EditorialEin Fest mit Faust

Editorial / Ein Fest mit Faust
Haben die warnenden Worte von Gesundheitsministerin Paulette Lenert ausgereicht?  Foto: AFP/Allison Dinner

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„Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust, die eine will …“ … Familienfeier und Routine, die andere Respekt vor Ärzten zeigen und gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Und so wirkt Goethes Faust Ende 2020 zeitgemäß wie eh und je. Ob ein Aussetzen des üblichen Schmauses an Heiligabend die Bezeichnung Tragödie verdient, hängt sicherlich von der eigenen Interpretation ab. Fakt ist aber, dass sich die Regierung mit dem Abblasen einer (wenn auch nur bedingt) Luxemburger Tradition in die direkte Schusslinie manövriert hat – dies aufgrund vorheriger, inkohärenter Entscheidungen.

Betrachtet man die sozialen Medien als Spiegel der Gesellschaft, so wird der Trend der vergangenen Monate nur noch deutlicher: Luxemburg ist (wie übrigens seine Nachbarn) ein gespaltenes Land. Die selbsternannten Querdenker erinnern mit geschichtlichen Anekdoten an Spätfolgen von missglückten Impfungen. Eine Teilschuld für das aktuelle Misstrauen geht zweifelsohne auf die Folgen des „Lockdown light“ zurück – mitsamt der Kombination von Black-Friday-Werbung und „Bleift doheem“-Plakaten an den Eingangstüren. Die Infektionszahlen bleiben hoch, die Laune im Keller.

Parallel dazu hat das „Centre hospitalier du Nord“ eine packende Aussage des Personals auf Facebook veröffentlicht: „Es ist nicht schön, Weihnachten in diesem Jahr nicht mit der ganzen Familie zu feiern. Für niemanden. Trotzdem geht für mich die Gesundheit vor. Ich wünsche mir, dass die Leute, die das Virus bislang nicht ernst genommen haben, endlich ihre Augen öffnen. Es ist eben eine Zeit, in der auf Sachen verzichtet werden muss. Wir haben Angst, dass wir sonst nicht durchhalten.“

Ausgerechnet in der besagt-besinnlichen Zeit prallen in diesem Augenblick zwei grundverschiedene Tendenzen aufeinander, die Corona-inkompatibel sind. Einerseits das Streben nach etwas Normalität, Nostalgie und Unbekümmertheit im Familienkreis – andererseits in den Krankenhäusern die Hoffnung, dass die eindringlichen Worte von Gesundheitsministerin Paulette Lenert ihr Ziel nicht verfehlt haben. Was wird am Jahresende überwiegen? Egoismus, Angst oder Trauer wegen Isolation? Feierlaune kommt bei keiner der genannten Zukunftsoptionen auf.

In den nächsten vier Wochen wird sich auf den Intensivstationen herausstellen, wie groß der Rest an nationaler Solidarität war, der nach der ersten Welle übrig geblieben ist. Diesmal geht es nämlich – trotz verständlicher und erdrückender Pandemiemüdigkeit – nicht um klatschende Hände oder Maskenspenden, sondern schlichtweg um Verzicht. Die Gretchenfrage 2020 lautet bis dahin, welche Argumente überzeugender waren: Restaurantschließungen und Warteschlangen in städtischen Konsumtempeln oder aber dringende Appelle und Hilferufe ausgelaugter Krankenschwestern. Mit ein wenig mehr klaren Signalen „von oben“ wäre es der Luxemburger Bevölkerung bestimmt leichter gefallen, Fondue und Bûche im größeren Kreise freiwillig ausfallen zu lassen.

de Prolet
16. Dezember 2020 - 13.32

Wir sind in einem Ausnahmezustand und da kann man nicht so tun, als ob es keine Pandemie gäbe, Weihnachten hin, Weihnachten her. Es ist eh nur ein verlogenes , pathetisches Fest, dem der eigentliche, ursprüngliche Sinn total abhanden gekommen ist. Was feiern eigentlich die Atheisten an Weihnachten?

Pierre Hoffmann
16. Dezember 2020 - 9.20

Bravo unt Journalistin!

HTK
16. Dezember 2020 - 9.12

" Feierlaune kommt bei keiner der genannten Zukunftsoptionen auf." Das ist der Punkt. Also warum nicht einfach das Ausnahmejahr auch mit einer Ausnahme ausklingen lassen? Das Virus kennt keine Traditionen und seine einzige Aufgabe ist es zu töten. Wenn Gesundheitspersonal einen Hilferuf an die Bevölkerung richtet sollte dieser nicht ungehört bleiben. Der Impfstoff kommt und nächstes Jahr dürfen wir wieder träumen. Also,nur Mut zum Abstand.

J.Scholer
16. Dezember 2020 - 9.01

Bleiw doheem- Buttéker sin op , alles am gréngen Beraich, mir stin gudd do an d’Spideeler sin un hirer Grenz unkomm, an der Schoul stecht een sech net un - d’Zuelen soen eppes aneschtes, Transparenz ass gepriedegt gin an den Statistiken verschwannen Infizéierter oder gin bei aner Plaazen gefouert( Menje) , evitéiert Menschenmassen den öffentlechen Transport platzt aus allen Nouten, .......Sin ech elo Querdenker well ech net alles gleewen wat se ons iwwert d‘Impfung erzielen an d‘Vertrauen an Politik verluer hun.?