mittel- und langfristig sei mehr Personal nötig. „Wir kritisieren seit Jahren, dass Krankenhausbetten abgebaut werden, während die Bevölkerung wächst“, sagte Back. Selbst unter normalen Umständen gebe es nicht genug Personal, um die reguläre Arbeit im Gesundheitssektor zu erledigen. Die Forderung nach einer stärkeren Einbeziehung der Gesundheitsbeauftragten sei bisher nicht berücksichtigt worden.

Trotzdem habe die Regierung in den vergangenen Monaten einige Einwände der CSL umgesetzt. „Wir haben gefordert, dass Mitarbeitern mehr Zeit für die Rückgabe ihrer ärztlichen Atteste eingeräumt wird, wenn sie in Quarantäne oder Isolation gehen müssen“, sagte Back. Weitere durchgeführte Forderungen der CSL:  Gutscheine zur Unterstützung der lokalen Wirtschaft, Förderung von Ausbildungsbetrieben und eine bessere Einbindung der Grenzgänger in die Gesetzestexte. „Wir dürfen unsere Politik, insbesondere die Sozialpolitik, nicht mehr in einer rein nationalen Dimension planen – sondern auf der Ebene der Großregion“, sagte Back.

Sie kritisierte auch, dass Fragen der Ungleichheit oder der Kaufkraft von der Regierung wenig Aufmerksamkeit erhalten haben. Es mangele an einer adäquaten Analyse der Auswirkungen der Krise. „Ungleichheiten waren schon vor der Krise ein großes Problem und werden durch die Krise wahrscheinlich noch verschärft“, betonte Back. Als mögliche Lösungen nannte die CSL-Präsidentin die Erhöhung der Familienzulagen, Steuergutschriften und Mindestrenten. Dies sind laut Back alles einfach umsetzbare Maßnahmen.  „Oder will die Regierung lieber warten, bis die Ungleichheiten weiter zunehmen?“, fragte Back.

Das Soziale bei der Umweltpolitik nicht vergessen

Back begrüßte die Umweltmaßnahmen der Regierung. „Aber ich habe immer noch den Eindruck, dass die soziale Komponente – nicht in Worten, sondern in Taten – zu kurz kommt.“ Als Beispiel nannte sie die Luxemburger CO2-Steuer: „Umweltmaßnahmen müssen sozial gerecht sein, um von der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert zu werden“, sagte Back. Es sei zu befürchten, dass die Steuer zu einer Umverteilung von unten nach oben führen werde.

Die Steuern seien weiterhin ein wichtiges Thema – auch wenn die für 2021 geplante Reform nicht stattfinden konnte. „Unser Steuersystem trägt zu der sozialen Ungerechtigkeit bei und das muss sich ändern“, sagte die CSL-Präsidentin. Die Reichen seien in den letzten Jahren reicher geworden. Sie müssen laut Back entsprechend ihrer Zahlungsfähigkeit zu den öffentlichen Einnahmen beitragen. Das Virus habe den Preisanstieg nicht gebremst. „Zwar gibt es zwei bis drei positive Maßnahmen im Haushaltsgesetz – diese reichen nicht aus, um die Preisexplosion zu kontrollieren“, sagte Back. Einschneidende Maßnahmen seien nötig.

Ökologie und Digitalisierung

Der ökologische Wandel und die Digitalisierung seien zwei große Herausforderungen für die Gesellschaft. „Die notwendigen Anpassungen sollten in den sozialen Dialog integriert werden, wenn die Regierung will, dass sie von der Bevölkerung getragen werden“, betonte Back. In diesen beiden Bereichen habe die CSL im vergangenen Jahr viel getan – im Jahr 2021 soll es nicht anders sein. „Wir haben zum Beispiel Texte zu der Beseitigung oder zur gesetzlichen Regelung der Plattformarbeit ausgearbeitet“, sagte Back. Der erste werde derzeit im Wirtschafts- und Sozialrat diskutiert; der zweite sei an den zuständigen Minister weitergeleitet worden.

Im Jahr 2020 sei es der CSL trotz schwierigen sanitären Voraussetzungen gelungen, weiterhin Kurse anzubieten – unter anderem übers Internet. „Auf diese Weise konnten wir im letzten Jahr mehr als drei Viertel unserer Kurse durchführen“, sagte die CSL-Präsidentin. Insgesamt 12.000 Kandidaten haben vergangenes Jahr laut Back an den Schulungen der CSL teilgenommen. Trotzdem wolle die Arbeitnehmervertretung nicht alle Kurse digitalisieren. „Für uns sind die zwischenmenschlichen Beziehungen in einem herkömmlichen Schulungsraum nach wie vor sehr wichtig“, betonte Back. Neben traditionellen Präsenzschulungen wolle die CSL mehr „Blended Learning“ anbieten – eine Mischung aus Präsenz- und Fernunterricht. Mit der Adem und dem Arbeitsministerium habe die CSL 2020 mehr als 1.100 Arbeitssuchende geschult – hauptsächlich im digitalen Bereich.

HTK
22. Januar 2021 - 11.16

In Coronazeiten ist es auch schwer für Gewerkschaften ein Thema zu finden das wichtiger ist als das nackte Überleben.Die Regierungen in der ganzen Welt hängen in den Seilen weil niemand so recht weiß wie es weitergeht. Bis die Impfungskampagnen abgeschlossen sind sollten die Gewerkschaften mit den Regierungen arbeiten.Gut für die Glaubwürdigkeit.