GeburtstagSeit 30 Jahren ist Luxemburg Seefahrernation

Geburtstag / Seit 30 Jahren ist Luxemburg Seefahrernation
Mehr als 200 Schiffe kreuzen heute, mit dem Roten Löwen als Flagge, über die Weltmeere Foto: Tageblatt-Archiv

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Obwohl Luxemburg keinen eigenen Zugang zum Meer hat, ist das Land seit 30 Jahren eine Seefahrernation. Am 9. November 1990 wurde das Gesetz zur Gründung des „Commissariat aux affaires maritimes“ angenommen. 

Drei Schiffsregister

Das „Commissariat aux affaires maritimes“ ist die staatliche Verwaltung, die für das Meeresschiffsregister zuständig ist. Ehe ein Schiff in Luxemburg angemeldet wird, untersucht die Behörde mit knapp 20 Mitarbeitern technische Daten und andere Dokumente, etwa die Besitzverhältnisse des Schiffes. Daneben gibt es hierzulande ein „Registre de plaisance“, wo Leute, die in Luxemburg wohnen, ihre eigenen Freizeitschiffe und -boote eintragen können. Dort sind etwa 1.000 Einheiten (Segelboote, Motorschiffe, Jetskis usw.) eingetragen. Auch dieses Register wird vom „Commissariat maritime“ verwaltet. Das dritte Luxemburger Schiffsregister ist für die Binnenschiffe zuständig. Es wird vom Transportministerium aus geleitet. Bei der Binnenschifffahrt handelt es sich mehr um eine Transportaktivität, bei der Schiffe auch Luxemburg anlaufen.

Dass Luxemburg ein Schiffsregister aufgebaut hat, geht auf den ehemaligen Wirtschafts- und Transportminister Robert Goebbels zurück. Im Rahmen einer Promotionsreise sei er darauf aufmerksam geworden, „dass bis zu 90 Prozent des Welthandels über das Meer laufen – und Luxemburg keinen Anteil daran hatte“, sagte er vor einigen Jahren gegenüber dem Tageblatt. „Ich dachte, ein maritimer Sektor wäre ein guter Zusatz für den Finanz- und Versicherungsplatz. Auch Länder ohne eigenen Meereszugang haben Schiffsregister, beispielsweise die Schweiz und Österreich“, so Goebbels damals weiter. „Dann hatte ich dem Regierungsrat einen Vorschlag gemacht. (…) Erst nach viel Hin und Her stimmte das Parlament zu. DP, KP und ADR stimmten nicht zu.“

Eine Schlüsselrolle im Aufbau des Luxemburger Schiffsregisters hatte Belgien. Es „war ein unglaublicher Glücksfall“, sagte Goebbels damals. Von seinem belgischen Amtskollegen Jean-Luc Dehaene (späterer Premierminister) sei er gefragt worden, ob es möglich wäre, die gesamte belgische Flotte ins Luxemburger Schiffsregister einzubringen. „Es war eine typische ,histoire belge’. Die belgische Gesetzgebung zum Schiffsregister war veraltet. Die gesamte Flotte flämisch. Eine politische Einigung war nicht möglich. Dehaene versuchte, über den Umweg Luxemburg, Bewegung in die Sache zu bringen.“ Auf einen Schlag kamen so mehrere Dutzend Schiffe ins Luxemburger Register. Ein paar Jahre später hatte Belgien seine Gesetzgebung erneuert. Die meisten gingen zurück. Einige jedoch sind geblieben.

Belgien spielte eine Schlüsselrolle

Die Zahl der Luxemburger Schiffe beläuft sich heute auf insgesamt 215. Die Art Schiffe, die am stärksten im Register vertreten ist, sind Versorgungsschiffe (etwa für Ölplattformen). Am zweitmeisten vertreten sind Baggerschiffe, gefolgt von kommerziellen Yachten und Containerschiffen.

Robert Biwer und Mac Glodt 2009 bei einer Schiffstaufe in Spanien
Robert Biwer und Mac Glodt 2009 bei einer Schiffstaufe in Spanien Foto: Christian Muller

Nicht jeder wird im Register aufgenommen: „Kein Schiff darf älter als 15 Jahre sein, wenn es erstmals in Luxemburg angemeldet wird“, so Robert Biwer gegenüber dem Tageblatt. „Wir wollen keine Mülltonne für alte Schiffe sein. Wir wollen moderne Schiffe. Das ist auch besser für die Umwelt.“ Robert Biwer ist „Commissaire du Gouvernement aux Affaires maritimes“. Zuvor war er unter anderem Sprecher im Wirtschaftsministerium und Konsul in San Francisco. Er hat das Ruder 2008 von Marc Glodt (zuvor Attaché im Arbeitsministerium) übernommen, der die Abteilung im Wirtschaftsministerium 18 Jahre lang aufgebaut hatte.

Große Öltanker und Fischerboote will Luxemburg ebenfalls nicht im Register haben. Das war eine politische Entscheidung. Große Passagierschiffe, etwa Kreuzfahrtschiffe, gibt es auch keine. Da arbeiten mehrere tausend Menschen auf einem Schiff, was einen großen Arbeitsaufwand für die kleine Behörde bedeuten würde. Auf den luxemburgischen Schiffen sind aktuell insgesamt rund 4.000 Matrosen beschäftigt.

Zuletzt ist die Zahl der Luxemburger Schiffe leicht geschrumpft. Vor einigen Jahren zählte das Register noch 250 Meeresschiffe. Der Rückgang liegt unter anderem am niedrigen Ölpreis, wie Biwer erklärt. Dieser habe dazu geführt, dass einige Ölplattformen und somit auch ihre Versorgungsschiffe eingemottet wurden. Die Zahl der Baggerschiffe sei derweil stabil geblieben. „Unabhängig von der wirtschaftlichen Lage müssen Kanäle freigeschaufelt werden. Ihre Projekte laufen.“

Gelungene wirtschaftliche Diversifizierung

In diesem Jahr spürt die Branche die Pandemie. Sowohl die Mitarbeiter auf den Schiffen als auch die grenzüberschreitende Aktivität der Behörde. „Das ist alles nicht einfach“, so der Kommissar. Je nach Hafen, Land und Schiff sitzen manche Angestellte „Wochen auf ihren Schiffen fest, während andere nicht an Bord kommen können.“ Glücklicherweise gehe es mittlerweile wieder besser als zu Jahresbeginn.

Die Verwaltung selbst hat Prozeduren verändert, elektronische Dossiers ermöglicht und arbeitet von zu Hause aus. Selbst eine App hat sie eingeführt, mit der man mittels Video live Kontrollen auf Schiffen durchführen kann – ohne selbst präsent zu sein. Nach Covid setze sich die Modernisierung und Digitalisierung wohl fort, sagt Biwer. „Die digitale Infrastruktur steht jetzt. Und sie bedeutet einen Zeitgewinn. Das werden wir in Zukunft weiter benutzen.“

In den 30 Jahren seit der Gründung hat sich rund um das Register ein kleiner, aber dynamischer Wirtschaftssektor entwickelt. Luxemburger Schiffe haben Offshore-Windparks in Belgien aufgebaut und eine der Palmeninseln vor Dubai errichtet. Schätzungen zufolge steht der Bereich hierzulande direkt für rund 300 Arbeitsplätze. Doch er bringt auch Geschäfte für Anwaltskanzleien, Finanzinstitute und Versicherer. Geschätzte 2.500 Arbeitsplätze in Luxemburg haben mit dem maritimen Sektor zu tun.

de spëtzbouf
15. November 2020 - 15.26

Hierzulande wimmelt es nur so von Kapitänen, Seefahrern und Matrosen. :)

karlo
11. November 2020 - 15.42

@Miette " Und es macht mir Freude zu wissen, wo gerade die Gorch Fock liegt usw.⚓" Im Trockendock, seit vielen Jahren. Wie viele Verteidigungsminister es noch brauchen wird um das dämliche Schiff zu reparieren ist nicht abzusehen.

Haddock
11. November 2020 - 13.06

Seefahrernation ? Stimmt, wir haben ja in Cabasson einen Anlegeplatz.

Miette
10. November 2020 - 21.35

@Duesselmann Mich begeistern Schiffe, welcher Art auch immer. Kreuzfahrten kommen für mich nicht in Frage, mir ist sehr wohl bewusst wie das Personal dort behandelt wird. Hat aber nichts damit zu tun, dass Schiffe ihre eigene Geschichte haben. Und es macht mir Freude zu wissen, wo gerade die Gorch Fock liegt usw.⚓ Jedem Tierchen sein Pläsierchen?

churchill
10. November 2020 - 20.07

ass jo nemmen eng Saach vun Steieren.... ech ging d'Black Pearl mat eran huelen...dei hun och gudd Cargo.

Duesselmann
10. November 2020 - 18.13

@Miette "Ich selbst mache keine Kreuzfahrten, jedoch begeistern mich schöne Schiffe⚓" Schwimmende Hotels wo man Noroviren und Coronaviren einfangen kann sind nicht gerade als 'schön' zu betrachten. Außerdem werden alle Besatzungsmitglieder aus den Phillipinen oder Indonesien etc ausgebeutet bis aufs Blut, obschon sie alle Beitrag in den OGBL einzahlen.

Miette
9. November 2020 - 21.43

Kreuzfahrtschiffe der Reederei "Star Clippers" fuhren bis 2010 unter luxemburgischer Flagge. Seitdem fahren diese Schiffe unter der Flagge von Malta. Ich selbst mache keine Kreuzfahrten, jedoch begeistern mich schöne Schiffe⚓

Carlo
9. November 2020 - 13.14

Et gëtt zu deem onduerchsichtege Business ee gudde TV Reportage - Cargo : la face cachée du fret natierlech net vu jidderengem esou gär gesinn.

GéBé
9. November 2020 - 11.33

Seefahrernation , dann Kriegs- Flugzeugfahrernation und auf dem besten Weg zur Raumfahrernation. Und das alles kurz vor Ende der luxemburger Nation und Wiedergeburt in eine Allerweltnation . Das kann ja lustig werden.