ÄgyptenHandball-WM: Mammutturnier unter außergewöhnlichen Umständen

Ägypten / Handball-WM: Mammutturnier unter außergewöhnlichen Umständen
Schwieriger Stand für Deutschlands Handballer: Wegen der weltweiten Pandemie verweigern einige Topspieler die Teilnahme Foto: Erwin Scheriau/dpa

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Übermorgen beginnt die 27. Handball-Weltmeisterschaft. Zum zweiten Mal in ihrer Geschichte wird die WM in Ägypten ausgetragen. In den kommenden zwei Wochen kämpfen insgesamt 32 Mannschaften in 108 Spielen unter besonderen Umständen um den Titel. Zum Auftakt trifft Gastgeber Ägypten morgen auf Chile.

Zwischen dem 13. und 31. Januar wird die 27. Handball-Weltmeisterschaft zum zweiten Mal in der Geschichte des Handball-Sports in Ägypten ausgetragen. Dabei kämpfen nicht wie bisher üblich 24 Nationen um den Titel, erstmals nehmen 32 Teams an der WM teil. Und das mitten in der Corona-Pandemie. Dabei ist es aus gesellschaftlicher Sicht sicherlich nicht die beste Idee, in dieser Zeit eine Weltmeisterschaft auszutragen. Die Verantwortlichen rechtfertigen ihre Entscheidung mit dem Hinweis, dass die EM 2020 der Damen, die kürzlich in Dänemark ausgetragen wurde und mit großem Erfolg zu Ende ging, keine zusätzlichen Infektionen zu verzeichnen hatte.

Die EHF EURO 2020 der Damen war trotz der Corona-Pandemie ein durchschlagender Erfolg. Die Organisation lief perfekt, alle Spiele wurden live auf EHF TV übertragen und was man dort zu sehen bekam, war oberste Klasse. Über Schnelligkeit, brillante Technik bis hin zu begeisternden Torwartparaden war alles dabei, dem Damenhandball gelang es, auf europäischer Bühne seine Fortschritte unter Beweis zu stellen. Das Einzige, was fehlte, war die Zuschauerkulisse und die damit verbundene Stimmung. Europameister wurde der Favorit Norwegen. Nach einem hochklassigen Endspiel gegen Titelverteidiger Frankreich (22:20) krönte Norwegen sich mit dem achten EM-Titel.

Der Vergleich hinkt

Der dänische Handballverband hatte, nachdem Norwegen im letzten Moment abgesprungen war, die Rolle des alleinigen Gastgebers übernommen und ließ die Spiele an zwei Spielorten, in Herning und Kolding austragen. Mit freiwilligen Helfern überwachten der dänische Verband und die EHF die Hygienemaßnahmen, darunter auch 6.000 Covid-19-PCR-Tests von Spielerinnen und Offiziellen, die an dem Turnier beteiligt waren. Ungefähr 600 Personen, darunter alle 16 Mannschaften, wurden als Teil des Hygieneprotokolls der EHF in eine sichere „Blase“ gesteckt. 

Die Europameisterschaft der Damen mit 16 Mannschaften aus Europa und die Weltmeisterschaft der Herren mit 32 Ländern von verschiedenen Kontinenten zu vergleichen, ist jedoch schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. An der WM nehmen doppelt so viele Teams wie bei der Damen EM teil. Außerdem sind die Distanzen zwischen den Austragungsorten in der Vorrunde teilweise beträchtlich. Gespielt wird das Mammutturnier in vier ägyptischen Städten: Alexandria, Kairo, Gizeh und New Capital.

Wegen der weltweiten Pandemie hatte es zuletzt vor allem aus Deutschland vermehrt Forderungen nach einer Verschiebung des Turniers gegeben. Das scheint verständlich, da eine Reihe von deutschen Spielern dem Verband eine Absage erteilten, weil sie das Risiko als zu hoch einschätzen. So haben Hendrik Pekeler, Patrick Wiencek und Steffen Weinhold (alle Kiel) sowie Finn Lemke (Melsungen) ihren freiwilligen WM-Verzicht erklärt.

Die IHF hält aber an dem geplanten Termin fest. „Für die gesamte Handball-Branche ist es von großer Bedeutung, die Weltmeisterschaft auszurichten. Vom Fernsehen über die Sponsoren bis hin zu den verschiedenen Zuschauern profitiert jeder Akteur auf unterschiedliche Weise von der Organisation der Veranstaltung“, betonte IHF-Präsident Hassan Moustafa. Die WM nicht durchzuführen, würde insbesondere für die Spieler einen enormen Sichtbarkeitsverlust bedeuten, sagte der 76-jährige Ägypter. Bis gestern planten die Organisatoren sogar noch mit Zuschauern. Anfangs war eine Hallenauslastung von 30 Prozent vorgesehen, diese wurde zwar vor wenigen Tagen auf 20 reduziert. An den Zuschauern hielt man allerdings bis vier Tage vor Turnier-Beginn weiter fest. Die Organisatoren entschieden erst am Sonntag bei einem Spitzentreffen mit dem Weltverband IHF und der ägyptischen Regierung, dass die WM nun ganz ohne Zuschauer stattfinden soll.

Präventionskonzepte und Hygienemaßnahmen

Aufgrund der Pandemie haben die Organisatoren ein Konzept erarbeitet, um die Teilnehmer in einer Blase so gut es geht zu schützen. „Alle Präventivmaßnahmen gelten von der Minute der Ankunft in Ägypten bis zur letzten Minute der Abreise“, betonte Hazem Khamis, Chef der Medizinischen Kommission. So müssen sich alle WM-Teilnehmer, die in direktem Kontakt mit den Spielern, Schiedsrichtern, Trainern, Assistenten oder dem medizinischen Personal stehen, schon zwei Tage vor der Ankunft und danach alle 72 Stunden einem Corona-Test unterziehen. „Alle Personen, die in den Hallen anwesend sind, werden Gesichtsschutzmasken tragen, mit Ausnahme der Spieler während des Spiels und der Trainingseinheiten vor den Spielen“, betonte Khamis: „Sollte es dennoch einen positiven Corona-Fall geben, gibt es feste Quarantäneplätze für die betroffenen Personen.“

Bleibt also nur zu hoffen, dass die Weltmeisterschaft die größte Bühne und ein herausragendes Ereignis für den Handballsport bleibt. Dass sich zuletzt mehrere Stars kritisch über die WM geäußert haben, zeigt, dass die Top-Spieler sich positionieren. Am Ende funktioniert ein Großturnier aber nur, wenn sich die Besten der Welt messen. Denn das sind die Namen, die die Zuschauer sehen wollen. Auf der anderen Seite wäre es unglaublich schade für den Handball, wenn die Weltmeisterschaft nicht stattfinden könnte. Wenn man sicherstellen kann, dass die Spieler gesund zurückkommen und ein chancengleiches Turnier organisiert werden kann, dann wäre es wichtig, dass die Sportart Handball im Januar präsent ist.

Eine WM ist ein Großereignis und so etwas braucht der Sport. Der Handball hat in den letzten Jahrzehnten eine sehr gute Entwicklung genommen. Bleibt also zu hoffen, dass die Fans in den Hallen und vor den Bildschirmen spannenden Sport geboten bekommen und vor allem, dass alle Beteiligten gesund in ihre Länder zurückreisen können.

Der Spielmodus

Für das Mammutturnier sind Titelverteidiger Dänemark und Gastgeber Ägypten automatisch qualifiziert. Die restlichen 30 Startplätze wurden an 13 Teams aus Europa, sechs aus Afrika, vier aus Asien, vier aus Süd- und Mittelamerika, eines aus Nordamerika und Karibik sowie einen Vertreter Ozeaniens vergeben. Hinzu kommen zwei Wildcards, die an Russland und Polen verteilt wurden.
Gespielt wird das Turnier in vier ägyptischen Städten: Alexandria, Kairo, Gizeh und New Capital. Die Vorrunde der Weltmeisterschaft wird in acht Gruppen mit jeweils vier Teams gespielt (13. bis 19. Januar). Die ersten drei Teams jeder Gruppe ziehen in die Hauptrunde ein (20. bis 25. Januar). Die 24 Mannschaften werden in vier Sechsergruppen eingeteilt. Die ersten beiden Mannschaften jeder Hauptrunde qualifizieren sich für das Viertelfinale (27. Januar), die Halbfinals folgen am 29. Januar. Am 31. Januar geht das große Endspiel in Kairo über die Bühne.

Die Teilnehmer

Gruppe A: Deutschland, Ungarn, Uruguay, Kap Verde
Gruppe B: Spanien, Tunesien, Brasilien, Polen
Gruppe C: Kroatien, Katar, Japan, Angola
Gruppe D: Dänemark, Argentinien, Bahrain, Demokratische Republik Kongo
Gruppe E: Norwegen, Österreich, Frankreich, USA
Gruppe F: Portugal, Algerien, Island, Marokko
Gruppe G: Schweden, Ägypten, Tschechien, Chile
Gruppe H: Slowenien, Weißrussland, Südkorea, Russland

Mensch
14. Januar 2021 - 13.36

Es ist erstaunlich, dass in einem Land wo momentan eine der schlimmsten und grausamsten zeitgenössischen Diktaturen herrscht eine Handball WM stattfinden kann. Man sollte sich schämen an so etwas teilzunehmen.