Kaum Passagiere am Findel„Allen in der Luftfahrt geht es dreckig“

Kaum Passagiere am Findel / „Allen in der Luftfahrt geht es dreckig“
In einem „normalen“ Jahr steht der Findel für 5 bis 6 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes. Indirekt hängen bis zu 20.000 Arbeitsplätze am Geschäft mit dem Fliegen. Foto: Editpress/Julien Garroy

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Seit 2010 verbuchte der Luxemburger Flughafen jedes Jahr neue Rekorde bei den Passagierzahlen. Das Geschäft boomte. Diese Erfolgsserie hat die Corona-Krise nun jäh unterbrochen. Auch die Aussichten für die Zukunft sind trüber geworden. Bis sich die Branche wieder erholt, könnte es einige Jahre dauern, schätzt René Steinhaus vom Luxemburger Flughafenbetreiber Lux-Airport.

Es ist eine Krise, wie sie die Luftfahrt seit dem Zweiten Weltkrieg nicht erlebt hat, so René Steinhaus, Geschäftsführer von Lux-Airport, gegenüber dem Tageblatt. Nach 9/11 habe es einige Tage gedauert, bis die Menschen wieder in den Fliegern saßen – nach dem isländischen Vulkan einige Wochen. Nun jedoch gibt es bereits seit Monaten massive Reisebeschränkungen. „Allen in der Luftfahrt geht es dreckig“, so der Flughafen-Direktor.

Noch letztes Jahr konnte der Luxemburger Flughafen sich freuen: Insgesamt 4,37 Millionen Passagiere haben den Flughafen genutzt. Ein deutlicher Anstieg zum Jahr 2018 (3,99 Millionen Passagiere). Vor zehn Jahren (2009) waren es erst 1,5 Millionen Passagiere gewesen.

Doch in diesem Jahr hat die Corona-Krise allen Wachstums-Erwartungen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Europaweit war der Linienverkehr von März bis Mai praktisch zum Erliegen gekommen. In den Monaten April und Mai war es, auch am Passagier-Terminal in Luxemburg, sehr still. Nur Sonderflüge fanden statt, etwa Corona-bedingte Krankentransporte aus der Großregion.

Das Trauerspiel des leeren Terminals

Dementsprechend sind die Passagierzahlen am Flughafen, nach einem bereits merklichen Rückgang im ersten Quartal (17 Prozent), in den Monaten Mai bis Juni fast komplett (97 Prozent) eingebrochen. Insgesamt 37.270 Passagiere wurden in diesen drei Monaten am Findel gezählt, wie neue Zahlen von Eurostat zeigen. Zur gleichen Zeit im Vorjahr lag die Zahl der Passagiere noch bei deutlich über einer Million (1.185.171).

Die Entwicklung der Passagierzahlen von 2009 bis 2019
Die Entwicklung der Passagierzahlen von 2009 bis 2019 Screenshot: Jahresbericht von LuxAirport

Besonders erschreckend waren die Zahlen im Monat April – ganze 26 Passagiere wurden am Findel gezählt. In den Monaten Mai und Juni ging es wieder aufwärts, wenn auch nur ganz leicht (auf 1.808 bzw. 35.436 Passagiere). Zum Vergleich: Im Vorjahr (April 2019) wurden stolze 384.281 Passagiere am Findel gezählt – in den Monaten Juni bis Oktober 2019 lag ihre Zahl bei über 400.000 pro Monat. „Das Trauerspiel des leeren Terminals“ konnte René Steinhaus täglich von seinem Büro aus beobachten.

Verglichen mit dem zweiten Quartal hat sich die Lage mittlerweile wieder gebessert. Im dritten Quartal hat der Rückgang „nur“ noch 66 Prozent verglichen mit dem Vorjahr betragen. Von den insgesamt 15 Fluggesellschaften, die vor der Krise im Passagierbereich am Findel tätig waren, haben elf den Flugbetrieb inzwischen wieder aufgenommen, so Steinhaus. Von den ehemals 85 Zielen werden heute wieder etwa 55 angeflogen, wenn auch mit geringeren Frequenzen.

„Wir mussten alles am Leben halten“

Eine solche Situation ist derweil nicht nur für die Fluggesellschaften, sondern auch für die Betreiber von Flughäfen äußerst kompliziert. Selbst wenn am Passagierterminal praktisch Stillstand herrschte, „mussten wir alles am Leben halten: den Sicherheitsbereich, den Tower, den Flughafenbetrieb, die Verwaltung, die Technik … Cargo musste weiterfliegen können.“ Dementsprechend blieben die Kosten für Lux-Airport hoch, während die erwirtschafteten Umsätze wegbrachen.

Der Findel-Betreiber, eine Gesellschaft, die seit Jahren auf Wachstumspfad war, hat mittlerweile einen Einstellungsstopp verhängt. „Wir drehen derzeit jeden Euro zweimal um. Wir versuchen, Kosten zu sparen und die Effizienz zu steigern“, sagte Steinhaus. Mitarbeiter entlassen will er nicht. „Unser Ziel ist es, alle Jobs zu erhalten. Wir brauchen unsere Mitarbeiter, um alles am Laufen zu halten.“ Lux-Airport zählt 350 Mitarbeiter.

Schwarze Zahlen werde man dieses und nächstes Jahr jedoch nicht schreiben, so der Flughafen-Direktor weiter. Zudem habe man jedoch noch Investitionen, wie etwa die für nächstes Jahr geplante Runway-Sanierung, zu stemmen. Das könne man nicht verschieben.

Auch in die Immobilien-Projekte (Airport-City) rund um den Flughafen investiere man weiter, sagte Steinhaus. Ziel dieser Projekte ist es, unabhängiger von den Einnahmen aus dem Flugverkehr zu werden und ein Immobilien-Portfolio aufzubauen, dessen Vermietung für stabile Einnahmen sorgt. In diesem Sinne habe man bereits die neue Cargolux-Zentrale errichtet, die die Luftfrachtgesellschaft nun miete. Das nächste Projekt sei in der Vorbereitung.

Leichtes Wachstum bei der Luftfracht

Des Weiteren hat Lux-Airport Glück, dass Findel nicht nur auf Passagiere spezialisiert ist, sondern eben auch auf Fracht. Nach einem absoluten Rekordjahr 2018 war 2019 zwar leicht weniger Frachtumschlag gemessen worden. Und auch 2020 begann nicht besonders gut. Doch dann kam Corona. Mittlerweile wird im laufenden Jahr mit einem leichten Plus von zwei Prozent bei der Luftfracht – einem Kernelement der Versorgung während der Krise – gerechnet.

Flughafendirektor René Steinhaus: „Langfristig wird die Luftfahrt eine Wachstumsindustrie bleiben“
Flughafendirektor René Steinhaus: „Langfristig wird die Luftfahrt eine Wachstumsindustrie bleiben“ Foto: Editpress/Tania Feller

Gründe hierfür gebe es mehrere, wie Steinhaus erklärte: So seien sowohl das Cargozenter als auch die bereits 50-jährige Cargolux wahre Spezialisten ihres Fachs: „Wir haben erfahrene Teams, gekühlte Räume für Pharmaprodukte, und die Fracht bleibt nicht zwei Stunden auf dem Flugfeld stehen.“ Seit Jahren zählt Luxemburg zu den zehn wichtigsten Fracht-Flughäfen in Europa. Gleichzeitig konnten Passagierflieger keine Fracht mehr mitnehmen (da sie nicht flogen). „Diese Waren mussten auf Vollfrachter umgebucht werden. Und das ist unser Geschäft.“

Retten kann die Luftfracht das Jahr aber nicht. „Es bleibt schlecht, überall“, so der Flughafendirektor. Mit neuen Maßnahmen gegen die Pandemie scheinen sich die Zahlen bei den Passagieren im letzten Quartal des Jahres wieder zu verschlechtern. „Der Trend dreht sich wieder.“ Zurzeit wird für das letzte Quartal mit einem Minus von 65 Prozent gerechnet.

„Wir haben herausfordernde Jahre vor uns.“

Bis die Folgen der Krise überwunden sind, werden Jahre vergehen, befürchtet René Steinhaus. Schon wegen der strukturellen Folgen: Weltweit wurden Flotten stillgelegt, teilweise Mitarbeiter entlassen. Allein bei der Luxair-Gruppe sollen 600 Arbeitsplätze abgebaut werden. „Es wird Jahre brauchen, um das alles wieder aufzubauen.“

Dass der Findel wieder auf dem Niveau von 2019 ankommt, könnte bis 2023 oder 2025 dauern, schätzt er. „Und auch danach rechnen wir mit langsamerem Wachstum als bisher. Wir haben herausfordernde Jahre vor uns.“

Verzweifeln tut er jedoch nicht. Der Findel hat, neben dem Frachtbereich und einem guten Umfeld für Immobilien, weitere Wettbewerbsvorteile, analysierte Steinhaus. So sei der internationale Langstreckenverkehr am stärksten getroffen. Luxemburg jedoch ist ein Regionalflughafen, von wo aus die Ziele mit Direktverkehr und ohne Umsteigen angeflogen werden. Es gebe von hier aus ein gutes, ausgewogenes Angebot, etwa nach Mallorca, Tunesien, London, Portugal, Frankfurt, Paris oder München.

Und auch die „Netzwerkcarrier“, die Kunden aus der Großregion für Langstreckenflüge zu den großen internationalen Flughäfen bringen, werden ihre Verbindungen wieder hochfahren, sobald sich die Lage beruhigt hat, ist er überzeugt. „Ich bin mir sicher: Wir werden wieder fliegen. Die Menschen brauchen Kontakt, sie müssen sich austauschen. Langfristig wird die Luftfahrt eine Wachstumsindustrie bleiben. Wir haben eine globale Welt – Fliegen gehört einfach dazu.“

Jimbo
6. November 2020 - 10.53

Dofir geet et der Enwelt besser? Do missten sech dei Gring dach am Moment een drop er*fhuelen.

Sofia
2. November 2020 - 19.37

@Aender Si sinn elo all beim Contact-Tracing.

Aender
2. November 2020 - 17.25

Während der Stahlkrise haben die ARBED-Leute die Flüsse und Wälder gereinigt, die hatten diesen Job auch nicht gelernt. Also worauf wartet das Personal von LUXAIR, denn, einen BAC+? wird dazu nicht benötigt.