Next generationNeue Bestleistungen beim Felsklettern: Junge Talente aus Luxemburg machen auf sich aufmerksam

Während fast die ganze Sportwelt stillstand, waren im Felsklettern weiterhin neue Bestleistungen möglich. Nachdem mit Raym Haupert und Jacques Welter an der Berdorfer Route Herrman Buhl (8a+) vor 30 Jahren erstmals zwei Luxemburger den überaus schwierigen achten französischen Grad bezwungen hatten, kletterte der ehemalige Landesmeister Anselm Geimer am 2. Juni 2020 im Frankenjura mit Zentrifuge eine bestätigte 8b+. „Für mich persönlich war es natürlich ein großer Erfolg, über den ich mich lange gefreut habe“, erklärt der 22-Jährige. Er selbst fügt jedoch auch an: „Ob ich der erste Luxemburger in dem Grad bin, ist etwas umstritten.“

15 Jahre zuvor hatte Jean-Marc Winckel die gekletterte Schwierigkeit auf 8b geschraubt. Anfang August 2009 kletterte Eugène Bergers Sohn und oftmaliger Landesmeister Noé in Freyr „Shingen“. Dieser wertete die 8b+ allerdings auf 8b ab, da sie ihm ähnlich „leicht“ wie einige andere seiner gekletterten 8b’s fiel.

Eine Schwierigkeitsbewertung ist immer subjektiv und hängt von den eigenen Vorlieben und Stärken ab. Sie wird von weiteren Begehern bestätigt – oder eben geändert. An der schwersten Wand in Berdorf kombinierte er im Juli des gleichen Jahres allerdings auch zwei Routen, um dort mit „Terminator“ eine 8b+ erstzubegehen, die allerdings als 8b/+ zwischen den Graden seiltanzt.

Durch Jean-Marc Winckel und Jerry Medernach wurde diese Kombi von zwei starken Luxemburgern wiederholt, die wie Noé bisher jedoch noch keine weitere 8b+ aufweisen können, und Ersterer meint auch: „Ich glaube, dass Anselm der erste Luxemburger mit einer ‚richtigen‘ 8b+ ist. Aber wie gesagt ist das schwer zu sagen, weil er erst eine 8b+ hat und noch keinen Terminator wiederholt hat.“

Mit dieser Diskussion hält sich Anselm Geimer jedoch nicht lange auf. „Es hat in den letzten Jahren einen Generationenwechsel in der Luxemburger Kletterszene gegeben und ich bin der erste Vertreter der ,neuen’ Generation, der den Grad geklettert hat“, stellt er fest.

Zu dieser neuen Generation zählt auch Mika Welter, der im März 2019 mit Borderline seine erste von mittlerweile vier 8b’s geklettert war. In den vergangenen Weihnachtsferien war der Student der Differdinger Lunex mal wieder in Spanien unterwegs. Bereits 2019 hatte er in Sella nahe Alicante an drei Tagen vier Versuche in der recht bekannten „Club de la lucha“ unternommen. Mit Vater und Urgestein Jacques Welter als geduldigem Sicherungspartner glückte ihm nach neun weiteren Versuchen in vier Tagen an Heiligabend dann die Begehung der 8b+. Eine schöne Bescherung für den ambitionierten 20-Jährigen: „Es ist ein extrem wichtiger Schritt für mich, da das mein Jahresziel war, auf das ich mich das ganze Jahr hin vorbereitete.“ An fünf Tagen die Woche trainiert er konsequent für seine Leidenschaft am Fels, doch zum Schluss war auch etwas anderes entscheidend: „Am Ende von einem Dach (nahezu waagerechter Überhang) war mein Durchstieg total am Limit und es war auch mental etwas schwierig, da ich die letzte Sicherung nicht einhängen konnte und es einen relativ weiten Sturz (ins Seil) gegeben hätte.“

Mit dem sehr starken Boulderer Jay Hoffmann bewegt sich ein weiterer, junger Kletterer in diesen Schwierigkeitsbereichen und probiert sich in Berdorf bereits seit einigen Monaten an einem 8c-Projekt. Zudem ist den beiden noch etwas jüngeren Wettkampfkletterern aus dem Nationalkader Rafael Coronado und Jim Zeimes durchaus eine Überraschung bei längeren Ausflügen an den Naturfels zuzutrauen. Jedenfalls ist es nur eine Frage von (begrenzter) Zeit, bis die nächste Schwierigkeitsstufe fallen wird. Oder, wie es Jean-Marc Winckel ausdrückt: „Worauf wir in der Kletterszene mittlerweile alle warten, ist, wer wohl als erster Luxemburger eine 8c schafft.“