Kein zweites blaues AugeWie die Luxemburger Geschäftswelt den zweiten Lockdown (fast) überstanden hat

Kein zweites blaues Auge / Wie die Luxemburger Geschäftswelt den zweiten Lockdown (fast) überstanden hat
Es ist offiziell: Ab Montag dürfen Läden ihre Türen wieder öffnen, die Schäden des zweiten Lockdowns halten sich für viele daher in Grenzen Foto: Editpress/Julien Garroy

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Zwei Wochen blieben die Türen zu, ab Montag geht es wieder (quasi) normal weiter: Während andere noch um ihre Wiedereröffnung bangen, dürfen Luxemburgs Ladenbesitzer aufatmen, denn für sie nimmt der zweite Lockdown bald ein Ende. Doch auch wenn die Tage nach Weihnachten meist ruhig verlaufen, mussten sich Shop-Betreiber und Einzelhändler an die Krise anpassen, um weiterhin den Verkauf am Leben zu erhalten.

„Die Leute beschweren sich immer darüber, wie klein Luxemburg doch ist. Aber in den vergangenen Monaten haben die Bürger enorm viel lokal eingekauft, um ihre Geschäftswelt am Leben zu halten, und genau darin liegt unsere Stärke: Wir sind eine Gemeinschaft und brillieren auch als solche in Zeiten der Krise.“ Es ist die Unterstützung ihrer Klientel, die Ladenbesitzerin Amy Park trotz Lockdown positiv in die Zukunft blicken lässt. Ein paar Stunden vor der Ankündigung von Premierminister Xavier Bettel und Gesundheitsministerin Paulette Lenert, dass die Geschäfte ab kommendem Montag wieder öffnen dürfen, steht die 44-Jährige in ihrem geschlossenen Lokal und kümmert sich um die Onlinebestellungen von „The Modu Shop“. „Ich schätze mich glücklich, dass ich im Mai meinen e-Shop gestartet habe, denn viele andere Einzelhändler haben keine Online-Präsenz und dadurch gerade null Einkommen“, meint Amy. Die Pandemie hat gezeigt, dass man auf den digitalen Zug aufspringen muss, um zu überleben, dessen ist sich die gebürtige New Yorkerin mit koreanischen Wurzeln sicher.

Für die Zukunft hofft die Concept-Store-Besitzerin, dass weitere Initiativen wie die Verkaufsplattform „LëtzShop“ das Licht der Welt erblicken, denn ohne Internethandel hätten viele die vergangenen Lockdowns nicht überstanden. „Schon vor Covid wurde viel online gekauft, aber die Krise hat diesen Prozess noch beschleunigt. Für Händler wie mich mit festem Lokal ist es enorm schwierig, gegenüber großen Plattformen zu bestehen, vor allem aufgrund der hohen Mieten in der Stadt und der Tatsache, dass sich das Konsumverhalten der Leute in den letzten Monaten drastisch verändert hat“, so die Shop-Besitzerin. Während einige zu Hause gemerkt haben, wie viel sie eigentlich besitzen und den Kauf von noch mehr „Kram“  unterlassen haben, haben andere aus Angst vor dem Virus nur das große Shoppen vor Ort eingestellt, jedoch weiterhin online bestellt. Auch der Ausfall sämtlicher Events sowie die Einschränkungen bezüglich Gästezahlen und Schließung des Horeca-Sektors haben Auswirkungen auf Läden wie den „Modu Shop“: „Brauche ich wirklich noch ein paar Ohrringe oder ein neues Kleid, wenn ich eh nicht ausgehen kann?“

Die Ruhe nach den Feiertagen

Die vergangenen Wochen hat Amy deshalb genutzt, um einerseits Kraft zu tanken – die Periode vor Weihnachten ist trotz allem jedes Jahr wieder anstrengend, besonders wenn Hamsterkäufe aufgrund eines drohenden Lockdowns anstehen –, andererseits ihre Räumlichkeiten umzudekorieren und ihre Bestellungen neu zu evaluieren. „Als Einzelhändler muss man sich stets an die Situation anpassen. Normalerweise kaufe ich keine Loungewear oder Trainingshosen ein, aber da aktuell alle daheim sitzen, hat jetzt Priorität, was komfortabel ist.“ Inwiefern die letzte Schließung ihre Einnahmen beeinflusst hat, kann Amy derzeit noch nicht sagen – ruhiger ist es jedoch allemal. „Im ersten Lockdown habe ich sehr viel ausgeliefert, im Moment geht der Verkauf eher langsam voran. Im Januar und Februar ist allerdings immer weniger los und ich habe den Vorteil, dass ich keine Angestellten bezahlen muss.“

Relativ gelassen geht auch das Team des Escher „WeltButtek“ aus dem zweiten Lockdown heraus. „Wir haben durch die Schließung nicht weiter gelitten, da es in der Periode zwischen und nach den Feiertagen immer relativ ruhig ist“, meint Geschäftsführerin Françoise Theisen. In Zweier-Gruppen werde aktuell das Inventar des Ladens erstellt und sich um die Bestellungen gekümmert, die Kunden auch weiterhin via Internetseite, LëtzShop oder per Telefon tätigen können. Zu der positiven Lage der „WeltButteker“ führt jedoch vor allem die Tatsache, dass das Geschäftsmodell unkonventionell ist. „Wir funktionieren größtenteils über ehrenamtliche Arbeit und können so locker an die Herausforderungen herangehen, die sich uns in diesen komplizierten Zeiten stellen“, erklärt Françoise Pescatore, die ebenfalls im Escher „WeltButtek“ tätig ist. Hauptziel der Läden sei es weiterhin, die Einnahmen an kleine Projekte in Entwicklungsländern zu spenden und so die betroffenen Bevölkerungsgruppen vor Ort zu unterstützen. „Eine Anfrage an uns kam beispielsweise aus Südafrika, wo der gesamte Tourismus aufgrund der Krise eingebrochen ist und somit viele Arbeitsplätze gefährdet waren“, sagt Theisen. Handgemaltes Porzellangeschirr aus dem Isuna-Keramikstudio von Kapstadt anstelle der Reise nach Afrika – die Initiative fand bei den Luxemburgern Zuspruch und lockte knapp vor Schließung noch zahlreiche Kunden in die „WeltButteker“, die die Kassen mit Geld für dieses und andere Hilfsprojekte füllten.

Kleinere Reserven und heiße Hörer

Um die Treue ihrer Klientel zu belohnen, versucht die Mannschaft in Esch so gut es geht, auch weiterhin alle Produkte verfügbar zu machen. „Die Leute haben sich uns gegenüber solidarisch gezeigt, dann wollen wir sie nicht einfach hängen lassen, auch nicht im Lockdown“, so die Geschäftsführerin. Einzig bei den Reserven habe man dieses Mal etwas zurückgeschraubt, denn vor der ersten Schließung hatte das Geschäft Pralinen im Wert von mehreren Tausend Euro für Ostern bestellt und wäre fast auf der Ware sitzen geblieben. „Wir hatten damals keine Zeit uns vorzubereiten, und Esswaren wie Schokolade halten sich nun mal nicht ewig, deswegen haben wir dieses Mal nicht so viel eingekauft.“ Auf den „Chômage partiel“ für die zwei einzigen Angestellten im Laden musste im zweiten Lockdown nicht zurückgegriffen werden, Einbußen gibt es seit Sommer nur im WeltButtek-Stand bei „Paniers de Sandrine“ in Münsbach, da hier trotz Lebensmittelverkauf bis auf Weiteres erst  mal keine Ware vertrieben werden darf.

Kein Online-Verkauf, dafür viel Kontakt mit den Kunden via Telefon: So lautete die Devise des „Music Center Scala “
Kein Online-Verkauf, dafür viel Kontakt mit den Kunden via Telefon: So lautete die Devise des „Music Center Scala “ Foto: privat

So richtig geschuftet wird hingegen im Escher „Music Center Scala“. Trotz Schließung geht der rege Kontakt mit den Kunden des Bang&Olufsen-Händlers auch im Lockdown weiter, denn wer bei Gusty Lispi Ware kauft, der bekommt den Kundenservice gleicht mitgeliefert. „Die Verluste, die wir während der achtwöchigen Schließung im März vermerkt haben, konnten wir danach wieder reinholen, denn die Käufe unserer Kunden haben sich lediglich zeitlich verschoben“, meint der Besitzer von Scala. Das Musikgeschäft in der Avenue de la Gare hat sich vom kleinen Plattenladen zum Spezialisten für professionelles Zubehör entwickelt und sich so einen ganz besonderen Platz in der Luxemburger Geschäftswelt gesichert. „Unsere Artikel sind sehr speziell und hochwertig, diese kann man nicht einfach im Supermarkt kaufen“, meint Lispi. Während sein siebenköpfiges Team im ersten Lockdown komplett auf den „Chômage partiel“ angewiesen war, sind jetzt alle außer der Putzfrau und Kassiererin im Einsatz. „Es wird depanniert, ausgeliefert und installiert, denn unsere Kunden können unsere Produkte weiterhin telefonisch bestellen.“

Dem Schlussverkauf entgegen

Einen Onlineshop errichten oder über andere Plattformen verkaufen wollte Lispi trotz erneutem Lockdown nicht, denn wer guten Sound will, der muss diesen auch testen können, und wenn es um den Versand der teuren und oftmals empfindlichen Ware geht, dann vertraut der Kenner nur den eigenen Leuten. „Gewisse Dinge bestellt man einfach nicht im Internet“, meint Lispi lachend. Auch im Laden seiner Lebenspartnerin Nelly Barbadori ist der Lagebericht den Umständen entsprechend positiv – und dies trotz geplanter Schließung im März. „Diese hat nichts mit Corona zu tun, das Geschäft lief trotz Krise gut. Das Haus, in dem sich „Minimod’“ befindet, wurde jedoch verkauft und Nelly wollte nicht einen weiteren Pachtvertrag für sechs Jahre abschließen, bei dem sie nur Mieterin ist“, so der Geschäftsmann. Mit der Wiedereröffnung der Läden ab Montag wird so auch der Schlussverkauf des Escher Kult-Kindermodeshops weitergeführt, denn nach mehrwöchigem Lockdown heißt es nun noch mehr als zuvor: Alles muss raus! Bis dahin wolle man sich nicht beklagen, so Lispi, denn: „Für uns hat sich quasi alles normal angefühlt, ganz im Gegensatz jedoch zu den  Restaurateuren, denn die sind nun definitiv alles andere als glücklich.“

Nach dem Lockdown heißt es im Kindermodeladen „Minimod’“ „Aus die Maus!“, denn ab März will das Kult-Geschäft seine Türen definitiv schließen
Nach dem Lockdown heißt es im Kindermodeladen „Minimod’“ „Aus die Maus!“, denn ab März will das Kult-Geschäft seine Türen definitiv schließen Foto: Editpress/Alain Rischard
churchill
8. Januar 2021 - 18.28

Wann Solden eriwer sin,kennt den 3.Lockdown.....