Hochwertiger ImbissSternenköche im Foodtruck sorgen für großen Andrang: „Kann der Kunde nicht zu uns, gehen wir zu ihm“

Hochwertiger Imbiss / Sternenköche im Foodtruck sorgen für großen Andrang: „Kann der Kunde nicht zu uns, gehen wir zu ihm“
Der Andrang für preisgünstiges Essen von Spitzenköchen war groß Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Ein Menü von einem Sternkoch für zehn Euro: Etliche Gourmets wollten sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Am vergangenen Wochenende kochten gleich zwei Sterneköche in einem Foodtruck neben der Kultkneipe „Scott’s Pub“ im Grund. Neben viel Lob für die Initiative gibt es aber auch herbe Kritik an den staatlichen Stellen und am Gaststättenverband Horesca.

„Die Kunden können nicht zu uns kommen, also gehen wir zu ihnen auf die Straße“, begründet Sternekoch René Mathieu seine Teilnahme am Foodtruck-Experiment. Er habe sich nicht lange bitten lassen, als man ihn gefragt habe, bei der Initiative mitzumachen. Er und sein Kollege Cyril Molard liebten solche Herausforderung. Für die Restaurateure sei es zudem eine Gelegenheit gewesen, wieder Kontakt mit Kunden zu haben. Seinen Eindruck vom Wochenende fasst der Belgier wie folgt zusammen: „C’était magique. Il faisait très froid et la file d’attente était très longue. Jamais vu ça! Une heure d’attente pour être servi et tout cela dans une ambiance décontractée!“

Jeder der drei Köche (die zwei Genannten und „Scott’s“-Koch Hugo Maia) bot zwei Menüs an, die sie im Vorfeld vorbereitet hatten, gekocht wurde im Foodtruck. Im Angebot standen u.a. Falafel, geräuchertes Entengeschnetzeltes oder Sellerie-Risotto mit Trüffeln. Der Kommentar von einem Kunden auf Facebook bestätigt Mathieus Aussage: Er habe über eine Stunde warten müssen, bis er sein Essen genießen konnte. Er sei zwar halb erfroren gewesen, doch das Warten bei klirrender Kälte habe sich gelohnt. „Wo bekommt man schon ein Menü eines Sternkochs zu einem solch niedrigen Preis?“

Dass in Krisenzeiten vieles anders ist, ist klar. „Scott’s“-Manager Diogo Leal hat sich zusammen mit dem Sternekoch Cyril Molard („Ma langue sourit“) etwas Besonderes einfallen lassen, um sich und anderen Köchen etwas Arbeit zu verschaffen. Die Idee sei erst vor kurzem geboren und sehr spontan umgesetzt worden. Die Genehmigung der Stadtverwaltung hätten sie fast sofort und problemlos erhalten. „Die waren sehr entgegenkommend.“ Den Foodtruck habe er sich von einem Freund ausgeliehen.

Leal zufolge ist die Idee extrem gut bei den Gästen angekommen. Etwa 400 seien es an den beiden Tagen (Samstag und Sonntag) gewesen. „Die waren alle total glücklich, dass sie beim Spaziergang durch das Viertel etwas Gutes zu essen bekamen.“ Ziel sei es nicht gewesen, große Kasse zu machen. Eine Aussage, die man angesichts der Preise glauben kann: Jedes Menü kostete zehn Euro.

René Mathieu hat vor allem die einfache Herangehensweise und die gute Organisation gefallen. Die Zeiten verlangten halt, dass man sich anpasst und sich neu erfindet. „Es gibt nur Lösungen, keine Probleme“, lautet seine positive Lebenseinstellung. Ihm hat die Erfahrung im Imbisswagen so gut gefallen, dass er bereit ist, das Ganze zu wiederholen.

Bedürfnis sozialer Nähe

Cyril Molard war ebenfalls begeistert über den Erfolg des Foodtruck-Experiments. Besonders überrascht hat auch ihn die große Geduld der Kunden, die über eine Stunde in der Kälte gewartet hätten. Zum Warum dieser Initiative befragt, sagt er: „On voulait se faire plaisir.“ Alle wollten sie unbedingt wieder arbeiten und sich gegenseitig helfen. Für Molard ist die soziale Komponente sehr wichtig, sowohl für die Köche als auch für die Kunden.

Wie sein Kollege Mathieu hebt er die gute Organisation hervor. Mitarbeiter des „Scott’s“ seien mit Müllsäcken unterwegs gewesen, um etwaigen Abfall einzusammeln. Die Arbeit im Foodtruck sei ohne Stress abgelaufen. In einem Foodtruck sei der Arbeitsplatz zwar etwas eingeschränkter als normal, aber die Küche des „Scott’s“ hat mitgearbeitet, und es pendelte dauernd ein Mitarbeiter zwischen der Küche und dem Foodtruck hin und her.

Ohne Details verraten zu wollen, kündigt er eine weitere gastronomische Überraschung nahe dem „Sott’s“ an: „Ça va encore sentir très bon dans les rues du Grund“, verspricht Molard. Wann genau, das sei in diesen Zeiten schwer vorauszusagen.

Keine einmalige Sache

Da das Ganze auf großen Zuspruch gestoßen sei, werde es keine einmalige Sache bleiben, bestätigt Diogo Leal. Das Foodtruck-Experiment werde voraussichtlich nächstes Wochenende wiederholt. Wer dann kocht, will er aber noch nicht verraten. Aber es werden wieder Spitzenköche sein, verspricht er. Und es würden  Köche aus inländischen Restaurants sein. Der Frage, ob er für die Zukunft noch andere Ideen auf Lager habe, wich Leal aus. „Ideen haben wir, aber noch keine konkreten Pläne. In diesen Zeiten heißt es eh, sich an die stets neuen Begebenheiten anzupassen.“

Die aktuelle Lage im Horeca-Sektor will Leal nicht kommentieren, doch auf der Facebook-Seite der Bar ist eine Meldung der Gruppe #LIGHTSONLUXMBOURG zu lesen, wo sich Bars und Restaurants über eine unfaire Behandlung gegenüber anderen Bereichen beschweren.

Die Sterneköche

René Mathieu, geboren 1961 in La Roche-en-Ardenne (Belgien), 1 Michelin-Stern;
seit 2005 Chefkoch des Restaurants „La Distellerie“ (Schloss Burglinster);
2002-2005: Chefkoch am großherzoglichen Hof;
bester Koch Luxemburgs „Gault&Millau“ 2021 und 2010.

Cyril Molard, geboren 1970 in Neufchâteau (Frankreich), 2 Michelin-Sterne;
seit 2008 betreibt er das Restaurant „Ma langue sourit“ in Moutfort;
1999-2008: Chefkoch im Hotel „Le Royal“;
bester Koch Luxemburgs „Gault&Millau” 2020 und 2014.

Herbe Kritik an Horesca

Einerseits äußerst sich Cyril Molard mehr als zufrieden über die Foodtruck-Erfahrung. Auf die allgemeinen Probleme des Sektors jedoch angesprochen bricht es förmlich aus ihm heraus und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. Die Prozeduren, um an staatliche Hilfen wie Kurzarbeitergeld zu kommen, seien extrem kompliziert, „un vrai casse-tête“. Jeder Antrag auf Kurzarbeitergeld müsse von jedem der Angestellten unterschrieben werden. „Doch viele unserer Angestellten wohnen gar nicht in Luxemburg. Und hat man die Frist versäumt, erhält man kein Geld.“
Vor allem aber stelle er einen Mangel an Respekt gegenüber den Akteuren aus der Gastronomie fest.
Seit November hätten viele Gastronomen keine Hilfsgelder mehr erhalten. Die Menschen, die am Wochenende demonstriert hätten, seien „au bout du rouleau“. Enttäuscht sagt er sich auch über die Weigerung des Premierministers, sich mit Gastronomen zu treffen. Der Gastronomiesektor werde arg vernachlässigt, das sei in den Nachbarländern nicht anders.
Auf die Bestrebungen der Horesca angesprochen wird Molard fast wütend. „Wen repräsentiert die Horesca denn, außer sich selbst?“, fragt er erzürnt. „Niemand von der Horesca hat uns angerufen und nach unseren Problemen gefragt.“ Aus seinen Worten sprechen Wut und Enttäuschung. Die Horesca sei nur auf ihr eigenes Image bedacht, sie rechtfertige sich dauernd selbst in der Presse. Für den Kontakt unter den Gastronomen müssten diese selber sorgen.
Seine Worte lassen erkennen, dass er sich mit seinen Problemen alleingelassen fühlt: „Ni le gouvernement, ni l’Horesca est proche de nous. Ils ne sont pas à la hauteur“, lautet sein trauriges Fazit.

 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Laird Glenmore
21. Januar 2021 - 12.53

@Grober J-P. komische Frage, die hatten keine zehn €uro, war wieder nur für die Möchtegern " Geissens ", wen interessieren denn die Armen.

Grober J-P.
21. Januar 2021 - 10.10

Waren die Clochards auch eingeladen?