EditorialIm Frühling souverän, im Herbst launisch – wie Luxemburgs Regierung Vertrauen verspielt

Editorial / Im Frühling souverän, im Herbst launisch – wie Luxemburgs Regierung Vertrauen verspielt
Premier Xavier Bettel zufolge haben die Minister ihre Verantwortung übernommen – das Vertrauen scheint trotzdem langsam futsch Foto: Editpress/Julien Garroy

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Hohe Corona-Zahlen und widersprüchliche Maßnahmen treiben die Laune in Luxemburg in den Keller. Dieser Stimmungswechsel hat sich beschleunigt, seitdem wir wissen, dass Weihnachten Teil des Problems ist.

Premier Xavier Bettel zufolge haben die Minister ihre Verantwortung übernommen – das Vertrauen scheint trotzdem langsam futsch. Die Regierung setzt es unnötigerweise aufs Spiel. Was ein gewagtes Unterfangen ist, wenn Leute weiterhin von Richtigkeit und Wichtigkeit von hart zu ertragenden Maßnahmen überzeugt bleiben sollen; schließlich dürfte auch 2021 zu weiten Teilen ein Seuchenjahr werden.

Die Souveränität vom Frühling ist einer Launigkeit gewichen, die keinem weiterhilft.

Wie Bildungsminister Claude Meisch die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage für einen Frontalangriff gegen eine Wort-Journalistin nutzte, dürfte sogar die Presseverachter von der ADR neidisch gemacht haben – ein Ausfall, den man von der DP so nicht erwartet hätte. Und weiter zu sagen, die Infektionen machten um Schulen quasi einen Bogen, zeugt fast schon von einer gewissen Entrücktheit.

Geschäfte offenlassen, das als Freiheit verkaufen und gleichzeitig von einem Einkauf abraten, schiebt die Verantwortung weiter. Und geöffnete Geschäfte, aber gesperrte Weihnachten, darauf muss man auch erst einmal kommen.

Auch Gesundheitsministerin Paulette Lenert warnt immer wieder vor der besonderen Gefahr in Familien – aber dafür muss das Virus erst einmal dort hingelangen. Büro, Schule, Zug, Ansteckungen passieren wohl überall. Trotzdem lassen sich Familien und Freundschaften ähnlich schließen wie ein Steakhouse oder ein Schwimmbad.

Inzwischen weiß fast jeder, was die Stunde geschlagen hat, das Virus präsent und gefährlich ist. Das wurde hinreichend politisch kommuniziert. Zur Nachvollziehbarkeit verschiedener Maßnahmen reicht es aber nicht, da ein Faktor kaum thematisiert wird: Die Bekämpfung der Pandemie ist teuer, jeder Schließung folgt eine bittere Rechnung.

Wieso das nicht deutlicher kommuniziert wird, bleibt ein Rätsel. Warum kann nicht gesagt werden: Schulen bleiben auch geöffnet, weil weitere „Congés pour raisons familiales“ zu teuer sind? Wieso nicht kommunizieren, dass auch ein geschlossener Handel zu teuer käme? Bei Familien und Freunden verhält es sich andersherum – Besuche einschränken kostet nichts.

Politische Entscheidungen sind immer auch Kostenabwägungen. Auch in der Pandemie – nur scheint das der Öffentlichkeit plötzlich nicht mehr zumutbar zu sein. Was bizarr ist, da das Kosten-Argument in der Politik sonst sehr schnell gezogen ist. Um Forderungen abzuschmettern, heißt es dann schlicht: zu teuer!

Es werden noch schwierige Monate, bis das Virus dank Impfung hoffentlich unter Kontrolle ist. Manche Einschränkungen werden uns noch Wochen, wenn nicht Monate begleiten. Sollte die Regierung ihr im Frühling erworbenes Vertrauen nicht weiter verspielen wollen, muss das Murksen und Meckern ein Ende finden. „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“, schrieb die österreichische Schriftstellerin Ingeborg Bachmann. Der Satz gilt auch heute noch.

EgalWaat
15. Dezember 2020 - 10.56

Im Frühling souverän, im Herbst launisch, ganzjährlich jedoch PLANLOS !

J.Scholer
13. Dezember 2020 - 11.43

@Hassold: Richtig geschrieben .RTL strahlte jüngst einen Zeugenbericht über die katastrophale Lage nach der Explosion in Beirut aus . Weder Sozialhilfe, noch Arbeitslosengeld noch sonstige Hilfe vom Staat für die gebeutelten Bürger .Der mit Milch und Honig verwöhnte Luxemburger glaubt sich in seinen freiheitlichen Rechten eingeengt ,schreit Empörung, pilgert weiter in Scharen in die Konsumtempel, fordert nach Steuergeldern die Spaßgesellschaft am Leben zu erhalten.Natürlich auch die Politik hat versagt, fehlt der Mut, die Einsicht, die Angst vor dem Verlust der Macht , Tacheles zu reden. „ Geet et dem Iesel ze gudd, geet hien op d‘Ais danzen.“

Charles HILD
13. Dezember 2020 - 11.40

Die Dunkelziffer ist dreimal höher als die Anzahl der erkannt positiven Fälle. Diese Tatsache wird viel zu wenig beachtet. Wenn nämlich hundert Leute als Covid-positiv erkannt werden, dann laufen deren dreihundert unerkannt durch die Gegend. Diese dreihundert haben keine Symptome, keine Beschwerden. Sie fühlen sich kerngesund, und, sind es auch im eigentlichen Sinn. Und trotzdem verbreiten sie das gefährliche Virus. Es ist also falsch, wenn man denkt, man könnte sich nur anstecken, wenn sein Gegenüber verschnupft und kränklich erscheint, oder positiv getestet wurde. Es ist genau so falsch, zu denken, das Virus zirkuliere nicht in den Schulen. Gerade bei Kindern sind die Symptome wenig vorhanden. Es ist vor allem falsch, zu denken, das Virus wäre nur gefährlich für ältere Menschen. Ich zeige hier auf eine Meldung von Reuters im August: In London hatte sich die Anzahl der an Diabetes erkrankten Kinder sprunghaft verdoppelt! Wenn das so ist, dann müssten die Schulen sofort schließen! Europa macht im Moment sehr viele Fehler.

Den Ieselchen
13. Dezember 2020 - 11.11

Dir Damen an dir Hären vun der DP, kuckt emol den Comentar vum Dr R. Nati (CHL) "Weider esou Lëtzebourg??(Hauptsache der Rubel rollt) war nët säin Message !

Annegret Hassold
13. Dezember 2020 - 10.18

Was ist daran denn nicht zu verstehen. Luxemburg ist ein Paradies in Sachen Sozialleistungen, davon können die Bewohner anderer EU-Staaten nur träumen. Nicht zuletzt verdankt man das der Flexibilität in Blick auf Wirtschaftschaftlichkeit. Also beklagt Euch nicht, geht weiter Geschenke einkaufen und lasst dann Eure familiären Weihnachtsfeiern ausfallen. Damit ist doch der Wirtschaft geholfen, darum geht es doch.

Jangeli
13. Dezember 2020 - 9.26

D'Politik kënnt einfach nëtt ewég vun hiren Verzweifelungsmossnahmen, Aschränkungen hätten schons vill méi laang virdrun angefoert sollte ginn, matt deem Sondesgeschopps soll endléch opgehaale ginn, d'Grouskapital vun den Bonzen muss jo ënnerstëtzt ginn, vill méi streng Mesuren an deenen "Grandes Sufaces", do ass jo munchmol deen rengste Chaos, Ofstand = null bei verschidde Leit,daat ass Luxusburg matt senger Iwerbevölkerung, weider ësou, lues a lues geet ower d'Baach an.

holzwuerm
13. Dezember 2020 - 5.22

Man spürt so langsam die Anspannung bei der Regierung. Das Jahr endet und die Zahlen spiegel das Killervirus noch immer nicht wirklich wieder. Die Übersterblichkeit liegt noch immer nicht im Bereich wo ein Lockdown oder sogar ein zweiter Lockdown gerechtfertigt wäre. So lag November der Altersdurchschnitt der Corona Toten bei über 84 Jahren! 2019 starben die Menschen durchschnittlich mit 82,25 Jahren (laut Statec). Da hat wohl jemand vergessen dem Killervirus mitzuteilen, dass es eins ist. Auch, dass noch immer keiner unter 50 Jahren am Coronavirus gestorben ist lässt wohl die Propaganda und Angstmacherei nicht verstummen. Und jetzt muckt auch noch das sonst so brave Volk auf, da die Verbote und Regel jeder Logik wieder sprechen und die Menschen so langsam die Bevormundung des Staates satt haben! Ausgangssperre, Schließung der Gastronomie, Besuchsregel,…! Von den Pleiten im nächsten Jahr, brauchen wir erst gar nicht zu reden!

Ko
12. Dezember 2020 - 22.51

Dat Gedessems kennt well Europa a ganz besonnesch Letzebuerg enert enger Glaskugel gelieft huet mat der rosarouder Sonnebrell un. Un eis kennt neischt. Panik wann en der Wourescht an d'Aan kuke muss dat 80jähreger stiewen a keng 100 Joer asl gin. Ab 75 guet dei biologesch Auer geschloen alles driwer ase Bonus a wann ech an engem Altershem liewen seet,schon aus dat ech net mei sou fit sin genee sou wann ech all Dach vill pelle schlecken. All Minute stiewen an Afrika Kanner Fraen jonk Männer un Honger oder durch Kriech scho jorelang as eppes gemach gin Nee Geld get domat gemach. Et get Zeit dat mir mol gereselt gin. A mir komme gud ewech eis kanner jugend a jonk a fit Leit bleiwen eis erhalen. Mir musse net jideren hospitaliseiren me an digniteit stiewe lossen dat sie mir jiderengem schellech. Mee weder schoulen nachsos eppes zou machen. Sech agestoen mir liewen mam virus an d'Zukunft dat sin eis Kanner an lo dei s haffend Leit erhalen a net psychesch krank machen.

Clemi
12. Dezember 2020 - 21.19

gutes editorial. meisch's reaktion lässt tief blicken. ich bin mal gespannt wie die regierung reagiert wenn sie berechtigterweise von der presse mal so richtig in die mangel genommen wird... der spiegel-titel diese woche lautet: "das winter-versagen". auszug aus dem teaser-text: "Seit dem Herbst reiht die Politik Fehler an Fehler." das ist 1:1 auf luxemburg (sowie weitere europäische länder) übertragbar.

N.S.
12. Dezember 2020 - 20.41

@jean-pierre goelff / Definitiv, dir hutt absolut Recht. Dat fänkt un ze wäit ze goen. D'Aschränkungen vun den Grondrechter waren do nach vill méi haart an och vill méi streng ewéi bei ons. Wann se esou weider fueren ass d'Gefor vun Biergerkrich net wäit. Dat nämmlecht ass an Spunien, Portugal, Israel, Italien....avm.

jean-pierre goelff
12. Dezember 2020 - 17.19

Wann där gären een ,,Desaster,, waat d'COVID-Bekämpfung ugeet,dann luust emol ganz einfach iwwert f'franzeïsch Grenz!

J.Scholer
12. Dezember 2020 - 15.57

Die Polemik um Weihnachten nimmt surreale Züge an. Geschäfte die dem Konsum wegen am Sonntag offen bleiben, der Massenandrang der unbelehrbaren Konsumjunkies in den Tempeln der Kauflust, hinzu Politiker die glauben ihrer Profilsucht wegen bei den Wählern den Einschränkungen wegen lieb Kind zu machen , in jeglicher Einschränkung glauben ein Angriff auf freiheitliche Rechte zu sehen, sogar in absurden Diskussionen glauben die Besucherzahl von Zwei zu kippen oder den den Besuch der „ Metten“ durchsetzen wollen. „ DEN VIRUS KENNT KEEN CHRESCHTDAG, ET KENNT NEMMEN AFFER.“