ParlamentDie fast vergessene Revolution: Gesetz soll Eigenversorgung mit Strom anspornen

Parlament / Die fast vergessene Revolution: Gesetz soll Eigenversorgung mit Strom anspornen
Berichterstatter war am Mittwoch Carlo Back („déi gréng“) Foto: Editpress/Julien Garroy

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Rifkin lebt – nicht nur der Namensinhaber, sondern auch die mit dieser Bezeichnung ausgeschmückte Modernisierungsstrategie für Luxemburg. Mit dem am Mittwoch verabschiedeten Gesetz zur Reorganisation des Strommarkts nähert man sich einem zentralen Element der strategischen Studie zur sogenannten „Dritten industriellen Revolution“ in Luxemburg: die Dezentralisierung der Stromproduktion. 

Die Regierung hatte dem US-amerikanischen Volkswirtschaftler Jeremy Rifkin 2015 die Erarbeitung der Studie anvertraut. Sie war im November 2016 vor erlesenem Publikum aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft vorgestellt worden. In letzter Zeit war es eher still geworden um die vom ehemaligen Wirtschaftsminister Etienne Schneider angeregte Studie. 

Der neue Gesetzestext präzisiert die Regeln bei der Stromerzeugung zum eigenen Gebrauch in einem Einfamilienhaus, einem Mehrfamilienwohnhaus oder in einer Gemeinschaft von geografisch getrennt lebenden Haushalten. Aus Produzenten oder Konsumenten sollen sogenannte Prosumers werden. Sie produzieren und verbrauchen ihren Strom selbst und speisen den Energieüberschuss ins öffentliche Stromnetz ein. Das Gesetz sieht dazu auch die Schaffung eines nationalen Digitalnetzes zur Verwaltung der Energieflüsse. Der Betreiber des Stromnetzes wird Telefongespräche aufzeichnen dürfen, die bei Pannen und anderen Störungen im Netz geführt werden.

Kernstück des Textes sei es, einen gesetzlichen Rahmen für den Stromeigenverbrauch zu schaffen, so Berichterstatter Carlo Back („déi gréng“). Die Haushalte sollten demnach Akteure der Energiewende werden. Zwar sei der Verbrauch von selbst erzeugtem Strom bereits heute möglich, doch sei dies wenig verbreitet. 2019 nutzten nur 83 Haushalte diese Möglichkeit. Zum Vergleich: Derzeit sind mehr als 8.000 Fotovoltaikanlagen installiert. Es sei finanziell interessanter, den Solar- und Windstrom ins Netz zu speisen. Einen Anreiz könnte nun die Abschaffung der Netzkosten für Selbstversorger liefern.

Der Gesetzentwurf wurde auch von der größten Oppositionspartei getragen, auch wenn ihr Sprecher Paul Galles von Symbolpolitik sprach, denn der Anteil der selbst erzeugten Energie an der Gesamtbilanz sei sehr gering. Der Großteil der erneuerbaren Energie werde importiert. Galles sprach die Risiken weiterer sozialer Ungleichheiten an. Menschen in prekären Verhältnissen ohne eigenes Haus und ohne das erforderte Kapital könnten sich keine Solaranlage leisten. 

Skeptisch äußerte sich Fred Keup (ADR) zur gesamten Politik der Regierung in Sachen Energiewende und Dekarbonisierung. Kleine, über das ganze Land verteilte Stromerzeuger könnten keinesfalls dieselbe Energiesicherheit garantieren wie die großen Produzenten. Bei Wind- und Solarenergie komme es zu großen Schwankungen. Es könne demnach zu Engpässen kommen. Dennoch stimmte auch die ADR dem Gesetzestext zu. 

Die einzige reale Opposition kam von den Abgeordneten von „déi Lénk“. David Wagner zufolge seien die Ziele der Energiewende nur dank öffentlicher Träger zu erreichen. Produktion und Vertrieb von Energie müssten in die öffentliche Hand zurück. Den Begriff Prosumer könne er nicht mehr hören, so Wagner. Schließlich seien schon seine Großeltern Prosumers gewesen, als sie im eigenen Garten Lauch züchteten und selbst verzehrten. Die Idealwelt von Jeremy Rifkin gäbe es nicht. Rifkin sei ein hergelaufener Guru, der nur mit Wasser koche, so Wagner sich auf Mainstream-Medien berufend. Die ökoliberale Politik werde die sozialen  Unterschiede noch vertiefen, da sie vor allem privilegierten Schichten zugutekomme. Allein „déi Lénk“ lehnte den Gesetzentwurf ab. 

Dieser Debatte war eine Frage des DP-Abgeordneten André Bauler zur Umsetzung der Rifkin-Strategie in Corona-Zeiten vorausgegangen. In den vergangenen Monaten sei es doch recht still gewesen um die „Dritte industrielle Revolution“. Die Energiefragen und die Dekarbonisierung der Wirtschaft seien zentrale Themen des Rifkin-Prozesses und sie seien noch immer aktuell. Der gleichnamige Bericht sei demnach keinesfalls obsolet, so Wirtschaftsminister Franz Fayot (LSAP). Dabei zählte er konkrete Beispiele auf, was bisher in diesem Zusammenhang bereits erfolgt sei. So müssten bei jedem Neubau Anschlüsse für eine spätere Solaranlage eingeplant werden. Die sogenannten Grünen Finanzen seien ein Ergebnis des Rifkin-Prozesses, ebenso die Kreislaufwirtschaftsstrategie, die man in wenigen Tagen vorstellen wolle. Derzeit sei sein Ministerium zusammen mit u.a. der Handelskammer  und der Arbeitnehmerkammer mit einer Bestandsaufnahme zur Rifkin-Strategie beschäftigt.

Am Ende der Sitzung wurde noch eine Änderung des Landesplanungsgesetzes von 2018 gebilligt. Damit können die vier sektoriellen Leitpläne rechtskräftig werden, an denen die Gestaltung des Landes in den Bereichen Wohnen, Transport, Landschaften und Gewerbezonen orientiert werden soll.

Die Tagesordnung am Donnerstag sieht u.a. eine Interpellation des liberalen Fraktionschefs Gilles Baum zum Thema Suizid vor.

Laird Glenmore
21. Januar 2021 - 18.46

@ Day after Hätte ich ,und sicher viele andere, die finanziellen Mittel,wäre morgen die Ölheizung draussen und ich würde elektrisch heizen. Ich könnte mit Fotovoltaik mehr Strom produzieren als ich benötige.Aber….. hier eine Alternative zum kleinen Geldbeutel, überlege auch ob ich eine Installiere, muß nur mit der Gemeinde abklären ob man das genehmigt bekommt, denke die Esche sind zu blöd für den Fortschritt. " http://www.myskywind.com/ "

J.C.Kemp
21. Januar 2021 - 16.18

Leit, déi Stroum aspeisen, bezuelen nach eng Tax, fir dat daerfen ze machen. Den agespeiste Stroum gët minimal beuelt. An de Stroum, den se selwer aus dem Netz brauche, kréien se nach verrechent. Loosst iech net faenken! De Stroum vum Daach gehéiert iech net! Wéi wier et mat enger Enquète doriwwer, Tageblatt?

Nomi
21. Januar 2021 - 14.57

Keng Angscht, wann mer elo so'u Sachen installei'eren, kommen och d'Taxen no . Als eischt gett eng Muert rausgehaang, an dann gett een geb. . cht !

Jemp
21. Januar 2021 - 14.37

Komisch, vor ein paar Monaten zerrten Creos oder Enovos einen noch vor Gericht, wenn man sein Weekendhaus nicht ans Netz anschliessen wollte.

Day after
21. Januar 2021 - 9.51

Hätte ich ,und sicher viele andere, die finanziellen Mittel,wäre morgen die Ölheizung draussen und ich würde elektrisch heizen. Ich könnte mit Fotovoltaik mehr Strom produzieren als ich benötige.Aber.....