Basketballerin Anne SimonDas turbulente Jahr 2020: Vom Rookie des Jahres und einem geplatzten Finale

Basketballerin Anne Simon / Das turbulente Jahr 2020: Vom Rookie des Jahres und einem geplatzten Finale
Große Ehre: In ihrer ersten Saison an der University of Maine wurde Anne Simon in ihrer Conference zum Rookie of the Year gewählt Foto: Peter Buehner/goblackbears.com

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Die erste Saison in den USA wird Anne Simon sicherlich nicht so schnell vergessen. Früh erhielt die 20-Jährige viel Verantwortung, bekam in ihrem ersten Basketballjahr an der University of Maine gleich eine Auszeichnung, doch zum Saisonhighlight sollte es nicht mehr kommen.

Gut gelaunt geht Anne Simon am Sonntagnachmittag ans Telefon. In Maine hat der neue Tag erst angefangen und in zwei Stunden steht schon wieder die erste Trainingseinheit nach den Feiertagen auf dem Programm. Weihnachten verbrachte die 20-Jährige nicht mit ihrer Familie, sondern mit ihren Teamkolleginnen der „Black Bears“, denn kurz mal über die Feiertage nach Hause zu fliegen, ist für die College-Basketballerin nicht so einfach möglich, erst recht nicht in Corona-Zeiten. Da kommt es gelegen, dass im Kader der Basketball-Damen der University of Maine nicht weniger als sieben Spielerinnen stehen, die nicht aus den USA stammen. „Einige wenige Teamkolleginnen, für die es auch von der Distanz her möglich war, sind zu ihrer Familie gefahren. Der Rest hat das Beste aus der Situation gemacht“, erzählt Simon, die sich inzwischen mit zwei weiteren Basketballerinnen der „Black Bears“ eine Wohnung außerhalb des Universitäts-Campus in Orono teilt. „Da alle Kurse zurzeit online stattfinden und ich auch kein Risiko eingehen möchte, sehe ich sowieso kaum andere Leute als das Basketballteam.“ Es sind gerade solche Sachen, auf die man verzichten muss, wenn man seinen großen Traum leben möchte, und dies tut Anne Simon gerade.

Studium und Basketball an einem College in den USA kombinieren zu können, davon träumte die 20-Jährige bereits seit mehreren Jahren: „Ich kannte Leute, die haben in der Schule einen Austausch in die USA gemacht. Ich wollte dies auch, doch habe mich nie konkret darum gekümmert. Davon geträumt habe ich aber schon ziemlich früh“, erklärt Simon. Als dann mit Lisa Jablonowski 2016 nach mehreren Jahren wieder eine luxemburgische Basketballerin den Weg in die USA suchte, stand für Simon fest, dass dies auch ihr Weg werden soll: „Um ehrlich zu sein, einen Plan B hatte ich nicht.“ Anne Simon galt zu dieser Zeit bereits als eines der größten Talente im luxemburgischen Basketball. Schon im Alter von 16 Jahren stand sie in Contern in der ersten Mannschaft, wo sie als Aufbauspielerin immer mehr Verantwortung bekam. Nur ein Jahr später ging die Schülerin des „Sportlycée“ dann sogar schon in der ersten deutschen Bundesliga für die Saarlouis Royals auf Korbjagd. Dorthin geholt hatte sie Hermann Paar, der sie dann in der Saison 2018/19 zurück nach Luxemburg zum Gréngewald Hostert lotste.

Mit dem Abitur und einem Meistertitel in der Tasche verabschiedete sie sich 2019 schließlich aus Luxemburg und machte sich auf den Weg an die US-amerikanische Ostküste. Angebote gab es übrigens genügend, wie Simon erklärt: „Bei den Jugend-Europameisterschaften im Sommer sind auch immer viele Coaches von Colleges anwesend und so wurde ich auch häufiger kontaktiert. Doch bis es tatsächlich so weit war, habe ich mir nicht so viele Gedanken darüber gemacht.“ Und so war Maine auch die einzige Universität, die sich Anne Simon schlussendlich angeschaut hatte: „Ich habe mich auf Anhieb hier sehr wohl gefühlt. Im Vergleich zu anderen Möglichkeiten, wie etwa San Francisco, liegt Maine zwar schon etwas im Nirgendwo, doch es erinnert mich ein wenig an Luxemburg. Die Leute kennen sich untereinander, alles ist sehr familiär.“ In Maine studiert sie Psychologie und steht für die „Black Bears“ in der „America East Conference“ auf dem Parkett. 

Schlag auf Schlag

Und mit dem Jahr 2020 neigt sich für Anne Simon ein turbulentes Jahr dem Ende zu. Was sie aus 2020 zurückbehält, das kann sie am besten auf Englisch ausdrücken: „Take nothing for granted.“ Dass man nichts als selbstverständlich ansehen sollte, wird alleine an dem „Freshman-year“ von Anne Simon deutlich. Denn aufgrund von mehreren schwerwiegenden Verletzungen innerhalb des Teams, die für einige Spielerinnen bereits früh das Ende der Saison bedeuteten, kam auf Anne Simon in ihrem ersten Jahr direkt viel Verantwortung zu. Das Pech der Teamkolleginnen war somit auch eine Chance für die junge Luxemburgerin, die sie auf überzeugende Art und Weise zu nutzen wusste. Bei 31 Einsätzen stand Simon gleich 29-mal in der Startfünf, erzielte im Schnitt 13 Punkte und sicherte ihrem Team durchschnittlich 5,2 Rebounds. „Damit hatte ich absolut nicht gerechnet“, meint Anne Simon auf ihre erste Saison angesprochen. „Ich war froh über die Spielzeit, als Freshman erwartet man das nicht. Ich hatte so auch die Chance, mich schnell weiterzuentwickeln.“ Eine aggressivere Spielweise, das Spiel besser lesen können und die Umstellung von der Point-Guard-Position auf die Positionen zwei und drei, alles Punkte, in denen sich Anne Simon ihrer Meinung nach stark verbessert hat. „Ich musste mich wirklich erst einmal an die Spielweise in den USA gewöhnen. Vor allem daran, dass man viel schneller persönliche Fouls gepfiffen bekommt. Besonders zu Beginn der Saison war ich schnell auf vier, etwas, das mir in den ersten Partien der neuen Spielzeit wieder passiert ist. Zudem ist das Spiel in den USA viel physischer.“

Um ehrlich zu sein, einen Plan B hatte ich nicht

Anne Simon, über ihren Traum, am College in den USA zu spielen

Nach einem schwierigen Beginn konnten sich die Basketballerinnen der University of Maine in der entscheidenden Saisonphase zu Beginn des noch laufenden Kalenderjahres dann immer mehr steigern und im März 2020 sogar bis ins Finale der „America East Conference“ einziehen. Dann ging es jedoch Schlag auf Schlag. Am 13. März sollte der große Showdown zwischen Maine und der Stony Brook University um den Conference-Titel stattfinden, doch gerade als Simon und ihre Teamkolleginnen am 12. März in New York angekommen waren, wurde die Saison Corona-bedingt abgebrochen. „Am Anfang war die Enttäuschung schon riesig, vor allem für die Spielerinnen, für die es die letzte Saison war. Zu diesem Zeitpunkt war ja auch noch nicht klar, welche Auswirkungen Corona schlussendlich auf die ganze Welt haben würde“, betont Anne Simon. Dass sie eine Woche später schon wieder in Luxemburg sitzen würde, ihr erstes Jahr am College so abrupt enden würde, war in diesem Moment für die 20-Jährige auch noch nicht abzusehen. Eigentlich sollte sie bis Mai in den USA bleiben, da aber auch die Kurse auf Online-Unterricht umgestellt wurden und die Flüge nach Luxemburg immer seltener wurden, entschied sich Simon dann für die Rückreise: „Ich hatte noch Glück und war nur einen Tag unterwegs“, meint sie rückblickend. Den Lockdown im Frühling verbrachte sie somit im Großherzogtum, hielt sich zu Hause fit. Mit den ersten Lockerungen konnte sie dann mit den Mädels der Nationalmannschaft in der Coque trainieren, was sie sehr genoss. Versüßt hat ihr diese Zeit dann sicherlich eine Auszeichnung, mit der sie ebenfalls nicht gerechnet hatte. Denn Anne Simon hat in ihrem ersten College-Jahr Eindruck hinterlassen, wurde in der „America East Conference“ zum Rookie der Saison gewählt: „Das bedeutet mir natürlich sehr viel.“

Viertlängste Siegesserie

Und auch der Beginn der neuen Saison ist für die University of Maine vielversprechend verlaufen. Mit einem 5:0 starteten Anne Simon und ihre Teamkolleginnen in die neue Spielzeit und sind seit nunmehr 15 Spielen ungeschlagen, was hinter Oregon (26), Princeton (22) und Marist (16) zurzeit die viertlängste aktive Siegesserie im US-amerikanischen Damen-Basketball ist. Und die „Black Bears“ wollen das, was sie im März 2020 verpasste haben, nämlich das Conference-Finale, ein Jahr später nun nachholen. „Nach diesem Saisonstart ist das sicherlich unser Ziel. Auch wenn wir einige Seniors verloren haben, haben wir mehrere gute Freshmen hinzubekommen“, meint Anne Simon, die selbst für die Gegner inzwischen kein No-Name mehr sein dürfte: „Inzwischen dürfte bekannt sein, dass ich auch mit links dribbeln kann“, erklärt sie mit einem Lachen. 2021 dürfte die junge Luxemburgerin jedenfalls wieder für einige Schlagzeilen sorgen und wer weiß, vielleicht dann sogar mit dem Einzug in das NCAA-Tournament, in dem die besten Teams um den nationalen College-Titel spielen.

Schon in jungen Jahren galt Anne Simon als eines der größten luxemburgischen Basketball-Talente und holte 2019 mit dem Gréngewald Hostert den luxemburgischen Meistertitel
Schon in jungen Jahren galt Anne Simon als eines der größten luxemburgischen Basketball-Talente und holte 2019 mit dem Gréngewald Hostert den luxemburgischen Meistertitel Archivbild: Gerry Schmit