Gutachten und neuer Anspruch ALIA will mehr Medien kontrollieren

Gutachten und neuer Anspruch  / ALIA will mehr Medien kontrollieren
V.l.n.r.: Paul H. Lorenz (Direktor), Thierry Hoscheit (Präsident), Valérie Dupong, Marc Glesener und Claude Wolf (Mitglieder des Verwaltungsrates) Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Die ALIA („Autorité luxembourgeoise indépendante de l’audiovisuel“) lud zu einer recht seltsamen Pressekonferenz, die teils physisch in der Handelskammer, teils übers Netz stattfand. Thema sollte das Gutachten zur Gesetzesreform zu den elektronischen Medien (die Umsetzung einer EU-Richtlinie) sein, das bereits seit dem 7. Dezember vorliegt. Behandelt wurden die Bemerkungen der Behörde zu dem Reformtext allerdings nicht; vielmehr gingen Präsident Thierry Hoscheit und die Mitglieder des Verwaltungsrates Valérie Dupong und Marc Glesener auf die Medien allgemein und deren gewünschte künftige Kontrolle ein.

Die ALIA habe das Gutachten genutzt, um die gesamte Mediengesetzgebung unter die Lupe zu nehmen, so Hoscheit eingangs. Und diese Betrachtung führte den Verwaltungsrat zum Schluss, dass ein Gesetz notwendig sei, das sich den Herausforderungen des gesamten audiovisuellen Mediensektors, der in permanentem Wandel ist, anpasst. Wie dieses genau formuliert werden soll, bleibt offen: Alle Betroffenen des Medienbereichs sowie die breite Öffentlichkeit sollen sich laut Vorstellungen der Behörde einbringen und mitarbeiten. Eines ist der unabhängigen Behörde aber bereits klar: Alle regulatorischen Aufgaben sollen künftig in einer Hand sein und von der ALIA übernommen werden. So solle die Kompetenz für Zulassungen neuer Medien auch nicht mehr bei der Politik liegen, sondern bei der Behörde; mit dem Medienministerium habe bereits ein Austausch stattgefunden. Eine Reaktion auf die Ideen der ALIA sei allerdings noch nicht erfolgt.

Die zentrale Kontrolle würde zu mehr Kohärenz führen und würde u.a. garantieren, dass die Nutzer von Medien auf sichere Quellen zurückgreifen könnten. Dass der „Conseil de presse“ Presseausweise vergibt, die nicht nur an strenge Auflagen gebunden sind, sondern dass alle professionellen Journalisten (so der vom Presserat verliehene Titel), von denen viele für elektronische Medien arbeiten, einen Deontologiekodex unterschreiben, der eben für die Sicherheit der Information steht, erwähnten die ALIA-Vertreter nur auf Nachfrage und versicherten, es sei nicht ihre Absicht, Journalisten zu kontrollieren. 

Grundrechte garantieren

Es gehe um die Garantie der Grundrechte, hieß es weiter; in dem Sinne sollte auch, wenigstens teilweise, eine Kontrolle der sogenannten sozialen Medien erfolgen. Wie dies geschehen soll und mit welchem personellen und finanziellen Aufwand, lässt die Behörde offen. Erst müsse ein entsprechendes Gesetz vorliegen, ehe dies abgeschätzt werden kann. 

Zudem wurden eine ganze Reihe mehr oder weniger zusammenhanglose Probleme angesprochen, die ein neues allgemeines Mediengesetz lösen könnte. So seien die lokalen und regionalen Fernsehsender von Gemeinden ebenso wie deren Internet-Auftritte überhaupt keiner Kontrolle unterworfen, die ALIA habe bei den letzten Wahlen Kontrollaufgaben vom Staat bekommen, ohne dass klare Regeln bestünden. Medienerziehung sei im Rahmen der legislativen Reform des Informationswesens anzustreben und auch mit künstlicher Intelligenz will die Autorität sich beschäftigen.

Immerhin wird die Position der „Autorité luxembourgeoise indépendante de l’audiovisuel“ im zweiten Teil des Gutachtens unter dem Titel „Réflexions d’ordre général“ beschrieben (nachzulesen auf der ALIA-Homepage). Inwiefern die Denkanstöße in die Realität umgesetzt werden können, ist dabei noch offen; an Selbstvertrauen fehlt es der sechs Jahre alten Behörde jedenfalls nicht.