Öffentliche HygieneTrotz Anstieg der Einwohnerzahl wurde in der Stadt weniger Abfall produziert

Öffentliche Hygiene / Trotz Anstieg der Einwohnerzahl wurde in der Stadt weniger Abfall produziert
Eine Mitarbeiterin des hauptstädtischen Recyclingzentrums bei der Arbeit Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Der hauptstädtische Hygienedienst kann in seinem Aktivitätsbericht von 2019 mit einer guten Nachricht aufwarten: Obwohl es einen Bevölkerungsanstieg zu vermelden gab, ging im gleichen Zeitraum der pro Einwohner produzierte Abfall leicht zurück. Probleme mit dem Müll gibt es aber trotzdem.

Trotz dieser guten Nachricht hat die Hauptstadt noch mit genug anderen Problemen in Sachen Abfall und Dreck zu kämpfen, wie z.B. die illegalen Abfallablagerungen nahen den sogenannten „Igloostationen“, die eigentlich Papier und/oder Glas vorbehalten sind. Wenn sie voll sind, setzen viele Bürger ihren Abfall einfach daneben, und nicht nur Papier oder Glas, sondern auch Abfall, der dort nicht hingehöre, erklärte Patrick Goldschmidt, der zuständige Schöffe der Gemeinde, vorige Woche vor der Presse.

Sich darauf zu beschränken, jeden Tag den Abfall einzusammeln, ohne das Problem selber anzugehen, sei keine Lösung mehr gewesen, heißt es im Jahresbericht 2019 des Hygienedienstes, der kürzlich veröffentlicht wurde. Man habe nun einen Beamten damit beauftragt, die Verursacher der illegalen Entsorgungen aufzuspüren. Das sei natürlich nicht immer möglich, sagte Goldschmidt, aber trotzdem konnten 2019 einige Täter überführt werden: 539 Rechnungen wurden ihnen ausgestellt, was eine Einnahme von 63.154 Euro ausmacht, was wenigstens einen Teil der Mehrkosten decke.

Auch Kleinvieh macht Mist

Viele Mitbürger scheinen sich offensichtlich nicht der Tatsache bewusst zu sein, inwieweit ihr Abfall Schaden anrichten kann. „Ich werfe meine Zigarettenstummel nie auf den Boden. Ich achte darauf, sie stets in den Abwasserkanal zu werfen“, zitiert der Jahresbericht 2019 einen Unbekannten. Demselben Bericht zufolge reicht ein Zigarettenstummel, um 500 Liter Trinkwasser zu verunreinigen. Das noch in den Stummeln enthaltene Nikotin kann darüber hinaus auch für Hunde gefährlich werden, falls sie sie fressen sollten.

Es sind jedoch bei Weitem nicht Zigaretten allein, die den Gemeindeverantwortlichen Sorgen machen: Kaugummi, Hundekot und vor allem die zahlreichen Einwegplastikbecher, die sorglos auf den Boden geworfen werden, stellen auch ein Problem dar. Um der Problematik zu Leibe zu rücken, hat die Gemeinde vorigen Sommer erstmals eine Anti-Littering-Kampagne (vom Englischen „to litter“, wegwerfen) gestartet, die dieses Jahr fortgesetzt wurde. Seit 2018 arbeitet die Gemeindeverwaltung daran, Einwegbecher so weit wie möglich bei den jährlich rund 500 Veranstaltungen durch wiederverwertbare Utensilien zu ersetzen.

Gemeinsames Ziel aller Aktionen ist es, die Menge an Abfall zu reduzieren, viele Bürger wissen aber nicht wie. Seit 2018 gibt es einen Kundenservice beim Hygienedienst, die „Assistance clientèle“. Einzelne Bürger, aber auch Hausverwaltungen erhalten Ratschläge zur Lösung von Abfallproblemen. Diese Abteilung ist auch bei der Planung von größeren Bauprojekten involviert und berät Architekten und Urbanisten. Um etwa eine Baugenehmigung zu erhalten, muss die Planung des Abfallraums von dieser Abteilung gutgeheißen werden, sobald mehr als zwei Wohneinheiten bei einem Bauprojekt vorgesehen sind. 2019 wurden 339 solcher Gutachten ausgestellt.

Spricht man vom Abfallreduzieren, redet man auch gleichzeitig von Abfallvermeidung, Mülltrennung und Recycling. Herzstück ist dabei das Recyclingzentrum auf der Arloner Straße. Auch dort war in der Vergangenheit viel Missbrauch festgestellt worden. Viele kamen nicht nur aus Luxemburg-Stadt, sondern auch aus anderen Gemeinden, ja sogar aus der Großregion, um hier ihren Abfall zu entsorgen. Um dies zu unterbinden, wurde der Zutritt 2015 eingeschränkt. Voriges Jahr wurde dann eine magnetische Eintrittskarte für die Bewohner der Gemeinden Luxemburg und Strassen eingeführt. Momentan ist diese noch fakultativ, sie soll aber mittelfristig obligatorisch werden. Corona-bedingt werden aktuell keine Karten ausgestellt; hat man noch keine Karte, genügt ein Nachweis (z.B. eine Rechnung), dass man in einer der beiden Gemeinden wohnt.

Zu früh gefeiert

Offiziell beging der hauptstädtische Hygienedienst voriges Jahr seinen 120. Geburtstag. Laut einem Artikel in der Zeitschrift Ons Stad aus dem Jahre 1993 könnte allerdings zwei Jahre zu früh gefeiert worden sein. „Es sollte bis zum Jahre 1921 dauern, ehe die Zeit zur Schaffung einer solchen Institution in Gestalt des hauptstädtischen Hygienedienstes reif war. Zwar bestand seit dem Jahre 1899 eine in Kommunalregie getätigte hauptstädtische Müllabfuhr. Sie war jedoch nichts weiter als ein in Gemeindebesitz übergegangener Privatbetrieb, der mittels vorsintflutlicher offener Pferdewagen für die Beseitigung des Hausmülls auf dem Gebiete der Stadt Luxemburg sorgte.“ (Jean-Claude Hoffmann, „Vom Piffhaff zum Recycling Center“, Ons Stad, Nr. 43, 1993, S. 8).

Historisches zum Dreck

Vor rund hundert Jahren muss unsere Stadt ganz schön dreckig gewesen sein. So schrieb Batty Weber 1924 Folgendes: „Also der Dreck! Kinder, einmal im Jahr müssen wir darüber reden.“ Er zeigte sich allerdings auch als Visionär: „Später einmal, in fünfzig, hundert Jahren oder noch später, wird es in Luxemburg keinen Straßendreck mehr geben. Das heißt keinen von diesem gesunden Dreck.“ Er spricht dann von „Naturprodukt“ und dachte dabei wohl an den Pferdemist. „Dieser Dreck wird gelebt haben. Sein Nachfolger wird der Kunstdreck der Großstadt sein (…).“ Und zum Schluss seiner Geschichte seine große Vision: „Luxemburg und Esch sind in eine einzige Stadt verschmolzen (…). Hin und her und kreuz und quer geht die Trambahn im Dreiminutenverkehr.“ (Batty Weber, „Der Dreck, das Wahrzeichen Luxemburgs“, in Ons Stad, Nr. 43, 1993, S. 22)

Einige Zahlen des Hygienedienstes (2019)

Eingesammelter Müll insgesamt: 65.147 Tonnen (2018: 66.031 Tonnen) 
Davon recycelt: 27.789 Tonnen 
Verbrannt in der Sidor-Verbrennungsanlage: 37.359 Tonnen 
Abfall pro Einwohner: 533 Kilogramm (2018: 554 Kilogramm) 
Ausgaben des Hygienedienstes: 45.102.000 Euro 
Einnahmen: 19.890.500 Euro

Brandenbourger
26. November 2020 - 13.12

Der Rest liegt im Wald und entlang der Strassen.