Nicht nur abgesagte EuropareiseTrump und Pompeo und ihre gefährliche Hauruck-Außenpolitik der letzten Tage

Nicht nur abgesagte Europareise / Trump und Pompeo und ihre gefährliche Hauruck-Außenpolitik der letzten Tage
Freunde bedienen, Feinde bestrafen: Trump und Pompeo haben die vergangenen Tage gewichtige Entscheidungen getroffen Foto: AFP/Mandel Ngan

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Außenpolitisch schlagen die USA unter Trump und Außenminister Pompeo die vergangenen Tage noch fleißig Pflöcke ein. Im Gegensatz zur Absage der letzten Auslandsreise Pompeos und der Luxemburg-Episode könnten manche dieser Entscheidungen allerdings bedrohliche Konsequenzen haben. 

Dass Mike Pompeo seine Amtszeit als US-Außenminister nicht einfach ruhig ausklingen lässt, weiß man spätestens seit Dienstag auch in Luxemburg. Da war Donald Trumps „Secretary of State“ die Lust auf einen Luxemburg-Besuch recht plötzlich vergangen. Jean Asselborn hatte den US-Präsidenten am Tag nach dem Sturm auf das Kapitol in einem Radio-Interview einen „politischen Brandstifter“ genannt. Und einen „Kriminellen“.

Die Folge: Pompeo sagte den im Großherzogtum vorgesehenen Besuch kurzerhand ab. Die weitere Folge: Nur wenig später ließ Pompeos Büro mitteilen, dass auch die Gespräche mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Belgiens Außenministerin Sophie Wilmès in Brüssel nicht stattfinden werden – der US-Außenminister hatte damit seine letzte Europareise ganz abgesagt. Die Trauer darüber hielt sich in Europa in Grenzen.

Die Nachrichtenagentur Reuters schrieb anschließend davon, die europäischen Gesprächspartner hätten Pompeo gar nicht erst empfangen wollen. Nicht auszuschließen auch, dass die geballte Kritik aus Europa Pompeo zum Umdenken gebracht hatte. Einem Gast muss nicht unbedingt abgesagt werden, damit er nicht kommt. Meist dürfte es ausreichen, ihm im Vorfeld mitzuteilen, was man von ihm hält. So oder so: Mit der Episode rund um die abgesagte Reise war für Spott über Pompeo auf Twitter gesorgt.

Auf diplomatischer Ebene kann sich wohl keine Seite mit dieser Geschichte rühmen. Dabei hat sie einen (vielleicht nur vorläufigen) Schlusspunkt gesetzt hinter die US-Außenpolitik der scheidenden Trump-Administration. In den vergangenen Tagen wurden mehrere Hauruck-Entscheidungen getroffen, die, anders als die Absage an Europa, bedrohliche Konsequenzen haben können – auch wenn Joe Bidens Team einige davon rückgängig machen kann.

Pompeos Ankündigungen der letzten Tage:

Ebenfalls am Dienstag hat Pompeo den Iran als „neue Heimatbasis“ für das Terrornetzwerk Al-Kaida bezeichnet. „Ich würde sagen, dass der Iran in der Tat das neue Afghanistan ist – als zentraler geografischer Knotenpunkt für Al-Kaida“, sagte Pompeo bei einer Rede vor dem National Press Club in Washington.

Schwer zu versöhnen: Für Pompeo ist Iran „das neue Afghanistan“  
Schwer zu versöhnen: Für Pompeo ist Iran „das neue Afghanistan“   Foto: AFP/Ahmad al-Rubaye

Die Situation sei schlimmer als in Afghanistan, da sich Al-Kaida dort in den Bergen versteckt habe, während es im Iran unter dem „Schutz des iranischen Regimes“ agiere. Pompeo nannte die angebliche Allianz zwischen dem Iran und Al-Kaida eine „massive Kraft für das Böse in der ganzen Welt“.

Am Montag haben die USA Kuba wieder offiziell als Terrorunterstützer eingestuft. Pompeo sagte dazu, der sozialistische Karibikstaat sei auf eine Liste mit Ländern gesetzt worden, denen die USA eine Unterstützung des Terrorismus vorwerfen. Kuba war 2015 von der US-Liste gestrichen worden. Kuba habe immer wieder „Terroristen“ und Flüchtigen vor der US-Justiz Unterschlupf geboten, sagte Pompeo.

Schwere Last: Kuba steht wieder auf der Liste der Terrorunterstützer
Schwere Last: Kuba steht wieder auf der Liste der Terrorunterstützer  Foto: AFP/Yamil Lage

Die erneute Aufnahme auf die Liste der Terrorunterstützer erschwert ausländische Investitionen auf der Insel massiv – und erschwert auch die Pläne von Trumps designiertem Nachfolger Joe Biden, die Beziehungen zu dem Inselstaat wieder zu verbessern. Auf der US-Liste der Terrorunterstützerstaaten standen zuletzt der Iran, Nordkorea und Syrien. Der Sudan war kürzlich von der Liste gestrichen worden.

Am Sonntag nahm die scheidende US-Regierung einen Verbündeten des Iran im Bürgerkriegsland Jemen ins Visier. Pompeo teilte mit, er wolle die jemenitischen Huthi-Rebellen als Terrororganisation einstufen. Er werde den US-Kongress über die entsprechende Absicht informieren. Im Jemen herrscht seit 2014 Bürgerkrieg. Die Huthis kontrollieren große Teile des Landes, darunter die Hauptstadt Sanaa. Sie kämpfen gegen die Truppen der international anerkannten Regierung, die unter anderem vom Nachbarland Saudi-Arabien militärisch unterstützt wird. Verbündet sind die Huthis mit dem Iran, einem Erzfeind Riads.

Schwer zu versorgen: Im Jemen sind 24 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen
Schwer zu versorgen: Im Jemen sind 24 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen Foto: AFP/Essa Ahmed

Das Land auf der Arabischen Halbinsel ist eines der ärmsten der Welt. Der Bürgerkrieg hat das Leid der Menschen dort nochmals deutlich vergrößert. 24 Millionen Menschen – rund 80 Prozent der Bevölkerung – sind nach UN-Angaben auf humanitäre Hilfe angewiesen. Hilfsorganisationen warnten, die Einstufung der Huthis als Terrororganisation werde Folgen für die humanitäre Hilfe haben. Es werde noch schwerer werden, Lebensmittel und Medikamente in das Land zu bringen, erklärte der Norwegian Refugee Council. Nach Angaben der Organisation droht dem Land schon jetzt die weltweit schlimmste Hungersnot seit Jahrzehnten.

Am Samstag beendeten die USA die jahrzehntelangen Beschränkungen für offizielle Kontakte mit Taiwan – eine Abkehr vom letzten Funken Rücksichtnahme auf Peking. Die „komplexen internen Beschränkungen“ unter anderem für Diplomaten im Umgang mit Taipeh seien ein „Versuch zur Beschwichtigung des kommunistischen Regimes in Peking“ gewesen, erklärte Pompeo – „das ist vorbei“.

Die Erklärung Pompeos dürfte so kurz vor dem Machtwechsel in Washington eher symbolischer Natur sein. Trotzdem hatte China umgehend mit einem „Gegenschlag“ gedroht. Alle Handlungen, die den „fundamentalen Interessen Chinas“ zuwiderliefen, zögen eine entsprechende harte Antwort nach sich, sagte Außenamtssprecher Zhao Lijian.

Vor allem bei den Entscheidungen zu den Huthis und Kuba lässt sich von weitsichtiger Außenpolitik kaum mehr reden. Gegenüber dem Magazin Foreign Policy nannte ein US-Offizieller die US-Außenpolitik der vergangenen Wochen eine „Fire Sale Diplomacy“, was frei übersetzt eine Schlussverkauf-Diplomatie genannt werden könnte – nach dem Motto: Alles muss raus. Bidens Start wird damit nicht leichter. Und noch sind es sieben Tage bis zum Machtwechsel. (mit Material aus den Agenturen)

B.G.
14. Januar 2021 - 20.48

@J.C. Kemp Da haben Sie Recht , ein derart von Twitter und anderen Privatfirmen beschränkter Präsident kann auf keinen Fall ein mächtiger Diktator sein.

J.C.Kemp
14. Januar 2021 - 19.03

Nach seiner Abwahl dürfte ein Präsident nur noch beschränkte Macht haben, besonders ein derart beschränkter Präsident.