PorträtLaurent Decker – ein „Stack-Escher“ ist Präsident der „Jeunes dirigeants“ 

Porträt / Laurent Decker – ein „Stack-Escher“ ist Präsident der „Jeunes dirigeants“ 
Familiendynastie Decker-Ries: Laurent Decker leitet die Firma in der fünften Generation  Foto: Editpress/Tania Feller

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Er bekam seinen Beruf in die Wiege gelegt. In fünfter Generation übernahm Laurent Decker den Traditionsbetrieb Decker-Ries. Nun wurde der 35-jährige „Stack-Escher“ zum Präsidenten der „Fédération des jeunes dirigeants“ (FJD) gewählt. Ein Porträt.

Im März dieses Jahres schloss die Firma in der Belvaler Straße ihre Türen für einen Monat. Es war die dritte längerfristige Schließung des 1899 von François Decker (verheiratet mit Marie Ries, daher der Firmenname Decker-Ries) gegründeten Geschäfts. Zuvor waren die Weltkriege für die Zwangsschließung verantwortlich, nun das Coronavirus. „Wir lassen uns nicht unterkriegen“, sagt Laurent Decker schon fast ein wenig trotzig, „die Corona-Krise ist vielleicht dazu gut, uns wachzurütteln. Um darüber nachzudenken, wie es auch anders geht.“ Er meint damit ein bewussteres Leben, sowohl im Privaten wie auch im Beruflichen. Laurent Decker kauft seinen Kaffee im Babbocaffè, seinen Chardonnay im Drupis und seine (Kinder-)Bücher im Diderich. Das Fleisch kommt direkt vom Bauern, Obst vom Erzeuger. Und wenn er etwas nicht sofort bekommen kann, dann bestellt er es trotzdem beim lokalen Händler, selbst wenn das mitunter vier Wochen Wartezeit bedeutet. „Es muss nicht immer alles in zwei Tagen da sein“, spielt er auf Amazon und Co. an. Er will, dass der lokale Handel in seiner Heimatstadt Esch überlebt. 

Laurent Decker ist ein Vertreter der neuen Generation, die mit einem anderen Bewusstsein zur Umwelt aufgewachsen ist als ihre Väter. Das spiegelt sich auch in seinem Betrieb wider. Stolz ist Laurent Decker auf die Trinkflaschenaktion. Bei Decker-Ries sucht man Getränkeautomaten vergeblich, Wasser wird seit jeher gratis an das Personal verteilt. „Vergangenes Jahr haben wir 5.448 Plastikflaschen gekauft, 2020 waren es genau 0“, sagt Decker. Alle Mitarbeiter bekamen eine personalisierte Trinkflasche, der Betrieb installierte eine Filteranlage für das Leitungswasser. Im globalen Kampf gegen den Klimawandel mag das ein Tropfen auf den heißen Stein sein, doch für Laurent Decker ist es „ein Puzzlestück“ und gehört zu seiner sozialen Verantwortung als Firmenchef. Genau wie der Fuhrpark der Firma modernen Ansprüchen genügt und auf dem Dach eine Fotovoltaik-Anlage installiert wurde. Als Nächstes soll die Innenbeleuchtung bei Decker-Ries komplett ausgetauscht werden. Halogen-Leuchten werden durch LED ersetzt. Dadurch sollen 105 Megawatt pro Jahr eingespart werden, was den Jahresverbrauch von ca. 25 Haushalten entspricht.

Fünfte Generation

Laurent Decker macht das nicht allein. Sein fünf Jahre jüngerer Bruder Christophe wächst langsam in die Rolle des Firmenchefs hinein, genau wie es Laurent zuvor tat. Im kommenden Jahr, wenn Vater Marc Decker definitiv in Rente geht, übernimmt Christophe die Hälfte der Firma. Wie der Vater ist er gelernter Ingenieur, während Laurent nach seiner schulischen Laufbahn (Dellhéicht-Schule und „Meedecherslycée“) Wirtschaftswissenschaften studierte. Dafür zog es Laurent nach Lausanne (CH), Straßburg (F) und Montreal (CAN). „Wir ergänzen uns gut. Christophe ist der Mann für die Technik, ich für die Betriebsführung. Zu zweit kann man sich die Aufgaben teilen. Und die Sorgen“, sagt Laurent Decker. In der Hinterhand hat die fünfte Generation im Betrieb noch immer Vater Marc, der seinen Söhnen auch nach der Pensionierung mit so manch gutem Rat zur Seite stehen wird. 

„Mein Vater hat mich nie gedrängt, die Nachfolge zu übernehmen. Für den Fall, dass ich will, hat er zwei Forderungen gestellt. Das war einerseits ein abgeschlossenes BAC+5-Studium und andererseits regelmäßige Ferienjobs im Betrieb, um den Respekt vor den Mitarbeitern zu bekommen“, blickt der 35-Jährige zurück. Wenig kontaktscheu war er also schon früh mit den Arbeitern auf Tour und lernte so alle Facetten der Firma kennen. Mit dem ursprünglichen Baustoffhandel der ersten beiden Generationen hat das Baucenter Decker-Ries nur noch wenig gemeinsam. 45 Fliesenleger und 35 Schreiner arbeiten im Betrieb, der inzwischen auch Küchen anbietet und montiert. Insgesamt 130 Mitarbeiter beschäftigt die Firma, die in den 1980er Jahren ganz vom ursprünglichen Standort gegenüber des Escher Bahnhofs in die Belvaler Straße zog, heute.

Die Auswirkungen der Corona-Krise sind abgesehen von der Schließung im Frühjahr relativ klein. „Ich glaube, die Menschen waren so viel zu Hause, dass der emotionale Wert des Wohnens gestiegen ist. Und da Finanzanlagen momentan unsicher sind und es keine Zinsen auf der Bank gibt, entscheiden sich viele Menschen lieber dazu, ihr Daheim zu renovieren“, erklärt Laurent Decker. Er selbst lebt im Dellhéicht-Viertel. Mit seiner Frau, einer Richterin, hat er zwei kleine Kinder, vier und eineinhalb Jahre alt. Als Laurent Decker noch ein kleiner Junge war, da nahm ihn sein Vater sonntags mit in die Firma. Dort durfte er Baggerfahren. Sein Interesse am Betrieb seiner Familie war somit früh geweckt. Heute erfordert seine eigene Familie die ganze Aufmerksamkeit, weshalb er Privates und Berufliches strikt zu trennen versucht. „Die Firma ist am Küchentisch fast nie ein Thema“, sagt Laurent Decker. Als Ausgleich betreibt er Sport. Falls möglich, jeden Tag in der Mittagspause.

Dauerläufer

Decker kommt aus der Leichtathletik, gewann 1996 als „Débutant“ den „Challenge Tageblatt“ und gehörte zwei Jahre lang dem Nationalkader an. Beim CA Fola trainierte er mit David Fiegen und Martine Nobili. Seine Spezialität war die Mittelstrecke und der Crosslauf. Was sich aber im Laufe der Zeit ändern sollte. Erst waren es 10-Kilometer-Rennen, dann Halb-Marathons. Es folgten Marathons, unter anderem in New York, Frankfurt und Kopenhagen. Dass er einen Marathon in drei Stunden absolvieren kann, sagt auch etwas über Deckers Charakter aus. Sein Motto ist „entweder ganz oder gar nicht“. Halbe Sachen gibt es bei ihm nicht. Als nächstes Projekt steht der Jungfrau-Marathon mit 2.500 Höhenmeter auf dem Programm. Wie er Beruf, Familie und Sport unter einen Hut bringt? „Zeit hat man“, sagt er, „man muss sie sich nur richtig einteilen.“ Der Sport hilft ihm dabei, „abzuschalten und den Kopf frei zu kriegen“.

Was nicht unwichtig ist, zumal nun die Präsidentschaft der „Fédération des jeunes dirigeants“ zu seinen Aufgaben hinzukommt. Die FJD ist eine Asbl. und kein Verband, der Forderungen stellt oder sich politisch engagiert. Sie versteht sich als Plattform zum Austausch für ihre 550 Mitglieder und unterstützt Projekte für Schüler und Arbeitslose. Die Präsidentschaft wechselt jährlich, in der Regel steigt der Sekretär zum Vorsitzenden auf. Auch das hat Tradition, wie der Escher Betrieb, den Laurent Decker leitet.