Kopf des Tages / Die ehemalige „Tageblatt“-Journalistin Melody Hansen wird Chefredakteurin des „Journal“
Melody Hansen wird Chefredakteurin des „Journal“
Der Wunsch nach Erneuerung hat ein Gesicht – und es ist jung, weiblich und motiviert. Melody Hansen übernimmt den Kapitänsposten des Lëtzebuerger Journal im Gezeitenwechsel. Das alte Schlachtschiff des Luxemburger Liberalismus (laut den Statuten der DP ist die Zeitung immer noch das „offizielle Organ der Partei“) stellt zum Jahresende seine Printausgabe ein und schlägt einen rein digitalen Kurs ein. Die ehemalige Tageblatt-Journalistin, die an der Dekra Hochschule für Medien in Berlin Online-Journalismus studiert hat, soll bei diesem Neustart die redaktionelle Verantwortung übernehmen.
Die 27-jährige Hansen unternahm ihre ersten Gehversuche im professionellen Journalismus beim Tageblatt. 2012 absolvierte sie ihr erstes Praktikum in der Redaktion, danach arbeitete sie als Korrespondentin für die zweitgrößte Tageszeitung, bis die Entscheidung für den Journalismus sie zum Studium nach Berlin trieb – und noch weiter. Im Studium bereiste sie auf den Spuren von Alexander von Humboldt Ecuador und die Galapagos-Inseln unter der Leitung des renommierten Auslandsreporters Peter Korneffel und aktualisierte seine Arbeit für das Reisehandbuch des Dumont-Verlags. Nach ihrem Abschluss verschlug es sie trotzdem zurück in die Heimat – und auch wieder zu der Zeitung in der Escher Kanalstraße.
In der Lokalredaktion des Tageblatt fiel Hansen durch ihr personenzentriertes Schreiben auf – oft rückten ihre Artikel auch abseits des klassischen Porträts die handelnden Personen in den Mittelpunkt und betrachteten ein Ereignis durch die Augen der Menschen. „Ich glaube, der menschliche Aspekt hilft dem Leser, die Welt besser zu verstehen“, sagt sie. „Auf diese Weise entwickelt man Mitgefühl.“ Mehr Verständnis füreinander – das ist der neuen Chefredakteurin ein Anliegen. Insofern deckt ihr Ansatz sich auch mit dem Anspruch, den der neue Direktor Daniel Nepgen im Gespräch mit Radio 100,7 formuliert hat: „Den Menschen in den Mittelpunkt des Journalismus zu stellen.“
Hansen weiß allerdings auch, dass es mit ein bisschen Menschlichkeit nicht getan ist. „Die Presse hat lange den Fehler begangen, ihre Arbeit im Internet umsonst zur Verfügung zu stellen.“ Das sei einer der Auslöser für die derzeitige Pressekrise. „Es reicht nicht, gratis Informationshäppchen auf Social Media zu konsumieren.“ Um die Arbeit der Journalisten zu revalorisieren, brauche es einen Richtungswechsel. Hansen ist dafür nicht schlecht aufgestellt: Neben ihrem Posten als Chefredakteurin bekleidet sie das Amt der Vizepräsidentin des Luxemburger Presserats und ist Generalsekretärin der Journalistengewerkschaft ALJP, der „Association luxembourgeoise des journalistes professionnels“. Sie hat also durchaus einen Überblick über die großherzogtümliche Presselandschaft und will diesen als Chefredakteurin auch nutzen, um ihre Redaktion auf Kurs zu bringen.
Chefredakteurin. Auch das betont Melody Hansen bewusst. „Frauen sind immer noch unterrepräsentiert im Journalismus, gerade in den Führungspositionen – die meisten Redaktionen werden auch hierzulande noch von Männern geleitet.“ Sie hoffe, dass ihre neue Position dazu führt, dass Frauen in Redaktionen sich zukünftig mehr zutrauen. Pause. „Und dass ihnen auch mehr zugetraut wird.“ Und dass man ihr was zutrauen kann, lässt Hansen mehr als nur vermuten: 2020 war sie mit 27 Jahren eine von drei Finalisten des Amnesty Medienpreises. Fertig ist sie noch lange nicht.
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Glückwünsche und alles Gute für die Zukunft!
Kann mich erinnern , dass Robert Goebels seinerzeit den umgekehrten Weg ging: vom Journal zum Tageblatt .Er wurde zwar nie Direktor der Arbeiterzeitung, es war aber der Beginn seiner politischen Karriere.
Ich wünsche Frau Hansen alles Gute im neuen Job💖