Tageblatt: Frau Ministerpräsidentin, ist eine Verlängerung des Teil-Lockdowns unumgänglich?
Malu Dreyer: Durch die Maßnahmen im November haben wir bundesweit die Dynamik der Neuinfektionen gebremst. Das ist das Verdienst der überwiegenden Anzahl der Menschen in unserem Land, die sich verantwortungsvoll verhalten und die AHA-Regeln sowie die Kontaktbeschränkungen einhalten. Aber die Trendwende ist noch nicht geschafft. Es bleibt wichtig, Regelungen zu treffen, die die Menschen nachvollziehen und akzeptieren können.
Zahlreiche Maßnahmen sind ja bereits im Gespräch. Für welche plädieren Sie?
Die Länder bereiten zurzeit sehr konstruktiv die Besprechung mit der Kanzlerin am Mittwoch vor. Dies soll Perspektiven im Rahmen eines Gesamtkonzeptes für die anstehenden Wintermonate eröffnen, um den Menschen mehr Planungssicherheit zu geben.
Das heißt konkret?
Ganz klar ist schon jetzt: Wir können den Wellenbrecher-Lockdown Ende November noch nicht beenden, auch wenn wir uns das alle wünschen. Oberstes Ziel bleibt es, die Zahl der Neuinfektionen deutlich zu senken, um eine Überforderung unserer Krankenhäuser zu vermeiden. Was nicht mit Maske geht, kann vorerst nicht stattfinden. Die Zahlen sind zu hoch, um Restaurants, Bars oder Hotels Anfang Dezember zu öffnen. Weiter zu schließen, setzt voraus, dass die Bundesregierung bereit ist, die Entschädigungen weiter zu zahlen.
Schulen sollen aber möglichst nicht geschlossen werden. Wie lässt sich dies sicherstellen?
Ein weiteres wichtiges Ziel bleibt der Präsenzunterricht, so lange wie möglich, denn das Lernen in der Schule ist für Kinder und Jugendliche das Beste. Schulen sind glücklicherweise keine Infektionsherde. Klar ist aber auch: in Hotspot-Gebieten kann Wechselunterricht für die älteren Schüler und Schülerinnen hilfreich sein.
Zu Weihnachten soll es dann wieder Lockerungen geben. Könnte das nicht die dritte Welle verursachen?
Für mich ist ganz klar, Weihnachten und Silvester sollen die Menschen ihre Liebsten treffen können. Dass wir auch dabei Kontakte beschränken müssen, ist auch klar. Auch das neue Jahr im kleinen Kreis zu begrüßen, wird möglich sein, aber große Silvester-Partys oder große Menschenansammlungen an beliebten Plätzen sind definitiv ein zu großes Risiko. Das müssen wir vermeiden. Auch im Hinblick auf die Menschen im Gesundheitswesen, die 365 Tage im Jahr und 24 Stunden am Tag dafür sorgen, dass wir medizinisch behandelt werden. Dort herrscht an Silvester durch Feuerwerksverletzungen oder übermäßigen Alkoholkonsum schon in Nicht-Corona-Zeiten Hochbetrieb. Diese zusätzliche Belastung müssen wir vermeiden.
Frau DREYER ist ebenso mit Verzweifelungsmassnahmen gebeutelt wie all die anderen Politkollegen.