Ein halbes Jahrhundert in BildernFilmprojekt: 50 Jahre Luxemburger Damenfußball für Esch2022

Ein halbes Jahrhundert in Bildern / Filmprojekt: 50 Jahre Luxemburger Damenfußball für Esch2022
In den sozialen Netzwerken wird mit diesem Bild nicht nur auf das Projekt aufmerksam gemacht – sondern weiterhin nach spannenden Geschichten gesucht Screenshot: Facebook/Um Ball

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Wo würde der Luxemburger Frauenfußball heute stehen, wenn er nicht in Hochburgen wie England oder Deutschland bis in die 70er-Jahre verboten gewesen wäre? Fragen wie diese werden im Oktober 2022 bei der Premiere des Films „Um Ball“ von ehemaligen Spielerinnen, Trainern, Fans und Verbandsmitgliedern beantwortet. Tessy Troes, die das Projekt im Rahmen des Escher Kulturjahres mit Rick Schmit leitet, erzählte dem Tageblatt, wie die Idee entstand und in welche Richtung der Dokumentarfilm gehen soll. 

„Es war eher ein Produkt des Zufalls“, gesteht Tessy Troes gleich zu Beginn des Gesprächs. Gemeint ist der Gedanke, der hinter der Entstehung des Projekts steht.
Die damalige fußballbegeisterte Freelance-Journalistin wird während der Frauen-Weltmeisterschaft 2019 in Frankreich Zeugin einer „viel familiäreren Atmosphäre, als man dies möglicherweise von den Spielen der Männer kennt“. Sie entschließt sich, ihre Recherche über den nationalen Spielbetrieb anzugehen und wird schnell fündig: Zwischen der Gründung der nationalen Frauen-Liga und dem Escher Kulturjahr werden exakt 50 Jahre liegen.

Gemeinsam mit ihrem Kollegen Rick Schmit reicht sie die Pläne des Dokumentarfilms bei der Jury in der Minettemetropole ein. Beide verfügen bereits über Erfahrung im Filmbereich, während Myriam Jacobs die Asbl bei der Recherche unterstützt. Ihr Konzept überzeugt und ragt aus 500 Bewerbungen heraus. Inzwischen hat für Troes die erste Phase der Umsetzung begonnen: Archivarbeit und Telefonate. „Nach 20 Telefonaten merke ich noch immer jedes Mal, dass es viele Menschen gibt, deren Geschichte noch nicht erzählt worden ist.“

Bei dem Rückblick auf 50 Jahre Frauenfußball in Luxemburg wird der Dokumentarfilm um ein Thema nicht herumkommen: Vorurteile, Klischees und Nachteile für junge Mädchen und Damen. „In England wurde Frauenfußball trotz großen Interesses bei den Zuschauern in den 30er-Jahren verboten. In Deutschland ebenso. Man hat der Entwicklung also mehr als 30 Jahre Zeit gestohlen. Was hätte es also für Luxemburg bedeutet, wenn es in Deutschland nicht der Fall gewesen wäre?“ Troes selbst war vor ihrem Auslandsstudium Linksverteidigerin in Ell. Ihr erstes Paar Fußballschuhe bekam sie erst mit elf – obschon sie als Achtjährige in Mertzig mit den Jungs kicken wollte, aber nicht durfte. „Das sind Themen, die angesprochen werden müssen. Es ist viel passiert, um den Frauenfußball zu blockieren.“ 

Zeitzeugen gesucht

Ein Beispiel dafür ist der Progrès Niederkorn: Der Rekordchampion musste aufgrund fehlender Konkurrenz in den 80ern in Deutschland antreten – unzählige Kilometer für Trainingsfahrten oder Auswärtsspiele inklusive. „Eine Dame erzählte mir davon. Es war für sie ganz normal, für uns heute allerdings nicht mehr unbedingt.“ Und an Themen und Anekdoten mangelt es nicht: „Die meisten haben noch nie Interviews über ihre Fußballerkarriere gegeben. Da muss man einfach nur zuhören und die Storys kommen von ganz alleine.“

Bei den ersten Gesprächspartnerinnen handelte es sich hauptsächlich um Spielerinnen und Vereinsverantwortliche. Trainer und Verband werden folgen. Die Zeitzeugen reichen bis in die 80er-Jahre – weshalb noch immer nach Material aus den Anfangsjahren gesucht wird. „Wir haben noch Kapazitäten“, lacht Troes. Denn die schwierigste Aufgabe steht dem Team noch bevor: das Sortieren und Auswählen. Fest steht bereits, dass der Dokumentarfilm Spielfilmlänge haben soll. Um an die Gegenwart anzuknüpfen, soll möglicherweise auch eine Mannschaft während der nächsten Saison auf Schritt und Tritt begleitet werden. 

Die Aktualität ist nämlich nur das Ergebnis der Anekdoten und Geschichten, die der Film übermitteln will: „Es geht uns darum, auf strukturelle Probleme aufmerksam zu machen. Über Jahre hinweg gab es keine Meisterschaft. Heute ist der Frauenfußball an einem anderen Punkt angekommen, aber wo steuert er hin? Die Basis an Spielerinnen ist da, aber die Struktur noch nicht.“ Man merke es an Kleinigkeiten, wie den Entschädigungen für das Training. „Es war einfacher für Männer. Gleichberechtigung gibt es noch nicht.“

Aber zumindest Lichtblicke. Dass in den nächsten Jahren die erste Generation der „Jeunes filles“ gemeinsam zu den Seniorinnen stoßen wird, dürfte das Niveau in Luxemburg grundsätzlich verbessern. Während es bei talentierten Jungs nur eine Frage der Zeit ist, bis man sie in Ausbildungszentren wie in Metz schickt, fängt dieser Prozess bei Mädchen gerade erst an. „Aber da fehlt einfach der Unterbau, um allen die Chance zu geben“, schlussfolgert die ehemalige Spielerin. Wie die Spielerinnen selbst darüber denken, erfährt das Publikum dann im Oktober 2022. 

Premiere Ende 2022

Bis das fertige Endprodukt präsentiert werden wird, dauert es noch fast zwei Jahre. Im Oktober 2022 wird der Dokumentarfilm „Um Ball“ im Rahmen des Escher Kulturjahres im Differdinger Festsaal ausgestrahlt. Die Gemeinden aus dem Süden unterstützen das Projekt finanziell. Die Möglichkeit besteht, dass noch mehrere Gemeinde sich anschließen werden.  

 Screenshot: Facebook/Um Ball