ÖsterreichMit der Ökosteuerreform dürfen die Grünen einmal Flagge zeigen

Österreich / Mit der Ökosteuerreform dürfen die Grünen einmal Flagge zeigen
Österreichs Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler hat schon mal 2021 zum „Jahr des Klimaschutzes“ ausgerufen Foto: dpa/Georg Hochmuth

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Mit einer Ökosteuerreform können Österreichs Grüne in der Koalition mit der ÖVP endlich richtig Flagge zeigen. Ob sie sich damit neue Freunde machen, steht auf einem anderen Blatt.

Schon bald wird es teurer und immer teurer: Wer glaubt, in einem dicken SUV durch die Gegend fahren zu müssen, muss schon jetzt einen beträchtlichen Teil des Kaufpreises in Form einer erhöhten Normverbrauchsabgabe (NoVa) an den Fiskus abführen. Die stieg für Autos mit hohen CO2-Emissionen schon zu Jahresbeginn mit der Umstellung der Berechnung auf das WLTP-Messverfahren. Doch es kommt noch viel dicker. Die türkis-grüne Regierung hat im Nationalrat ein Gesetzespaket eingebracht, gegen das Autohändler und Autofahrerklubs Sturm laufen. Denn ab dem kommenden Jahr soll der CO2-Malus bis 2024 schrittweise stark angehoben werden. Ein Range Rover Sport SVR mit 575 PS und 331 Gramm Kohlendioxidausstoß pro Kilometer kostet derzeit 174.800 Euro inklusive einer NoVa von 38.300 Euro. Ab 2024 werden für dasselbe Fahrzeug 67.000 Euro NoVa fällig. Je größer der Hubraum, desto teurer.

Was viele Lenker nobler Karossen besonders treffen wird: Unternehmer werden ihre SUVs, Pick-ups und Vans künftig nicht mehr als Klein-Lkw anmelden und sich die NoVa überhaupt ersparen können. Dieses gesetzliche Schlupfloch wird geschlossen. Nur noch mit null Emission – also elektrisch oder mit Wasserstoff – betriebene Fahrzeuge werden von der Abgabe befreit sein.

Angegangen wird auch das Problem des durch relativ niedrige Spritpreise verursachten Tanktourismus, der in die österreichische Klimabilanz eingerechnet wird: Unternehmen aus Drittstaaten wird die Möglichkeit genommen, sich die 20 Prozent Umsatzsteuer auf Benzin und Diesel in Österreich erstatten zu lassen.

Grüne machen sich in Koalition bemerkbar

Steuerliche Begünstigungen für Öffi-Nutzer und Dienstradfahrer sowie eine Befreiung der Bundesbahnen von der Besteuerung ihres selbst produzierten Ökostromes runden das am Wochenende präsentierte Öko-Paket ab, welches allerdings auf heftigen Widerstand stößt. Während es die Umweltorganisation Global 2000 nur als „ersten Schritt“ würdigt, protestieren die Automobilimporteure gegen den „Versuch, Steuererhöhungen zu einem überraschenden Zeitpunkt inmitten des Lockdowns, ohne Begutachtung und ohne Einbindung der Automobilwirtschaft durchzubringen“. Der Autofahrerklub ÖAMTC argumentiert sozialpolitisch gegen die „schlechten Nachrichten für Autokäufer“: Gerade Familien würden besonders getroffen, da sie größere und damit verbrauchsstärkere Autos benötigen. Auch der den Sozialdemokraten nahestehende ARBÖ betrachtet die Strafsteuer für Dreckschleudern als „unfair und nicht sozial“.

Da der Straßenverkehr in Österreich fast ein Drittel der Treibhausgasemissionen erzeugt und die Tendenz in diesem Bereich anders als etwa in der Industrie sogar steigend ist, gab es keine Alternative zur einer Ökosteuerreform, die auch schmerzhafte Umstellungen erfordert. „Stinker werden teurer“, bringt es der grüne Vizekanzler Werner Kogler auf den Punkt und verspricht, dass das Jahr 2021 ungeachtet der Corona-Krise ein „Jahr des Klimaschutzes“ werde.

Für die Grünen hat das Paket nicht bloß eine ökologische Bedeutung. Es soll auch ihre Existenzberechtigung in der Koalition mit der ÖVP unterstreichen. Denn bislang hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz die Grünen an der kurzen Leine gehalten und bei ihnen wichtigen Themen wie der Einführung eines Plastikpfands oder der Aufnahme von Migranten aus griechischen Lagern die kalte Schulter gezeigt.