HandballInterview: Tommy Wirtz über sein Debüt in der zweiten Bundesliga und seine erste Profisaison ohne Zuschauer

Handball / Interview: Tommy Wirtz über sein Debüt in der zweiten Bundesliga und seine erste Profisaison ohne Zuschauer
Tommy Wirtz (hier im Trikot der Nationalmannschaft) hat bisher 17 Tore in der zweiten Bundesliga erzielt Archivfoto: Marcel Nickels

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Tommy Wirtz hat seinen Traum vom Handballprofi verwirklicht: Im Sommer zog der Luxemburger nach Würzburg und spielt seitdem für die DJK Rimpar Wölfe. Mit 17 Toren in vier Partien konnte er bisher in der zweiten Bundesliga auf sich aufmerksam machen. Im Tageblatt-Interview blickt der 28-Jährige auf seine Anfänge im Profibereich und seine ersten Spiele in der zweiten Bundesliga zurück.

Tageblatt: Wie haben Sie sich bei Ihrem neuen Klub eingelebt?

Tommy Wirtz: Ich habe mir diesen Verein ausgesucht, weil er familiär aufgestellt ist. Das hat die Integration erleichtert. Trotzdem ist es eine große Umstellung, zuvor war ich noch nie Profi. Zudem war ich in einer neuen Stadt auf mich allein gestellt. Besonders am Anfang war es deshalb schwierig, meinen Rhythmus zu finden. Da sich alles um Handball dreht, hat es sich fast so angefühlt wie ein Lehrgang, der nicht endet. Mittlerweile habe ich den Dreh allerdings raus, bin im Rhythmus und fühle mich wohl. 

Im vergangenen Jahr haben Sie in der dritten deutschen Liga gespielt, mit Ihrem neuen Verein treten Sie in der zweiten Bundesliga an. Wie groß war die Umstellung?

Das Niveau ist um einiges höher. Man spürt in allen Hinsichten, dass man im Profibereich angekommen ist. Das Spiel ist schneller und es ist auch physisch anspruchsvoller. Ich habe sehr viel im Fitness machen und einiges aufholen müssen.

Sie haben vor einigen Wochen Ihr Debüt als Profi in der zweiten Bundesliga gegeben. Ist damit für Sie ein Traum in Erfüllung gegangen?

Ja, natürlich. Profi zu werden, war immer mein Traum. Es war ein Ziel, das ich stets verfolgt habe. Bevor ich diesen Schritt gewagt habe, wollte ich allerdings erst meine Schule abschließen. Ich bin glücklich darüber, diese Erfahrung nun zu machen, und hätte es sicherlich bereut, wenn ich es nicht versucht hätte.

Wie fällt Ihr Fazit nach Ihren ersten Spielen in der zweiten Bundesliga aus?

In der Liga kann jeder gegen jeden gewinnen, da das Niveau insgesamt sehr hoch ist. Man hat keine Zeit, sich auszuruhen, und man muss immer 100 Prozent geben. Auch wenn man gegen den Tabellenletzten spielt, darf man nicht nachlassen. Im Moment ist es so, dass wir zwei Spiele gewonnen und zwei verloren haben. Von unseren vier Partien habe ich drei praktisch durchgespielt.

Sie haben bisher 17 Tore erzielt. Sechs Treffer gingen indes aufs Konto von Dominik Schömig, Ihrem Konkurrenten auf der Linksaußen-Position. Gelten Sie somit nun als Nummer eins auf dieser Position?

Im ersten Saisonspiel stand er in der Startaufstellung, in den drei darauffolgenden Partien habe ich immer angefangen und praktisch durchgespielt. Aufgrund der Intensität in dieser Liga ist es aber unmöglich, jede Partie der Saison durchzuspielen. Wir bilden deshalb ein Gespann – und somit gibt es keine feste Nummer eins. Wenn ich müde bin, spielt er, und wenn er müde ist, spiele ich. Bis jetzt bin ich aber mit meiner Spielzeit sehr zufrieden. 

Mit Ihren 17 Toren sind Sie einer der besten Schützen der Mannschaft. Haben Sie erwartet, so früh eine so wichtige Rolle zu übernehmen?

Nein, überhaupt nicht. Zuvor war ich es gewohnt, fast jede Partie von Anfang an zu spielen. Ich hatte mich aber bereits darauf eingestellt, nun weniger Spielzeit zu bekommen und öfter auf der Bank zu sitzen. Meine Saisonvorbereitung ist gut gelaufen, hätte allerdings noch um einiges besser laufen können. Deshalb bin ich nun umso glücklicher, das Vertrauen des Trainers zu bekommen. 

Als Ihr Wechsel zu den Rimpar Wölfen bekannt wurde, haben Sie gesagt, es sei Ihr Ziel, „sich als kleiner Luxemburger im Profibereich zu beweisen“. Dieses Vorhaben scheint momentan nach Plan zu laufen.

Dass das jetzt schon gelungen ist, würde ich allerdings nicht sagen. Dafür ist es noch zu früh. Es reicht nicht, in zwei oder drei Partien gut zu spielen. Es ist eine Konstanz über die gesamte Saison nötig. Dass ich meine Ziele erreicht habe, kann ich erst sagen, wenn ich über einen längeren Zeitraum immer wieder gespielt habe, meine Tore gemacht habe und eine gute Quote aufweisen kann. Mein Ziel bleibt es aber, mich als kleiner Luxemburger im Profibereich zu beweisen.

Wie sieht eigentlich Ihr Alltag als Profi-Handballspieler aus?

Mein Alltag ist sehr strukturiert. Ich werde momentan zweimal die Woche morgens auf das Coronavirus getestet, danach folgt entweder ein Fitness- oder ein Wurftraining. Meine Mittagspause nutze ich, um zu Hause zu entspannen. Danach gehe ich zur Physio und um 17.30 Uhr habe ich wieder Training. Wenn ich mal Freizeit habe, dann nutze ich diese, um mich zu regenerieren und mich zu erholen. Die Regeneration ist jetzt besonders wichtig, da es viele Spiele in einem kurzen Zeitraum geben wird. 

Studenten, die gerade in ihrem ersten Studienjahr sind, können ihr Studentenleben aufgrund der Pandemie nicht richtig genießen und haben somit vermehrt das Gefühl, etwas zu verpassen. Erleben Sie ein ähnliches Gefühl in Ihrer ersten Saison als Handballprofi?

Definitiv. Als ich meinen Vertrag unterschrieben habe, habe ich mich darauf gefreut, in großen Arenen vor 3.000 Menschen zu spielen. Das ist nun leider nicht möglich. Wir haben bisher nie vor mehr als 500 Zuschauern gespielt, bei unserem nächsten Spiel gibt es überhaupt kein Publikum. Es ist schade, dass ich die Atmosphäre in den Hallen deshalb nicht wirklich spüren kann. Denn in einigen deutschen Städten sind die Menschen Handball-verrückt. Das Anfeuern der Zuschauer gibt einem einen Extraschub. Das sind Momente, die man normalerweise genießen kann und die man nie mehr vergisst. Trotzdem bin ich glücklich, meinen Sport, der ja nun mein Beruf ist, auch jetzt weiter ausüben zu können.

Müssen Sie Ihr Privatleben durch das Virus einschränken oder gibt es Vorgaben vom Verein, an die Sie sich halten müssen?

Wir werden zweimal pro Woche getestet. Zudem hat die HBL (Handball-Bundesliga) ein Hygienekonzept ausgearbeitet, an das sich jede Mannschaft halten muss. Wir spielen beispielsweise gegen keinen Gegner, der nicht getestet worden ist. Es läuft alles wirklich professionell ab. Die Menschen, mit denen ich persönlich immer unterwegs bin, sind sowieso alle aus meiner Mannschaft. Bei ihnen mache ich mir keine Sorgen, da ich weiß, dass sie getestet worden sind. Natürlich bekommen wir aber vom Verein gesagt, dass wir überall vorsichtig sein sollen. Der Klub selbst will natürlich immer vor Zuschauern spielen. Denn bei einem Spiel ohne Publikum fällt eine wichtige Einnahmequelle weg. Die wenigsten Vereine können lange ohne Zuschauer überleben. Einschränkungen gibt es sonst keine, Besuche in Luxemburg fallen aber momentan aus.

Ein Besuch in Luxemburg hätte eigentlich im November auf dem Programm gestanden. Mit der Nationalmannschaft hätten Sie zwei Testspiele gegen die USA absolviert. Wie wichtig wären Ihnen beide Partien gewesen und wie enttäuscht sind Sie, dass diese nun ausfallen?

Ich habe mich auf die Nationalmannschaft gefreut. Ich hätte eine Woche davon profitiert, wieder in Luxemburg zu sein, und die Zeit auch genutzt, um Familie und Freunde wiederzusehen. Es ist schade, dass das nun nicht möglich ist. 

Steckbrief

Name: Tommy Wirtz
Geboren am: 18. Mai 1992
Bisherige Vereine: HB Düdelingen, HG Saarlouis, DJK Rimpar Wölfe
Position: Linksaußen
Leistungsdaten in der 2. Bundesliga 2020/21: 4 Spiele/17 Tore/Wurfquote von 80,95% (www.liquimoly-hbl.de)